Ein Debakel erlebten Vorstand und Aufsichtsrat der Volksbank Pfullendorf im Mai, als die Mitglieder der lange geplanten Fusion mit der Volksbank Meßkirch eine Absage erteilten. Die Verantwortlichen arbeiteten das Geschehen auf und im SÜDKURIER-Gespräch informiert das Vorstandsduo Werner Groß und Markus Dold über die Zukunftspläne.
Die geplante Fusion mit der Volksbank Meßkirch hatte die erforderliche 75-Prozent-Zustimmung bei der Hauptversammlung deutlich verfehlt. Wann haben Sie gespürt, dass es womöglich eine enge Abstimmung werden kann?
Die angespannte Grundstimmung der Generalversammlung war grundsätzlich spürbar, denn im Laufe des Abends sollte über die Zukunftsfähigkeit unserer Volksbank entschieden werden. Negative Tendenzen waren im Vorfeld der Generalversammlung nicht spürbar, dass die Fusion als Risiko wahrgenommen wurden. Ganz im Gegenteil hatte man im Vorfeld viel Zuspruch für die Fusion erhalten. Während der Aussprache in der Generalversammlung wurden von den Mitgliedern vorwiegend emotionale Bedenken geäußert. Dabei hat sich eine Gruppe aus traditionellen Bewahrern und eine Gruppe von Zweiflern, die sich auf die negativen Erfahrungen anderer Fusionen in Pfullendorf (SRH-Kliniken, Alno) bezogen, herauskristallisiert. Die so erzeugte Stimmung und die Beifallsbekundungen haben einem erahnen lassen, dass eine 75-prozentige Zustimmung schwierig würde. Obwohl die Mehrheit der anwesenden Mitglieder im folgenden Abstimmungsprozess für die Fusion gestimmt haben, blieben in der weiteren Aussprache Fürsprecher für die Fusion aus den Reihen der Mitglieder aus.
Wie wurde diese Abstimmungsniederlage nun vom Vorstand und Aufsichtsrat aufgearbeitet?
Nach der Generalversammlung haben wir uns intensiv in den Monaten Juni und Juli mit den Ursachen und Gründen des Abstimmungsergebnisses beschäftigt.
Über das Ergebnis sind wir sehr enttäuscht, da wir nur einen Steinwurf entfernt waren vom erarbeiteten Ziel einer gemeinsamen Zukunft, einer starken Volksbank in der Region Pfullendorf-Meßkirch. Die Vorstände und Mitarbeitenden haben eine Menge Zeit und die Banken sehr viel Geld in dieses Projekt gesteckt. Vorstand und Aufsichtsrat beider Häuser sind nach wie vor überzeugt, dass es sinnvoll ist, für die Region Pfullendorf-Meßkirch eine gemeinsame regionale Bank zu schaffen.
Obwohl eine Mehrheit der Fusion zugestimmt hat, konnte die erforderliche Anzahl der Mitglieder für das Fusionsvorhaben nicht überzeugt werden. Das Abstimmungsergebnis wird von der Verwaltung respektiert. Mit Hilfe professioneller Begleitung wurde im Nachgang untersucht, ob das Fusionsvorhaben eine zweite Chance hat. Nach intensiver Auseinandersetzung mit dem Ergebnis und insbesondere der an die Verwaltung der Bank widergespiegelten Stimmungslage kam man zur Erkenntnis, dass eine erforderliche Drei-Viertel-Mehrheit derzeit nicht zu erreichen sei. Daraufhin haben Vorstand und Aufsichtsrat beschlossen, auf Basis der derzeitigen Sachlage das Fusionsvorhaben mit der Volksbank Meßkirch eG RB einzustellen.
Waren die Mitglieder aus Ihrer Sicht ausreichend über die Fusionspläne und besonders die Vorteile dieser Fusion informiert?
Nach einer Niederlage stellt sich immer die Kritikfrage nach „wenn, aber, hätte“. Alle Unterlagen zum Fusionsvorhaben waren mindestens zwei Wochen vor und während der Generalversammlung für jedes Mitglied einsehbar. Schon unmittelbar nach der Ankündigung der Fusionsabsicht in der Presse Ende Juli 2022 wurden wesentliche Informationen zur Fusion auf der Internetseite der Volksbank veröffentlicht. Im Vorfeld der Generalversammlungen haben Mitgliederveranstaltungen mit insgesamt 180 Mitgliedern im Geschäftsgebiet stattgefunden, in denen über das Fusionsvorhaben, die Vorteile, Gründe und Notwendigkeiten informiert worden ist. Wir haben die Fragen der Mitglieder umfangreich beantwortet und viele positive Rückmeldungen erhalten.
Bürgermeister Gerster hatte in seinem Grußwort von einer „historischen Versammlung“ gesprochen. Bei den Vorträgen der Bankverantwortlichen war diese Bedeutung allerdings nicht zu hören und zu spüren. Wie sehen Sie das?
Es ist ein großes Ereignis, wenn sich zwei Banken miteinander verschmelzen. Nach Abwicklung der Standardregularien widmete sich für das Fusionsthema ein separater Tagesordnungspunkt, und ob der Wichtigkeit, wieder mit vielen Regularien und Vorträgen, Gutachten, Aussprache, Wahlverfahren und letztlich der Abstimmung. Wir haben es nicht geschafft, in den Vorträgen diese Bedeutung an die Mitglieder zu transportieren. Das hätte man besser machen können und müssen.
