Der geplante Bau eines Windparks mit vier Anlagen auf der Gemarkung Denkingen, in der Nähe zu den bestehenden drei Anlagen in Hilpensberg, bewegt seit mehreren Jahren die Gemüter. Der Protest gegen weitere Windräder mündete in der Gründung der Bürgerinitiative „Mensch Natur – Oberer Linzgau„.
Betreiberfirma hat schon Klage gegen Ablehnung erhoben
Das Landratsamt Sigmaringen, als Genehmigungsbehörde, hat den immissionsrechtlichen Antrag der Firma AboWind aus dem Jahr 2018 für ihre vier Anlagen abgelehnt, wogegen das Unternehmen im Mai Klage vor dem Verwaltungsgericht Sigmaringen erhoben hat.
„Wir sind weiterhin von der Genehmigungsfähigkeit des Windparks überzeugt. Daher halten wir an unserer Klage gegen die Ablehnung fest“, macht Dr. Daniel Duben, Projektleiter Kommunikation der ABO Wind AG, auf Anfrage des SÜDKURIER deutlich, dass der potenzielle Windparkbetreiber seinen Einspruch gegen den negativen Bescheid des Landratsamtes aufrecht erhalten wird.
„Tötungsrisiko für den Rotmilan ist zu hoch“
Jetzt liegt der schriftliche Ablehnungsbescheid des Landratsamtes vor, aus dem klar ersichtlich wird, dass der Hauptgrund für das „Nein“ der Behörde dem Rotmilan geschuldet ist. Das Tötungsrisiko für den streng geschützten Vogel im Waldgebiet „Hohenreute“ wird vom zuständigen Amt für „Umwelt und Arbeitsschutz“ als so signifikant eingestuft, dass man den Bau zusätzlicher Windräder ablehnt.
Region ist ein Rotmilan-Dichtezentrum
Bei der Thematik „Rotmilan„ herrscht bei den Beteiligten Einigkeit darüber, dass die vier Windräder sich außerhalb eines 1000-Meter-Radius von Fortpflanzungsstätten, sprich belegten Horsten, befinden würden, aber innerhalb eines sogenannten Rotmilan-Dichtezentrums, wenn also mindestens vier Revierpaare siedeln. Nach einer Stellungnahme der höheren Naturschutzbehörde beim Regierungspräsidium Tübingen vom September 2019 geht man davon aus, dass in dem Pfullendorfer Areal dieser Faktor um das Fünffache übertroffen wird.
„Durch die geplante Errichtung und den Betrieb der geplanten vier Anlagen würde demnach mit populationsrelevanten Verlusten des Rotmilans zu rechnen sein“, heißt es in der Stellungnahme, die im Ablehnungsbescheid des Landratsamtes aufgelistet wird.

Regierungspräsidium sieht mögliche Vermeidungsmaßnahmen als nicht ausreichend an
Zwar habe die Firma AboWind für den Betrieb der Windräder Abschaltzeiten vorgeschlagen, aber diese Vermeidungsmaßnahmen seien nicht ausreichend, um das Tötungsrisiko signifikant zu verringern. Diese Einschätzung wurde dem Unternehmen vom Regierungspräsidium Tübingen bei einer Anhörung im Februar 2020 mitgeteilt, verbunden mit der Ankündigung, dass der Antrag deshalb abgelehnt werden müsse.
Verschiedene Gutachter präsentieren verschiedene Ergebnisse
Verschärft wurde der Streit um die Windräder durch unterschiedliche Aussage von Gutachtern. So hatte der Betreiber die „Die Naturschutzplaner GmbH“ beauftragt, die aufgrund ihrer Beobachtungen erklärte, dass der Windpark die regelmäßig frequentierten Flugkorridore und Nahrungshabitate der Rotmilane nicht tangiere. Das von der Stadt Pfullendorf beauftragte Büro „Planstatt Senner“ kommt wie die Untere Naturschutzbehörde, aufgrund eigener Beobachtungen, zu dem Ergebnis, dass das Vorhaben sich durchaus innerhalb der Flugkorridore befindet.
„Brutwald für Wespenbussard entdeckt“
Der „städtische“ Gutachter entdeckte innerhalb des 1000-Meter-Schutzradius auch einen Brutwald des Wespenbussards, während der Firmengutachter nur einige Überflüge des Vogels beobachtete. Bei Untersuchungen in den Jahren 2017 und 2018 wurden zudem 101 nicht windkraftempfindliche Brutvogelarten im Radius von zwei Kilometern rund um den geplanten Windkraftstandort sowie 71 unterschiedliche Rastvogelarten entdeckt.
Bürgerinitiative: „Drei tote Milane entdeckt“
Nach Angaben von Margret Bures als Vertreterin der Bürgerinitiative „Mensch Natur – Oberer Linzgau„ wurden von Ende März bis Ende Mai bei den drei bestehenden Windrädern in Hilpensberg drei tote Rotmilane gefunden, die von der BI als „Schlagopfer“ der Anlagen bezeichnet werden. Bekanntlich fordert die BI auch die Abschaltung der bestehenden drei Windräder.
Keine Lärmbeeinträchtigung für Anwohner durch neue Windräder
Die Behörde prüfte auch die möglichen Beeinträchtigungen durch Lärm, Infraschall, Licht oder Schatten auf die Anwohner, attestiert aber, dass sich alle vier geplanten Analagen mehr als 1000 Meter zur nächsten Wohnbebauung befinden würden. Es wird Ergebnisse der Landesanstalt für Umwelt, Messungen und Naturschutz Baden-Württemberg (Lubw) verwiesen, wonach von Windrädern ab einer Entfernung von mehr als 150 Metern zur nächsten Wohnbebauung keine Einwirkungen durch Infraschall oder tieffrequenten Geräuschen zu erwarten seien, die das vorhandene Grundrauschen übersteige.