Meßkirch Am Sonntag, 22. April 1945, besetzen Truppen der fünften französischen Panzerdivision die Stadt Meßkirch. Das Kriegsende hat sich Monate vorher schon abgezeichnet: Schulen werden geschlossen, Kinder zum Arbeitseinsatz in ortsansässige Rüstungsbetriebe gesteckt; die Conradin-Kreutzer-Schule ist Ausweichquartier für das ausgebombte Karlsruher Postscheckamt, im alten Schulhaus am Kirchberg sind Landesschützen-Einheiten, die aus Sigmaringen weichen mussten, nachdem die Vichy-Regierung auf ihrer Flucht dort angekommen ist; nachts werden KZ-Häftlinge auf Todesmärschen an der Stadt vorbeigetrieben; pausenlos fluten deutsche Heereseinheiten auf ihrem Rückzug durch die Stadt.

Der damalige Bürgermeister Karl Fischer widersetzt sich den Wünschen des Ortsgruppenleiters und des Stockacher SS-Kampfkommandanten, Volkssturm und Hitlerjungen zur Verteidigung aufzubieten, weil er große Zerstörungen befürchtet. Dann verschwinden die beiden Funktionäre plötzlich, bringen sich in Sicherheit, und Fischer bläst alle Aktivitäten ab.

Weiße Fahne am Kirchturm

Am Sonntagmorgen wird es gespenstisch still in der Stadt. Plötzlich heulen die Sirenen, die Kirchenglocken läuten, am Kirchturm weht eine weiße Fahne, und dann rollen die ersten französischen Panzer von Krumbach her über den Adlerplatz. Bürgermeister Karl Fischer geht den Soldaten entgegen, erklärt, es seien keine deutschen Truppen mehr hier, und übergibt die Stadt kampflos. Es ist kein Schuss gefallen. Damit scheint für die Einwohner zunächst einmal die unmittelbare Gefahr für Leib und Leben vorbei. Dafür gibt es neue Unsicherheiten und Gefahren: Ausgangssperre, Requirierung von Radios, Kameras, Vieh und Getreide, Beschlagnahme von Wohnraum, Plünderung, Vergewaltigung, Denunziation, willkürliche Verhaftung.

Als am 29. April ein französischer Zivilarbeiter im Bichtlinger Wald ermordet aufgefunden wird, lässt der Platzkommandant elf Meßkircher Bürger verhaften und droht mit ihrer Erschießung, begnadigt sie aber am nächsten Tag; er behält sie jedoch als Geiseln in Gewahrsam und will sie bei der geringsten Zuwiderhandlung töten lassen. Später wird bekannt, dass eine Frau sich gegen eine drohende Vergewaltigung gewehrt und den Angreifer getötet hatte.