Können Sie aus Ihrer Sicht die wichtigsten Gründe nennen, die für ein Zusammengehen mit der Volksbank Meßkirch sprechen?
Die Gründe sind vielfältig. Generell die überschaubare Größe und eingebrachte Identität der Volksbank Pfullendorf, das abgrenzende, nicht überschneidende Geschäftsgebiet. Aus betriebswirtschaftlicher Sicht sind dies die Synergieeffekte in den Verwaltungskosten und der Summe der Bürokratiekosten, Regulatorik aber auch das Einsparpotenzial bei kostenintensiven Investitionen wie beispielsweise in die Digitalisierung und Banksteuerung, da diese nur einmal für die neue Bank getätigt werden müssen. Durch die gemeinsam höhere Risikotragfähigkeit erweitern sich die unternehmerischen Handlungsoptionen, so wären zum Beispiel größere Volumen im Kreditgeschäft darstellbar beziehungsweise eine stärkere Resilienz gegenüber unternehmerischen Risiken.
Um die Leistungs- und Wettbewerbsfähigkeit zu erhalten bzw. an den neuen individuellen Kundenbedürfnissen auszurichten wäre eine größere Unternehmenseinheit von Vorteil, auch verlangen die Herausforderungen der neuen Arbeitswelt vermehrt Spezialistenwissen. Die bisherige Multifunktionalität bei Schlüsselressorts ist künftig immer weniger darstellbar, da die fachlichen Anforderungen zusehends umfassender und spezifischer werden und Risiken eines Ausfalls nicht abgefangen werden können. Durch die Zusammenlegung hätte sich in einem größeren Haus das zunehmende Fachkräfteproblem entspannt. Gerade in der ländlichen Region und aufgrund der Größenverhältnisse der Regionalbanken ist es schwierig Fachkräfte zu finden bzw. zu halten. Auch sind bislang nur schwer darstellbare Vertretungs- und Nachfolgeregelungen leichter bzw. überhaupt erst realisierbar. Das hätte zu mehr Sicherheit für alle Beteiligten geführt.
Sie haben seit der Versammlung viele Gespräche mit Mitgliedern und Kunden geführt. Was hören Sie von den Menschen?
Das Stimmungsbild ist vergleichbar mit dem Abstimmungsergebnis bei der Generalversammlung. Die Aufgabe der Selbständigkeit bei Vorlage guter Geschäftsergebnisse ist einem Teil der Mitglieder schwer zu vermitteln. Vielfach wird der tiefgreifende Veränderungsprozess unserer globalisierenden Wirtschaft erkannt, denen sich auch das Kreditgewerbe nicht entziehen kann und die Notwendigkeit von Konzentrationsprozessen erforderlich macht. Der vergleichbar viel größer angelegte Fusionsplan der Volksbank Bad Saulgau mit der Volksbank Altshausen und der VR-Bank Riedlingen-Federsee mit einem Bilanzvolumen von mehr als drei Milliarden Euro und dem Geschäftsgebiet in die weiteren Landkreise Ravensburg und Biberach wird als Argument der erforderlichen zukünftigen Betriebsgrößen ins Feld geführt.
Können Sie die Ängste und Sorgen der Mitglieder nachvollziehen?
In fast allen Bereichen unserer Wirtschaft sind einschneidende Veränderungen eingetreten. Dieser Strukturwandel hat sich in den letzten Jahren unverändert fortgesetzt. Dazu gehören ein starker Wettbewerb und wandelndes Kundenverhalten, zunehmende Digitalisierung, zunehmender Fachkräfte- und Arbeitskräftemangel, steigende gesetzliche sowie regulatorische Anforderungen. Der immer härter werdende Wettbewerb unter ständig veränderten Rahmenbedingungen, insbesondere zunehmende Anforderungen der Bankenaufsicht, hat in der jüngsten Vergangenheit bereits zu einer Konzentration und Fusionswelle in der gesamten Branche geführt. Diese Entwicklung macht nicht halt und fordert eine hohe Veränderungsbereitschaft, um letztlich nicht zurückzubleiben. Auch vor dem geopolitischen Hintergrund ist die Sehnsucht nach Erhalt und Stabilität groß, bei jedem Menschen. Insofern können die Ängste und Sorgen der Mitglieder nachvollzogen werden. Ungeachtet persönlicher Empfindungen hat man als Geschäftsleiter eine hohe Verantwortung für die Zukunftsfähigkeit des Unternehmens, unserer Volksbank und da können und dürfen Entwicklungen und veränderte Rahmenbedingungen nicht außer Acht gelassen werden.
Würden Sie die Mitgliederversammlung in dieser Form und mit diesen Ansprachen so nochmals durchführen?
Da waren wir uns bei der Aufarbeitung des Ergebnisses sehr schnell einig, dass wir eine andere Form wählen müssen. Die Erfahrung hat gezeigt, dass eine gute Aussprache deutlich mehr Zeit und Freiraum benötigt. Dies ist im Rahmen einer ordentlichen Generalversammlung mit ohnehin umfangreichen Regularien schwer darstellbar. So wäre denkbar, das Fusionsthema sinnhafterweise in einer außerordentlichen Generalversammlung ausschließlich abzuhandeln.
Fragen: Siegfried Volk