Extensive Beweidung – also die Tierhaltung auf Grünland ohne zusätzliches Düngen – steigert die Artenvielfalt, sind sich Umweltschützer einig. Eine Beweidung und das damit einhergehende Offenhalten der Flächen – sprich, zu verhindern, dass diese verbuschen oder verholzen – ist vielerorts Voraussetzung dafür, dass sich bestimmte Arten ansiedeln und überleben. Im Naturschutzgebiet Sauldorfer Seen wird genau aus genannten Gründen von jeher Beweidung betrieben. Seit dem Jahr 2021 weiden neben Angus-Rindern auch Ziegen, Schafe und Aubrac-Rinder in dem Gebiet. Die Beweidung ist eine Maßnahme des Referats Naturschutz und Landschaftspflege beim Regierungspräsidium in Tübingen.

Die Angusrinder von Ute und Joachim Straub stehen in manchen Jahren bis Weihnachten draußen.
Die Angusrinder von Ute und Joachim Straub stehen in manchen Jahren bis Weihnachten draußen.

Die Rinderzüchter Ute und Joachim Straub vom Hof Himmelreich in Wald waren von Beginn an dabei, seit das Regierungspräsidium Tübingen 1993 die Sauldorfer Seen unter Naturschutz gestellt hat. In jedem Jahr bringen sie aufs Neue ihre schwarzen Angus-Rinder auf die Weiden rund um die nördlichen Seen. „Die Tiere kommen raus, wenn die erste Vegetation los geht – so Mitte April und stehen in manchen Jahren bis Weihnachten draußen“, erklärt Joachim Straub. Schnee und Kälte machten den Tieren nichts aus, eher die Hitze, ergänzt der Rinderzüchter.

Fast alle Angus-Rinder baden nach ihrer Eingewöhnung im See oder schwimmen sogar richtige Runden, so Straub.
Fast alle Angus-Rinder baden nach ihrer Eingewöhnung im See oder schwimmen sogar richtige Runden, so Straub.

Das Fleisch seiner Tiere vermarktet Straub direkt über eine Internetplattform. Die Tiere sollen fast ausschließlich Gras fressen. „Es ist schließlich Grasvieh“, erklärt Straub auch in Bezug darauf, dass in der Rinderzucht üblicherweise mehr oder weniger mit Getreide und Soja gefüttert werde. Straub gibt den Tieren im Winter, wenn sie auf dem Hof stehen, Heu und ganz wenig Grassilage. Eine Ausnahme bildet auch die Hand voll Rübenpellets, mit denen er seine Rinder anlockt.

Tiere dürfen nicht verwildern

„Das ist wichtig, um die Tiere vertraut zu halten“, meint er. Sie würden auf so einer großen Fläche wie an den Sauldorfer Seen sonst ganz schnell verwildern, erklärt Straub. Noch sind seine Rinder in diesem Jahr erst kurze Zeit auf den Weiden und müssen sich noch an ihre Umgebung gewöhnen. Fast alle Tiere würden aber irgendwann im See baden oder sogar richtige Runden schwimmen, meint Straub.

Die Sauldorfer Seen haben sich inzwischen zu einem wichtigen Brut- und Rastgebiet für Wasservögel entwickelt. | Bild: Heinrich Sturm
Die Sauldorfer Seen haben sich inzwischen zu einem wichtigen Brut- und Rastgebiet für Wasservögel entwickelt. | Bild: Heinrich Sturm

Die Sauldorfer Seen haben sich inzwischen zu einem wichtigen Brut- und Rastgebiet für Wasservögel entwickelt. Aktuell stehen 18 Angus-Rinder auf den Weiden rund um die Gewässer. „Wir mähen einmal im Jahr, damit die Flächen offen bleiben. Der Naturschutz will das auch, damit es nicht verbuscht“, erklärt Straub. Das Offenhalten soll auch verhindern, dass Greifvögeln nicht auf Bäumen nach brütenden Vögeln lauern. Auf den Flächen nisten aktuell ein Schwarzkelchen- und ein Kiebitz-Paar, weiß Straub zu berichten.

