Bernd und Maria Ott haben schon während der Pandemie Mut zum Risiko bewiesen, als sie im Mai 2021 in der Bahnhofstraße in Meßkirch einen Foodtruck-Imbiss eröffneten. Diesen Samstag starten sie erneut durch – entgegen den Trend, dass ländliche Gasthäuser schließen, eröffnen die Otts neu. In Schnerkingen übernehmen sie das „s‘Rathaus am Brunnen“.
Den Schritt in die Selbstständigkeit bereut Bernd Ott nicht. „Das war genau richtig“, sagt der 39-Jährige, der leidenschaftlich gerne kocht. Die Familie – das Paar hat drei Kinder – lebt in Rengetsweiler. „Ich war davor im Stadtbistro B311 als Koch angestellt, das hat bis Corona auch gut funktioniert.“ Dann kamen die Lockdown-Maßnahmen und der Bistro-Betreiber musste aufgeben. Ott war seinen Job los. Ein halbes Jahr arbeitete der gelernte Automechaniker als Lagerist. „Doch das war nicht meine Welt.“ Somit fiel die Entscheidung für den mobilen Imbissstand. Der erste Foodtruck war noch gemietet. Nach einem guten Jahr beschlossen die beiden, einen eigenen Wagen zu kaufen.
„Wir haben eine Nische besetzt mit unserem Foodtruck. Die Lokale mussten schließen, aber Essen zum Mitnehmen war erlaubt.“ Ott berichtet, dass die Stadt Meßkirch dem Projekt immer wohlwollend gegenübergestanden sei. Auch das Aufstellen von Sitzgelegenheiten neben dem Imbisswagen sei kein Problem gewesen.
OB‘s Kitchen boomte
Das Geschäft boomte auch nach „to go“. Mittlerweile beschäftigt Ott drei, vier Mitarbeiter auf geringfügiger Basis. Nicht nur am festen Standort gegenüber vom Rewe, auch beim Picknick unplugged im Sassenage-Garten, bei der Schlossweihnacht in Meßkirch oder vor Kurzem auf dem Sigmaringer Flohmarkt konnte man „OB‘s Kitchen“ antreffen. Die Geschäftsidee, Gäste bei privaten Festen wie etwa Hochzeiten zu verköstigen, kam ebenfalls gut an. „Von April bis Oktober waren wir ausgebucht.“
Dass Hungrige in diesem Jahr am Samstag, 30. September, letztmalig an der Bahnhofstraße, nahe des Polizeipostens, eine Currywurst mit Pommes oder das Tagesessen holen können, bedeutet nicht, dass Ott den Foodtruck zugunsten des neuen Lokals aufgibt. „Das Imbissgeschäft ist wetterabhängig, jetzt konzentrieren wir uns auf Weihnachtsmärkte und andere Veranstaltungen.“
Und natürlich auf die neue Aufgabe, die ab 30. September auf Maria und Bernd Ott wartet. „Es gab mehrere Pächter vor uns“, berichtet Ott. „Dem Verpächter ist es wichtig, mit uns jemanden Beständigen zu finden. Wir schätzen die faire Pacht.“
In neue Küche wurde investiert
Am Namen „s‘Rathaus am Brunnen“ wird sich nichts ändern, es kommt nur der Zusatz „by OB‘s kitchen“ hinzu. Das Restaurant hat Dienstag bis Sonntag geöffnet. Drinnen gibt es 39 Sitzplätze, im Sommer kommt der Biergarten am Brunnen hinzu. Der Gastraum wurde modernisiert, die Stühle und die Eckbank sind neu bezogen. Auch die Küche ist komplett neu. „Wir haben im fünfstelligen Bereich investiert“, so der 39-Jährige.
Weiter günstige Tagesessen geplant
Bammel, dass die Gäste ausbleiben könnten, hat Ott nicht. „Wir rechnen mit einer großen Nachfrage.“ Bei den Speisen setzt er auf deutsche Küche. Auf der Karte steht beispielsweise auch Zwiebelrostbraten. Die Fleisch- und Wurstwaren bezieht Ott von einer Metzgerei aus Bichtlingen, die Backwaren direkt aus Schnerkingen.
Am Foodtruck waren die Tagesessen sehr begehrt. Somit wird es auch im Lokal mittags immer mal wieder beliebte Klassiker wie Linsen mit Spätzle, Geschnetzeltes oder Kässpätzle geben. Das Tagesessen zu einem Preis von unter zehn Euro will Ott auf jeden Fall weiterhin anbieten.
Steuererhöhung macht zu schaffen
Die Preise zu halten, werde allerdings immer schwieriger. Einen dauerhaften ermäßigten Umsatzsteuersatz von sieben Prozent auf den Verzehr von Speisen hat der Bundestag gerade abgelehnt. Dass die Mehrwertsteuer in der Gastronomie vom 1. Januar 2024 an 19 Prozent betragen wird, stößt Ott bitter auf. „Zu erwartende Mindereinnahmen müssen wir bei der Preisgestaltung berücksichtigen. Die Branche leidet seit Corona. Es fehlt an Personal, die Ware ist 30 bis 40 Prozent teurer geworden, die Energiekosten sind gestiegen – und jetzt die Mehrwertsteuererhöhung. Ich befürchte, das wird viele Gastronomen ruinieren.“ Zusätzliches Personal möchte Ott in Schnerkingen vorerst nicht einstellen. Er wird die Küche, sie den Service übernehmen. Sollte in der Küche Not am Mann sein, habe er mit seinem Schwager einen Koch an der Hand.
s‘Rathaus ist eine Vereinsgaststätte
Das ehemalige Rathaus in Schnerkingen ist die Vereinsgaststätte des Narren-, Kultur- und Sportvereins Schnerkingen. 1998 hat der NKSV das 1909 erbaute Gebäude gekauft, umgebaut und saniert. Bis 2013 betrieb der Verein die Gastwirtschaft selber. Danach folgten mehrere Pächter. Einer der letzten war Alessandro Ciamidaro aus Meßkirch, der im April 2017 eine Pizzeria eröffnete. Den Pizzaofen gibt es im neuen Lokal nicht mehr, der Schwerpunkt liegt auf deutscher Küche.