In Deutschland gibt es laut Statistik mittlerweile elf Millionen E-Bikes. Doch dieser Trend beeindruckt Clemens Veeser aus Wald nicht. Er widmet sich viel lieber den historischen Fahrrad-Schätzen. Der Walder ist als leidenschaftlicher Sammler und Restaurator von Oldtimerfahrzeugen bekannt. „Wenn man ein Fahrrad restauriert, ist die Restauration aufgrund der rein mechanischen Bauteile zeitlich absehbar,“ erklärt der 55-Jährige.

Vor allem Frauen fuhren Fahrrad

Im Alter zwischen 18 und 20 Jahren begann Clemens Veesers Leidenschaft für historische Fahrräder. Später kamen Motorräder und Personenkraftwagen dazu.

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Früher wurden viele alte Fahrräder für die Fasnet umgebaut und genutzt. Für das Empfinden des damals jungen Mannes waren sie dafür viel zu schade. Nach dem Ersten Weltkrieg gab es in Deutschland hunderte von Firmen, die Fahrräder herstellten. Für viele Menschen war das Fahrrad das einzige Fortbewegungsmittel, das sie besaßen. Jede Marke hatte ihr eigenes Emblem im Steuerkopfschild verewigt, darunter Hersteller wie „Achalm“ aus Reutlingen oder „Hohentwiel“ aus Singen. Erstaunlicherweise gab es mehr Frauenfahrräder als Männerfahrräder, weil Männer offenbar nicht so gerne Fahrrad gefahren sind, berichtet der Walder.

Hochrad war Männersache

Das Hochrad war Männern vorbehalten, doch mit dem Umstieg 1890 aufs „normale Fahrrad“ gewannen die Frauen die Oberhand. Nach dem Zweiten Weltkrieg mussten die Frauen den Wiederaufbau leisten und nutzten für die Wege zu den Einsatzstellen das Fahrrad.

Das älteste Rad im Stall ist von 1911

Das älteste Fahrrad aus der Sammlung von Clemens Veeser stammt aus dem Jahr 1911 von der Herstellerfirma „Gritzner“. Das Opel Fahrrad „Flitzer“ aus 1928 war wie ein Rennrad konzipiert. Als erste Fahrradbeleuchtungen dienten Petroleum- und Kerzenlampen oder auch Karbidlampen, die zuhause entzündet und an Haltern vorne am Lenker befestigt wurden.

Er bevorzugt alte Räder

Veeser nutzt ausschließlich die historischen Fahrräder zum Fahrradfahren. „Ich habe kein neues Fahrrad“, unterstreicht er. Wenn er mit dem Fahrrad zur Arbeit gekommen ist, erkennen das die Kollegen bereits am abgestellten Fahrrad am Fahrradständer und können den Besitzer sofort zuordnen. Die meisten historischen Fahrräder sind mit 28 Zoll-Reifen versehen und leichtläufig. „Aber den Buckel rauf muss man wie früher auch mal absteigen und schieben“, lacht er. 2018 radelte er mit vier Kameraden auf historischen Fahrrädern aus den Jahren 1930 bis 1950 – mit Strohhut und Kleidung aus dieser Zeit und mit einem alten Fendt-Traktor als Begleitfahrzeug – in fünf Tagen von Wald nach Ulm und erfüllte sich damit einen lang gehegten Traum. „Das war für alle Beteiligten ein eindrückliches Erlebnis, über das wir noch oft sprechen“, blickt er zurück.

„Clemens pflegt eine einzigartige Beziehung zu seinen alten Fahrzeugschätzen. Wir erlebten durch seine alten Räder schon tolle Zeiten ...
„Clemens pflegt eine einzigartige Beziehung zu seinen alten Fahrzeugschätzen. Wir erlebten durch seine alten Räder schon tolle Zeiten miteinander.“Bernd Hahnke, Walbertsweiler | Bild: Sandra Häusler

„Schrauben“ als Ausgleich

164 Fahrräder nennt Clemens Veeser sein Eigen. „Ich bin fasziniert, wie stabil und für die Ewigkeit diese Fahrräder gebaut wurden.“ Bei Reparaturen und Restaurationen kann er aus einem großen Fundus an gesammelten Ersatzteilen schöpfen, ansonsten hält zur Beschaffung das Internet her. Das „Schrauben“ an historischen Fahrrädern, Motorrädern und Autos ist für ihn ein liebgewonnener Ausgleich zum Beruf und Alltag. Er versucht, sich jede Woche mindestens eine bis drei Stunden einem Fahrzeug zu widmen. Auch in die Natur zieht es das Walder Urgestein, und wenn er nicht radelt, sieht man ihn häufig spazieren gehen.

Irgendetwas gibt es für den Sammler immer zu reparieren, wie an diesem NSU-Fahrrad.
Irgendetwas gibt es für den Sammler immer zu reparieren, wie an diesem NSU-Fahrrad. | Bild: Sandra Häusler