Senioren, die auf dem E-Bike durch die Lande düsen, sind heutzutage kein seltener Anblick mehr. Anders sieht es aus, wenn ein Rentner mit Neopren-Anzug, Prallschutzweste und Helm über das Wasser im Seepark flitzt, an den Füßen ein Paar schaufelartige Wasserski. Da schaut man doch zwei Mal hin. Bei den Gästen der Wakeboardanlage ist Karl-Heinz Reize aus Bad Waldsee bekannt wie ein bunter Hund. Zum einen, weil er zu den wenigen Ambitionierten gehört, die ausschließlich mit Wasserski unterwegs sind, zum anderen, weil er die 70 überschritten hat.

Lockere Sprüche werden ausgetauscht, wenn er in knallgrünen Boardshorts und mit seinem Equipment unterm Arm zum Lift marschiert. Steht das weiße Wohnmobil mit Ravensburger Kennzeichen auf dem Parkplatz, wissen Insider: Er ist da.
Die meisten Wakeboarder sind viel jünger

Die meisten Wakeboarder sind deutlich jünger. Über ein halbes Jahrhundert trennt zum Beispiel Moritz Vollmuth von Karl-Heinz. Der 17-jährige Pfullendorfer sagt: „Ich find‘s geil, dass sich Karl-Heinz fürs Wasserskifahren interessiert.“ Die junge Generation ist alles andere als genervt, dass sich ein Rentner unter sie mischt. Im Gegenteil, sie empfinden ihn als Bereicherung. „Er ist extrem hilfsbereit und gibt Anfängern Tipps“, erzählt Justin Eimann (18) aus Balingen. Dominik Mahron (25) aus Ablach fügt hinzu: „Ein super Typ.“

Mit 65 Jahren das erste Mal ausprobiert
Sportlich ist der 71-jährige schon immer, er geht leidenschaftlich gerne Wandern und Tourenski. Auch die Gartenarbeit halte ihn beweglich. Was das Wasserskifahren betrifft, ist er ein Spätberufener. 65 Jahre war er alt und als Inhaber einer Speditionsfirma gerade in Rente, als er es zum ersten Mal ausprobierte. „Ich hatte im Allgäu eine Wakeboard-Anlage gesehen und fand das toll. Also habe ich gegoogelt, wo es bei mir in der Nähe eine solche Möglichkeit gibt.“
Anfang nicht ganz so einfach
Anfangs habe er etwas „Muffe“ gehabt und die ersten Starts endeten abrupt am Einstieg. „Nach einer Zeit bin ich dann schon Slalom gefahren, ohne zu wissen, dass die Wakeboarder das gar nicht so witzig finden, weil das Kabel in ziemliche Schwingungen kommt.“ Längst wagt er sich an 180°- und 360°-Drehungen, springt und gleitet über die Hindernisse. Vor allem das Rooftop sei eine Herausforderung. Die Wakeboarder zollen ihm Respekt für diese Aktionen. „Die Obstacles sind mit Wasserski gar nicht leicht!“ Karl-Heinz ist anzusehen, wie viel Spaß ihm der Sport macht.

Reize will es nicht übertreiben
Außer einer Zerrung sei ihm noch nichts passiert. Wakeboarden ist ihm zu heikel, weil er Knie und Hüfte schonen will. „Nicht übertreiben, gesund bleiben, sicher fahren“ lautet die Devise. Die Atmosphäre am Lift und im Kreis der jungen Leute gefällt ihm. „Ich bin dankbar, dass es so etwas gibt. Die Stimmung ist positiv und wenn nicht, baut man sich gegenseitig auf.“