Die Kleintierschau in der Stadthalle öffnete ihre Türen für das Publikum am Wochenende, der Freitag gehört allein der Jury. Zwei weißbekittelte Herren nehmen rund 131 Hühner, Enten und Tauben in Augenschein, sechs weitere Preisrichter sind für 294 Kaninchen zuständig. Der SÜDKURIER schaute ihnen dabei über die Schulter und erfuhr in Gesprächen so allerlei über die Kaninchenhaltung.
Burgunderkaninchen aus Kastelruth
Schon gewusst, dass Kaninchen nicht pupsen können? Darum muss genau auf ihre Ernährung geachtet werden, denn Blähungen können tödlich enden. Die Futtervorlieben sind dabei offenbar sehr individuell. „Meine lieben Äpfel“, sagt Erich Fill aus Kastelruth zur Verwunderung der Umstehenden. Der Züchter aus Südtirol stellt vier Burgunderkaninchen aus. Worüber sich die SÜDKURIER-Reporterin aber viel mehr wundert, Kaninchen fressen ihren eigenen Kot – und sind deshalb noch kein Fall für den Psychotherapeuten. Der Grund hierfür ist eine verbesserte Nahrungsverwertung.
Juroren pusten ins Fell
Ein rundes Hinterteil ist bei Kaninchen absolut von Vorteil. Zumindest, wenn es an einer Kleintierschau teilnimmt und ein Zuchtkaninchen ist. Hier sind Ausdrücke wie gedrungen oder walzenförmig nicht böse gemeint und auch ein breiter Kopf ist Grund zur Freude. „Sehr schön abgerundet“, sagt Preisrichter Andreas Todtner und lobt die Form des gelben Klein-Rex. Ein knochiges Becken hätte weniger Punkte eingebracht – und schlimm wäre das Urteil „nb“ gewesen, die Abkürzung steht für nicht bewertet. Auch das Fell kann sich sehen lassen. „Es ist kurz, weich und dicht.“ Und warum pustet er dem Kaninchen auf den Rücken? So könne er die Färbung des Unterhaars besser sehen, erklärt der Rentner aus der Nähe von Esslingen.
Krallen und Zähne auf dem Prüfstand
Andreas Koretic, Preisrichter aus Dornbirn, setzt ein Klein-Rex-Kaninchen auf die Waage. Im Hauptberuf ist er Verwaltungsangestellter bei der österreichischen Gesundheitskasse. Klein-Rexe haben ein Idealgewicht von zwei bis zweieinhalb Kilogramm. Dieses Exemplar wiegt 2,05 Kilo. „Das Fell ist gut, es fällt schön in die Ursprungslage zurück“, so der Fachmann. Und die aufrechte Haltung gibt keinen Grund zur Klage. „Wir beurteilen neutral und sachlich, darum werden uns die Tiere auch nicht von den Züchtern selber, sondern von Trägern an den Tisch gebracht.“ Dann prüft er, ob die Krallen gepflegt sind und die Zahnstellung passt. Die oberen Schneidezähne müssen über den unteren liegen und dürfen nicht zu lang sein.

Blaue Holicer

Anna Maria Gaißl und ihr Mann aus dem bayrischen Vilshofen nehmen zum ersten Mal an der Schau in Meßkirch teil. „Wir haben den Vorsitzenden der Meßkircher Kleintierzüchter bei einer Landesschau in Offenburg kennengelernt und sind ins Gespräch gekommen. Es gefällt uns hier sehr gut“, lobt sie. Sie hat acht Blaue Holicer mitgebracht. Klingt ja fast wie Blaue Mauritius.
Züchter weisen Kritik zurück
So heilig einem Philatelisten die berühmte Briefmarke, so wertvoll sind dem Ehepaar seine Kaninchen. Darum weisen sie die Kritik von Peta auch entrüstet zurück. Die Tierrechtsorganisation hatte in einer Pressemitteilung gegen die Kleintierschau protestiert, weil sie es zum Beispiel ablehnt, dass die Tiere zu Ausstellungsobjekten degradiert würden und bei der Schau unter massivem Stress stünden. Die Begutachtung durch einen Preisrichter werfe ihre Tiere keineswegs aus der Bahn, sagt Gaißl.
„Unsere Kaninchen sind es von klein auf gewohnt, dass man sie aus dem Nest nimmt. Ich drehe sie zur Fellpflege auch so, dass ich ihren Bauch bürsten kann, dann gewöhnen sie sich an die Drehbewegung. Sie haben einen sauberen Stall mit doppelt so viel Platz wie gefordert. Sie bekommen täglich frisches Wasser, Heu und gutes Futter. Hauptsache, meinen Kaninchen geht es gut. Die Schlachttiere ziehe ich übrigens genauso liebevoll auf.“

Beitrag zur Arterhaltung
Sarah Schlegel, Jugendleiterin des Kleintierzuchtvereins Meßkirch, sagt zum gleichen Thema: „Wir beschäftigen uns täglich mit den Tieren und übernehmen Verantwortung. Für mich ist das Züchten von Kaninchen eine Berufung und ein Beitrag zur Arterhaltung.“
Vorzügliches Kaninchen aus Sauldorf
Zurück zur Jury: Die Höchstpunktzahl von 100 Punkten werde nur ganz, ganz selten mal erreicht, erklärt Reinhard Seeber, auch er ein Preisrichter aus Vorarlberg. „Ab 97,5 Punkten muss ich einen zweiten Preisrichter hinzuziehen.“ So geschehen bei einem Rammler aus der Zucht von Bernd Schmid aus Sauldorf. Der Blaue Wiener hat mit „vorzüglich“ abgeschnitten. „Schöne offene Ohren, keine weißen Haare, der Kopf schön breit, keine überstehenden Grannen und keine spürbaren Beckenknochen“, berichtet sein Besitzer.