Karlheinz Fahlbusch

Dass Strom aus der Steckdose kommt, ist heute selbstverständlich. Fotovoltaikanlagen auf den Dächern, Windräder auf den Höhenrücken und Blockheizkraftwerke zur Wärme- und Stromgewinnung: In der Linzgaustadt ist man auf dem laufenden, wenn es um das Thema Energie geht. Dafür sind die Stadtwerke zuständig, deren Verwaltung sich in der Bahnhofstraße an der Ecke zum Mühlweg befindet.

Generatoren aus Stadtsee gespeist

Wer denkt schon noch daran, dass hier einmal das städtische Elektrizitätswerk stand und Strom produziert wurde? Dazu wurde Wasserkraft genutzt. Die Generatoren wurden vom Stadtsee her mit dem „Treibstoff“ Wasser versorgt. Schon im Mittelalter stand hier eine Mühle. Der Stadtsee wurde aus einem Zulauf von der Fuchshalde her gespeist. Der Generatorenraum des E-Werks lag tiefer als das Straßenniveau, damit es vom Stadtsee her ein Gefälle gab. Produziert wurde Gleichstrom, mit einer für damalige Zeiten hochmodernen Technik. Nach dem Zweiten Weltkrieg stellte man dann auf Wechselstrom um und bezog den Strom vom Badenwerk. Im E-Werk sorgte man dafür, dass der Strom in die Häuser kam.

Aufschwung: Wohngebiete, Freibad, Krankenhaus, Kaserne und Industrie

In den 60er Jahren nahm die Stadt einen enormen Aufschwung und so wurde auch der Energiebedarf größer. Das Krankenhaus mit 140 Betten, das neue Freibad, eine Turn- und Schwimmhalle, all das wollte mit Strom versorgt sein. Dazu kamen in dieser Zeit die neuen Stadtviertel am Bergwald, am Buchenwasen sowie das Pfarr- und das Sechslindenöschle. Auch die Äcker bei Maria Schray und die Ochsensteige wurden bebaut. Die neue Kaserne war nun bezogen und Industriebetriebe wie Alno und Geberit hatten sich angesiedelt. Sie alle brauchten Strom in gewaltigen Mengen.

Stromverbrauch stiegt in vier Jahren um fast 200 Prozent

In einem modernen Verwaltungsgebäude präsentieren sich heute die Stadtwerke an der Stelle, wo früher das E-Werk gestanden hat. Die ...
In einem modernen Verwaltungsgebäude präsentieren sich heute die Stadtwerke an der Stelle, wo früher das E-Werk gestanden hat. Die Technik ist dahinter untergebracht. | Bild: Fahlbusch, Karlheinz

Wurden 1960 noch 800 Kilowattstunden innerhalb einer bestimmten Messzeit registriert, so waren es 1964 bereits 2300 Kilowattstunden. Der Jahresverbrauch lag 1960 bei rund drei Millionen Kilowattstunden. Im Jahr 1965 rechnete man bereits mit zehn Millionen. Schnell wurde deutlich, dass dies mit der alten Technik auf Dauer nicht zu machen ist. Also fasste der Gemeinderat den Beschluss, das alte Betriebsgebäude abzureißen. Das war 1965.

Einst Betreibsleiter-Wohnung, dann Stadtsee-Kiosk, dann Volksbank

Verschwunden ist auch das Gebäude, in dem der Betriebsleiter wohnte. Es stand an der Stelle, wo heute die Volksbank Bad Saulgau zu finden ist. In den Jahren dazwischen stand dort der Stadtsee-Kiosk, der vielen Pfullendorfern noch in Erinnerung sein dürfte. Der Betriebsleiter war auch schon damals dafür verantwortlich, dass es in Pfullendorf immer Strom gab. Störungsmeldungen liefen in diesem Gebäude auf und so konnten die Verantwortlichen schnell reagieren. Es soll Einwohner gegeben haben, die das alte E-Werk gern für die Nachwelt als Technikmuseum erhalten hätten. Doch daraus wurde nichts.

