Wenig überraschend empfiehlt der Sozial- und Verwaltungsausschuss dem Kreistag, ein Zweitgutachten für die Zukunft der SRH-Kliniken Landkreis Sigmaringen GmbH in Auftrag zu geben, das bis Ende Dezember vorliegen soll. Alle Fraktionen votierten bei der Sitzung in der Ablach-Halle für den Verwaltungsvorschlag, wobei deren Sprecher die Gelegenheit zu grundsätzlichen Statements inklusive Medienschelte nutzten.

SRH-Geschäftsführer skizziert Eckpunkte des medizinischen Konzepts

Zuvor hatte SRH-Geschäftsführer Jan-Ove Faust dem Gremium nochmals das von SRH und der Beraterfirma Curacon erarbeitete erste Gutachten erläutert, mitsamt der Schlussfolgerung, die stationäre Versorgung am Krankenhaus Sigmaringen zu bündeln und die Standorte Pfullendorf und Bad Saulgau zu schließen. „Die Entscheidung macht sich niemand leicht, aber wir müssen zukunftsfähig bleiben“, konstatierte CDU-Sprecher Arne Zwick, dass man die letzten Jahrzehnte die Drei-Häusigkeit gepredigt und in alle Verträge reingeschrieben habe. Aber durch der Politik von Bund und Land sei man einer Strömung drin, wobei sich seine Fraktion bei der Meinungsbildung schwertue. Die SRH sei ein großer Arbeitgeber und es gehe nicht an, dass man auf Akteure eindresche.

Grünen-Vertreter Brodmann hat Sorgen um das Krankenhaus Sigmaringen

„Man kann nicht einfach ein Schließungskonzept vorlegen“, reichen Doris Schröter, Fraktionschefin der Freien Wähler, die nackten Zahlen des ersten Gutachtens nicht aus. Man stehe nun unter Zeitdruck erinnerte sie daran, dass der Kreistag das von den Freien Wählern im Sommer geforderte Zweitgutachten abgelehnt hatte. „Ich habe auch Sorge um den Standort Sigmaringen“, gestand Hermann Brodmann (Grüne) und erklärte: „Wir können als Kreisräte nur wenig tun!“

Das könnte Sie auch interessieren

Er verwahrte sich gegen Kritik, in denen Kreisräten vorgeworfen wurde, kein „soziales Gewissen“ zu haben. FDP-Vertreter Florian Lessner monierte, dass im SRH-Gutachten die Chancen der drei Klinikstandorte zu wenig beleuchtet wurden und will das Gespräch mit den niedergelassenen Ärzten.

SPD will keine finanzielle Schieflage der Kliniken GmbH

Er sei oft gefragt worden, wie der Kreis Sigmaringen es schaffe, drei Krankenhausstandorte zu betreiben, erklärte SPD-Sprecher Matthias Seitz. „Wir sollten den Kampf ernst nehmen“, wies er auf die emotionale Debatte in der Bevölkerung hin und forderte mit Blick auf die Entwicklung der Geburtshilfestation in Bad Saulgau von der SRH mehr Aufrichtigkeit. Er erwarte ein klares Konzept zur Sicherstellung der medizinischen Versorgung, mahnte Seitz, dass die Klinik nicht in eine finanzielle Schieflage geraten dürfe.

Vorwürfe von Bürgermeisterin Schröter wegen Schließung der Geburtshilfe in Bad Saulgau

SRH-Geschäftsführer Faust wies auf ein Grunddilemma bei der Klinikfrage hin: „Von den Krankenhäusern wird mehr erwartet, als sie dürfen!“ Der primäre Auftrag sei, die stationäre Versorgung der Bevölkerung sicher zu stellen. Hier hakte Doris Schröter ein und thematisierte die Schließung der Geburtshilfe in ihrer Stadt, wobei sie keine Hoffnung auf eine Wiederöffnung habe. SRH habe versichert, dass man die Station wieder eröffne, wenn ausreichend Hebammen zur Verfügung stünden, und dank der Bemühungen von Stadt und Krankenhausförderverein sei dies jetzt der Fall. Aber SRH verschleppe das Thema bewusst. Jan-Ove Faust erwiderte, dass die gefundenen Hebammen nicht in dem System der Geburtshilfe arbeiten könnten und schlussfolgerte: „Es funktioniert nicht!“

Vertreter von zwei Beratungsfirmen stellen sich vor

Im Anschluss stellten sich Vertreter der Beraterfirmen „Activa“ und „WMC Healthcare“ dem Ausschuss vor, präsentierten ihre Firmenexpertise und erläuterten ansatzweise, wie sie den Gutachterauftrag umsetzen wollen. Die Experten machten deutlich, dass „man keine Wunder erwarten darf“, auch angesichts der Zeitvorgabe. Der beauftragte Gutachter kann später in einem „Datenraum“ im Krankenhaus auf die Rohdaten zurückgreifen, die auch SRH und Curacon als Grundlage für ihre Expertise genutzt haben.

Das könnte Sie auch interessieren

Im Zweitmeinungsgutachten soll auch ein Fragenkatalog mit abgearbeitet werden, den Landkreis, Spitalfonds Pfullendorf und die Stadt Bad Saulgau im Vorfeld erstellt haben. „Ist die Aufgabe der stationären Versorgung so alternativlos?“ oder „Wie soll künftig die Notfall- und Notarztversorgung künftig für die Raumschaft Pfullendorf aussehen?“, fragt der Spitalfonds.

Auch Erstgutachten will Firma „Activa“ bewerten

Die in München ansässige „WMC Healthcare“ ist nach eigenen Angaben auf die Sanierung von Krankenhäusern spezialisiert und würde mit einem achtköpfigen Team sowie externen Experten allem Chancen und Perspektiven aufzeigen – nicht nur Risiken. Die in Köln beheimatete Firma „Activa“ würde mit einem vierköpfigen Team die Daten sichten und auch Interviews mit Chefärzten, Management oder niedergelassenen Ärzten führen. Es soll auch eine Bewertung des Erstgutachtens von Curacon geben.

Letzte Entscheidung treffen Kreistag und Spitalfonds

Bis zum kommenden Dienstag sollen die beiden Büros „WMC Healthcare“ und „Activa“ ihre Angebote vorlegen. In einer Sitzung von Landrätin Bürkle und den Vorsitzenden der Kreistagsfraktionen am Mittwoch wird entschieden, welches Büro den Auftrag erhält. Der Kreistag muss diese Vergabe bei seiner Sitzung am 18. Oktober zustimmen, ebenso der Spitalfonds bei seiner Sitzung am 21. Oktober. Die Kosten trägt zu 75 Prozent der Landkreis und zu 25 Prozent der Spitalfonds. Bis Ende Dezember soll das Zweitgutachten vorliegen. Eine Entscheidung über die Zukunft der SRH-Kliniken soll spätestens Ende März 2022 getroffen werden.