Viele Berufskollegen hören zu
Aktuell hat die in Brandenburg gegründete Initiative "Freie Bauern" etwa 750 Mitglieder, wobei deren Zahl nach einer Informationsveranstaltung im voll besetzten Feuerwehrraum in Großstadelhofen sich erhöht haben durfte. Die beiden Gründer, Reinhard Jung und Alfons Wolff, sprachen den 80 Besuchern, vornehmlich Landwirte, sichtlich aus dem Herzen. Völlig unverständlich ist den beiden Vollblutlandwirten, dass ihr Berufsstand bei vielen Menschen ein schlechtes Image hat.
Schlechtes Image belastet
Ob Grundwassergefährdung, Insektensterben oder Klimawandel – oft würden Bauern als Verursacher festgemacht. Dabei sei Landwirtschaft die nachhaltigste Produktionsform überhaupt, denn man nutze im Prinzip nur Arbeitskraft, Sonnenenergie und Bodenfruchtbarkeit. "Landwirte bewirtschaften Land, Hofbesitzer besitzen einen Hof – erst beides zusammen, ergibt den Bauern", machte Alfons Wolff deutlich, dass Bauer kein Beruf, sondern ein Berufsstand ist. Der Rheinländer ist überzeugter Landwirt und wagte vor mehr als einem Vierteljahrhundert in Sachsen-Anhalt den Neuanfang, und treibt dort mit Sohn, Ehefrau und einem Mitarbeiter 800 Hektar um. Sein Kollege Jung hat in Brandenburg einen Mutterkuhbetrieb mit 30 Hektar. Trotz der Größenunterschiede bei ihren Höfen wurde in Großstadelhofen deutlich, dass beide Landwirte dieselben Überzeugungen teilen. Dazu gehört, dass die Aufklärung von Verbrauchern verstärkt werden muss, um die Akzeptanz für heimische Produkte zu erhöhen.
Eigentum ist entscheidend
Gleichzeitig muss die Information über den Bauernstand und die Landbewirtschaftung intensiviert werden, um die Akzeptanz für den Berufsstand steigern. So war "Medien" neben "Bauern" das meist gehörte Wort bei der Infoveranstaltung. Auf die SÜDKURIER-Frage, wie sie einen bäuerlichen Familienbetrieb, der im Fokus der Agrarpolitik stehen soll, überhaupt definieren, erklärte Reinhard Jung, dass das Eigentum der entscheidende Faktor sei. So haben er und Wolff auch kein Problem, wenn beispielsweise ein riesiger Agrarbetrieb in zwei Gesellschaften aufgeteilt wird, vorausgesetzt, der Eigentümer befindet sich vor Ort. Verhindert werden soll der Ausverkauf des Landes an Kapitalgesellschaften, wie es in Ost- und Norddeutschland passiere: "Ackerland ist kein Spekulationsobjekt", brachte er es auf den Punkt, aber diese Entwicklung werde auch in Süddeutschland kommen, prognostizierte er den Besuchern in Großstadelhofen, wobei er die Betriebs- und Dorfstruktur in Baden-Württemberg gegenüber vielen Regionen im Osten als sehr lebendig bezeichnete.
Absage an den Technikwahn
Eine klare Absage erteilte das Duo dem Technik- und Kontrollwahn, der auch an den landwirtschaftlichen Ausbildungsstätten gelehrt werde. Die Debatte um das bayerische Referendum "Rettet die Biene" bezeichnete Reinhard Jung als "Quatsch", die neue Düngeverordnung verfehle ihr Ziel und die EU-Direktzahlungen würde er kappen und Zuschüsse nur noch ortsansässigen Landwirten gewähren.
"Keine Leibeigenen von Saatgutherstellern"
Die Forderung nach gentechnikfreiem Anbau ist für die "Freien Bauern" mit der Angst verknüpft, dass Bauern zu Leibeigenen der Saatguthersteller werden, weil sie kein eigenes Saatgut mehr verwenden dürfen. Mit Hinweis auf die unterschiedlichen Weltmarktstrukturen wird auch der Freihandel abgelehnt. Immer wieder beteuerten Wolff und Jung, dass sie nichts gegen den Bauernverband hätten, allerdings würde dieser nicht die Interessen der Familienbetriebe vertreten. Das sei nach dem Zweiten Weltkrieg noch anders gewesen, lobten sie die Interessenpolitik des einstigen Bauernchefs Edmund Rehwinkel, denn ab den 60er Jahren habe der Druck auf die Landwirtschaft begonnen.
"Wollen aufrechte, ehrliche Politik"
Sobald die 1000-er Marke bei der Mitgliederzahl erreicht ist, wollen die "Freien Bauern" sich bundesweit Gehör verschaffen, und zum aktiven Player in der Agrarpolitik werden. Dabei will man ausschließlich die Bauerninteressen vertreten und sich von Dachverbänden oder sonstigem Agrarlobbyismus fernhalten. "Wir wollen eine aufrechte, ehrliche Politik für unseren Berufsstand machen", lautete das wiederkehrende Bekenntnis von Jung und Wolff.
Initiative
Der Ackerbauer Alfons Wollf und der ökologische Mutterkuhhalter Reinhard Jung aus Brandenburg starteten ihre Initiative "Freie Bauern" im Juni 2018. Seit der Gründung sind die Beiden auf Informationsreise quer durch Deutschland, und werben bei ihren Berufskollegen für ihre Ziele und eine Mitgliedschaft.
Informationen gibt es unter www.freiebauern.de