Sabine Reiter betreibt Landschaftspflege an den Sauldorfer Seen unter anderem mit Aubrac-Rindern (links hinter dem Gatter).
Sabine Reiter betreibt Landschaftspflege an den Sauldorfer Seen unter anderem mit Aubrac-Rindern (links hinter dem Gatter).

Etwas weiter südlich von den Rindern der Straubs stehen auf einer 2,7 Hektar großen Fläche die Tiere von Sabine Reiter. Das Gebiet ist ein ehemaliger Baggersee, der nach seiner Nutzung wieder aufgefüllt wurde. Seit 2021 sorgen von Mitte April bis Mitte Oktober Reiters Ziegen, Schafe und Rinder, dass dort der Aufwuchs von Gehölz reduziert wird. „Ziel des Regierungspräsidiums ist es, einen Lebensraum für Amphibien zu schaffen“, erklärt Reiter, die im Nebenerwerb Landschaftspflege betreibt.

Auch Gelbbauchunken und Kammolch

Zu den Arten, die sich in dem Gebiet wohlfühlen sollen, gehören unter anderem die Gelbbauchunke und der Kammmolch. Das Regierungspräsidium hat, um Lebensraum für die stark gefährdete Arten zu schaffen, auf der Fläche gezielt Amphibiengewässer anlegen lassen. Noch ist Sabine Reiter mit vergleichsweise vielen Tieren auf der Fläche, damit möglichst effektiv alles an Pflanzen kurz gefressen wird.

Ziegen fressen auch die Gehölze, wie etwa Weiden, und verhindern so das Verbuschen der Landschaft.
Ziegen fressen auch die Gehölze, wie etwa Weiden, und verhindern so das Verbuschen der Landschaft.

„Mit der Zeit stabilisiert sich die Lage, dann kann man den Weidedruck durch einen geringeren Besatz der Tiere oder gezielte Weidepausen reduzieren“, erklärt die 39-Jährige. Das Regierungspräsidium hat Reiter unter anderem für das Projekt beauftragt, weil sie Ziegen hält. Diese fressen auch die Gehölze – wie etwa die vielfach in dem Gebiet wachsenden Weiden – und verhindern so das Verbuschen der Landschaft. „Die Burenziegen aus Südafrika sind für mich in der Landschaftspflege die Nummer Eins, weil sie alles an Gräsern und Sträuchern mit Freude fressen, und dabei auch noch Fleisch produzieren können“, erklärt Reiter. Allerdings macht ihr der Jungwuchs von Erlen Sorgen, die den Tieren leider nicht so gut schmecken und deshalb schon relativ hoch gewachsen sind. „Wir müssen eine mechanische Nachpflege machen“, erklärt Reiter.

Karge Standorte gewöhnt

Ihre Aubrac-Rinder setzt die Landschaftspflegerin auf der Fläche ein, weil diese auch mit wenig nahrhafter Nahrung zurecht kommen. „Die Aubrac-Rinder sind karge Standorte gewöhnt, die machen auch aus minderwertigem Gras Fleisch, sagt Reiter, die ihre Rinder zur Fleischproduktion hält, aber auch Tiere zur Zucht weiter gibt. Ergänzt werden die Rinder und Ziegen durch drei Texelschafe. „Die haben den Vorteil, dass sie auch an engeren Stellen an das Gras kommen“, sagt Reiter. Schon früh entwickelte sie eine Leidenschaft für Tiere, wobei es ihr besonders die Aubrac-Rinder angetan haben. Sie hat den elterlichen Hof in Hoppetenzell übernommen und kümmert sich mit ihrem Partner um rund 60 Tiere. Die Landwirtschaftsmeisterin hat ihren Beruf auf dem Hof Himmelreich gelernt.