Stromversorgung kam 1993 zum Eigenbetrieb Stadtwerk

1993 wurde die Stromversorgung in den städtischen Eigenbetrieb Stadtwerke integriert. Dieser sorgte nicht nur für die Energie, sondern auch für Wasser und die Entsorgung des Abwassers. Davor waren das Elektrizitätswerk und das Wasserwerk jeweils als Abschnitte im städtischen Haushalt geführt worden. Zum 1. Januar 2007 wurde aus dem Eigenbetrieb die Stadtwerke Pfullendorf GmbH und 2011 spaltetet man mit der Regionalnetze Linzgau GmbH die Wasserversorgung und den Stromnetzbetrieb ab. In Pfullendorf wird aber heute noch Strom produziert. Sehr viele Fotovoltaikanlagen auf den Dächern, Blockheizkraftwerke und auch Windräder machen deutlich, dass die Energiewende längst begonnen hat. Eigentlich würde da ein Wasserkraftwerk gut dazu passe. Den Stadtsee gibt es ja immer noch.

Von der Petroleumlampe zur elektrischen Leuchte

In den 60er Jahren des vergangenen Jahrhunderts war in Pfullendorf ein massiver Ausbau des Stromnetzes erforderlich. Denn die Stadt wuchs enorm und der Bedarf an Energie stieg entsprechend. Es wurden daher große finanzielle Anstrengungen unternommen. Doch Strom floss natürlich auch schon früher aus den Leitungen. Es war der 30. Juni 1897, als in der Linzgaustadt die Lampen erstmals elektrisch erglühten. Das neu erstellte Elektrizitätswerk gegenüber des Stadtsees in der heutigen Bahnhofstraße lieferte erstmals Strom. Beleuchtet wurden damit vor allem die Straßen und vor allem die Wirtschaften, wie man heute noch nachlesen kann. Im „Schwanen“, dem heutigen Café Moccafloor, gab es sogar eine richtige Eröffnungsfeier. In Pfullendorfer Anzeiger war damals zu lesen, dass „die Elektrischen“ sämtliche Räume "prächtig geziert" hatten und auch noch ein großes Programm ausführten.

Bereits im Mai 1895 hatte die Stadtverwaltung eine Umfrage gestartet, um festzustellen, wie hoch der Bedarf an Strom sei. Die Bevölkerung sollte „wegen der Anzahl der anzumeldenden Glühlampen Entschließung treffen“. Und es wurde ein Elektrotechniker angekündigt, der zu beratenden Gesprächen in die Häuser kommt. Das waren damals deutlich weniger als heute und vermutlich gab es auch skeptische Pfullendorfer, die dem „neumodischen Zeug“ nicht so recht trauten. Bislang hatten es Petroleumlampen und Kerzen ja auch getan. Offensichtlich entschieden sich aber dennoch viele für den Anschluss an den elektrischen Strom und so wurde ein Stromnetz installiert.

Die Parallele zur Gegenwart ist offensichtlich. Heutzutage geht es aber um Breitbandanschlüsse. Sie werden vor allem auf dem Land auch nur da installiert, wo sich genügend Interessenten finden. Damals gab es den heute üblichen Wechselstrom noch nicht und aus dem Leitungen kam Gleichstrom. Es gab also immer einen Minus- und einen Pluspol. Das musste, im Gegensatz zu den 60er Jahren, bei der Nutzung berücksichtigt werden. Eng verbunden mit der Elektrizität ist auch das Telefon. So etwas gab es bereits im Jahr 1904 in Pfullendorf, mit 16 Teilnehmern.

Mittlerweile gibt es Telefon in jedem Haus und Strom natürlich auch. Dieser kommt von den Stadtwerken. Die Investitionen in das Netz in den 60er Jahren haben sich gelohnt, doch auch heute muss immer wieder Geld in die Hand genommen werden. Denn die Versorgungssicherheit ist wichtig. Wenn mal der Strom ausfällt, dann dauert das in der Regel nur ganz kurze Zeit, bis wieder alles funktioniert. 58 209 Megawattstunden war übrigens die verkaufte Strommenge im Jahr 2015. Im Jahr 1960 waren es drei Millionen Kilowattstunden. (kf)