Vor genau 30 Jahren kam der Schock für die Narren unerwartet und kurzfristig: Mitte Januar riet die Vereinigung der schwäbisch-alemannischen Narrenzünfte ihren Zünften, alle großen Veranstaltungen wie Bälle und Narrentreffen sowie Brauchtumsdarbietungen wegen des Golfkriegs abzusagen. Während mit Deutschland verbündete Soldaten ihr Leben im Krieg einsetzten, käme keine Feierstimmung auf. Deshalb verkündete die Meßkircher Katzenzunft auf ihrer Jahresversammlung am 19. Januar 1991, dass sie die Fasnacht in dieser Saison ausfallen lässt. Am Schmotzigen Dunschdig hingegen waren die Vollblut-Narren kaum zu bremsen, da machte sich in den Meßkircher Lokalitäten närrischer Übermut Luft.

Auf der Jahresversammlung wird die Absage bekannt

Am Dreikönigstag 1991 freuten sich die Narren noch auf die kommenden närrischen Tage, die jedoch ausfallen sollten. Von links: Herbert ...
Am Dreikönigstag 1991 freuten sich die Narren noch auf die kommenden närrischen Tage, die jedoch ausfallen sollten. Von links: Herbert Schühle, Roland Schank, D. Krüger, L. Herbst und Manfred Schwanz. | Bild: Katzenzunft

Am Dreikönigstag 1991 schien die närrische Welt noch einigermaßen in Ordnung zu sein. Wie gewöhnlich trafen sich die Katzenräte zum traditionellen Dreikönigstrunk, freuten sich darüber, dass alle gut über den „Sommerschlaf“ gekommen waren, wie es Zunftmeister Karlheinz Kirchmaier formulierte, und dass sie nun gerüstet seien für die kommenden närrischen Taten. Doch knappe zwei Wochen später verkündete die Katzenzunft auf ihrer Jahresversammlung die Absage der Fasnacht angesichts des Kriegsausbruchs im Nahen Osten. Der Zunftmeister gab bekannt, dass sämtliche Narrentreffen der Vereinigung Schwäbisch-Alemannischer Narrenzünfte abgesagt worden seien.

Zunftmeister Karlheinz Kirchmaier wurde für seine zehnjährige Tätigkeit als Zunftmeister durch seinen Stellvertreter Franz Frick mit dem ...
Zunftmeister Karlheinz Kirchmaier wurde für seine zehnjährige Tätigkeit als Zunftmeister durch seinen Stellvertreter Franz Frick mit dem Petter-Letzkopf-Orden geehrt. | Bild: Katzenzunft

Der Jahresversammlung ging aufgrund der Absage der Fasnacht weder die Befreiung des Petter Letzkopfs voraus noch wurde am „Saumarkt“ an diesem Samstagabend die Katze aus dem Sack gelassen. Die Versammlung hatte eher „einen formalen als närrischen Charakter“, wie im SÜDKURIER-Artikel vom 21. Januar 1991 zu lesen ist. Der Katzenrat habe an die Situation angepasst im „sogenannten kleinen Dienstanzug“ am Ratstisch im Martinssaal gesessen. Der Höhepunkt an diesem Abend waren die Ehrungen etlicher Mitglieder für ihr außergewöhnliches Engagement. So erhielt beispielsweise der damals amtierende Zunftmeister Karlheinz Kirchmaier den Petter-Letzkopf-Orden, die höchste Auszeichnung der Katzenzunft.

Die neue Narrenmutter musste ein Jahr warten

„Mir tat als Erstes die neue Narrenmutter leid, die nun noch ein Jahr warten musste“, erinnert sich die damalige Narrenmutter Christel Kasseckert, die wegen der ausgefallenen Narrenmutter-Suche ein weiteres Jahr im Amt bleiben durfte. Für den Narrenvater Gerhard Fritschi war es 1991 ebenfalls erst die zweite Saison, denn im Jahr 1990 wurde er zusammen mit Christel Kasseckert neu gewählt. „Mir hat es nichts ausgemacht, noch eine weitere Saison Narrenmutter zu sein“, erzählt sie. Ärgerlich sei es nur gewesen, dass sie den Auftritt mit den Altnarrenmüttern für den Zunftball bereits entworfen und geprobt hatte. Dann musste erst einmal alles wieder auf Eis gelegt werden.

Die Aufführung der Altnarrenmütter „Anno dazumal“ für den Zunftball verschob sich ebenfalls um ein Jahr. Bilder: Katzenzunft
Die Aufführung der Altnarrenmütter „Anno dazumal“ für den Zunftball verschob sich ebenfalls um ein Jahr. Bilder: Katzenzunft | Bild: Katzenzunft

Monika Hauff sollte in jenem Jahr eigentlich als neue Narrenmutter vereidigt werden. Sie wollte es kaum glauben, als Katzenrat Peter Schröder die Neuigkeit vom Ausfall der Fasnacht nach Schnerkingen brachte – und musste doch so tun, als würde sie das gar nicht berühren. Das bedeutete für die „Narrenmutter in Warteposition“ ein weiteres Jahr strenge Geheimhaltung. Doch was sollte mit dem Kleid passieren, das bereits fertig bei der Schneiderin hing. „Ich ließ das Kleid einfach bei ihr hängen“, blickt sie auf das besondere Jahr zurück. Aufgeregt sei sie nicht gewesen, doch die Sorge war da, ob es denn im nächsten Jahr noch gut passen würde.

Traube voll von 11 Uhr bis in die Nacht

Der Schmotzige Dunschdig brach an ohne Schülerbefreien, da normaler Unterricht angesagt war. Kein Aufstellen des Narrenbaums, keine Musik, keine Stimmung auf den Straßen. Nur in den Meßkircher Kneipen blühte närrisches Leben auf. „Diejenigen, die ansonsten immer zur Fasnachtszeit anreisen, waren auch 1991 in Meßkirch“, erinnert sich Roland Kleiner. Auch hätten die meisten Narren trotz der Absage ihren geplanten Urlaub genommen. „In der Traube war richtig was los“, weiß Kleiner. Dort sei es von morgens um 11 Uhr bis in die Nacht rappelvoll gewesen. Die Zimmergilde habe sogar in der Wirtsstube einen kleinen Narrenbaum aufgestellt.

Knallerbsen flogen im Hotel Löwen

Im Hotel Löwen ging es an diesem Nachmittag ebenfalls heiß her. Zuerst zeigte Amateurfilmer Franz Demmelhuber einen Film über die Meßkircher Fasnacht der vergangenen Jahre sowie über das Narrentreffen von 1990. Danach sollen die Katzenräte übermütig geworden sein. Hermann Müller sei noch schnell in seinen Laden gelaufen, wie er erzählt, und habe die Fasnachtsartikel geholt. Danach flogen durch dichten Zigarrenrauch und Qualm die Knallerbsen durch die Wirtsstube – aus Übermut und vielleicht auch aus leichtem Frust über die verhinderte Fasnacht. Zumindest musste sich die Zunft nach dem Schmotzigen Dunschdig zu einem Arbeitseinsatz einfinden, um die schwarzen Spuren der Knallerbsen an der Wirtsstubenwand wieder zu überstreichen.

Dann doch noch: zum Morgenstreich nach Basel

Um doch noch ein kleines bisschen Fasnacht erleben zu können, reisten die Katzenräte am Montag nach dem Aschermittwoch zum Morgenstreich nach Basel, wie Hermann Müller erzählte. „Das war eine tolle Veranstaltung“, blickt er in das Ausnahmejahr 1991 zurück.