„Ich sitze gerne hier und fühle den Frieden.“ Bauleiter Yildiray Sahin hat sich auf den provisorisch mit Teppichen ausgelegten Boden des Gebetsraums niedergelassen. Der große Raum, der sich über zwei Stockwerke des neuen sakralen Gebäudes in Meßkirch erstreckt, ist fast fertig – nur der Teppichboden, Steckdosen und Strom fehlen noch.

Überall Symbole des Friedens zu finden
„Der Ort löst etwas aus. Diesen Effekt erfährt man am besten hier“, sagt Sahin, weshalb noch kein Foto veröffentlicht werden soll. Doch so viel sei verraten: Die Atmosphäre kommt nicht von ungefähr. Überall finden sich Symbole des Friedens, der Hoffnung, des Himmlischen und Göttlichen: Blautöne, Sternmuster, runde und achteckige Formen sowie kunstvoll ineinander verschlungene arabische Schriftzeichen – Auszüge von Suren des Korans.

Als „Vorzeigeobjekt“ bezeichnete laut Sahin der Attaché für Religionsangelegenheiten des türkischen Generalkonsulats in Stuttgart die neue Moschee. Sie trägt den Namen „15. Juli-Märtyrer-Moschee“, was sich auf den Putschversuch in der Türkei 2016 bezieht. In den Eingangsbereichen der Männer und Frauen begrüßt ein großes Wandgemälde mit arabischen Zeichen die Besucher: „Im Namen Allahs, des Allerbarmers, des Barmherzigen.“ Das Erdgeschoss beherbergt einen Sozialraum mit Küche, in dem künftig unter anderem ein gemeinsames Fastenbrechen nach dem Ramadan stattfinden soll, bei dem auch nicht-muslimische Meßkircher willkommen sind.
Blockheizkraftwerk für Wärme und Strom
Im Technikraum mit Blockheizkraftwerk wird neben Wärme Strom produziert, was die Unterhaltungskosten gering hält. Dahinter befindet sich der Leichenwaschraum; die Totenwaschung ist ein wichtiges Ritual im Islam. Das erste Stockwerk ist mit Waschraum für die rituelle Gebetswaschung, einem Unterrichtsraum sowie dem unteren Teil des Gebetsraums den Männern vorbehalten. Über den Köpfen der Männer, im zweiten Stock, haben die Frauen dieselben Räume, zusätzlich wird ein Spielzimmer eingerichtet. Eine Empore erstreckt sich in den Gebetsraum. Im rechten Seitenflügel des Gebäudes ist die Vorbeter-Wohnung untergebracht, die Akif Semizoglu mit seiner Familie bereits bewohnt.
Spenden sammeln im Lockdown nicht möglich
Der auf Oktober geplanten Eröffnung machte Corona einen Strich durch die Rechnung. Nicht nur die Arbeiten gerieten ins Stocken, sondern auch die Finanzierung. Denn die Moschee wird über Spenden finanziert und überwiegend in Eigenregie gebaut. „Wir fuhren jeden Freitag zu Moscheen in ganz Deutschland, stellten nach dem Freitagsgebet unser Projekt vor und sammelten Spenden“, erklärt Sahin. In der Akutphase sei dies gar nicht mehr möglich gewesen. Doch es gehe voran, wenn auch in kleineren Schritten, betont Abdullah Ari, Sprecher des türkisch-islamischen Kulturvereins, der den Bau für die rund 120 Familien umfassende Meßkircher Moscheegemeinde organisiert.

„Es bleibt bei einem Minarett“
70 Prozent der Arbeiten seien fertiggestellt. Größere noch ausstehende Posten sind die Außenanlage, der Aufzug, die Verkleidung der Treppen und die Verlegung des Teppichs im Gebetsraum. Das Fundament für das Minarett auf der linken Seite wurde bereits gebaut, der Turm selbst sowie die kleinen Kuppeln für die Balkone an der Außenseite werden bald angeliefert. „Es bleibt bei einem Minarett, das ist ganz sicher“, sagt Sahin nachdrücklich. Das Eisenfundament auf der rechten Seite sei fälschlicherweise angebracht worden und werde zurückgebaut.
Moschee wird allen offen stehen – außer Radikalen
Der Bauleiter erklärt: „Unsere Moschee wird allen Meßkirchern offen stehen und soll auch Anlaufpunkt für interessierte Touristen sein, egal, welcher Religion sie angehören. Alle sind willkommen, nur keine Terroristen, seien es Salafisten oder Rechtsradikale.“ Die Moschee sei ein Ort des Friedens, in dem es neben Gebeten, Festen und sozialen Angeboten auch Koran- und Islamunterricht für Kinder und Jugendliche geben werde, unter anderem mit dem Ziel, aufzuklären, „um von vornherein keinen Nährboden für Radikalisierung entstehen zu lassen“, versichert Yildiray Sahin.