Für viele Gemeinden ist er ein regelrechtes Angst-Thema, der Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung für Grundschüler. Denn, so die Wortmeldungen aus vielen Rathäusern: Der Rechtsanspruch ist da, aber die Gegenfinanzierung vom Land nicht auskömmlich.
Der Stadt Bad Dürrheim geht es da nicht anders. Doch die Kurstadt auf der Baar hat in der jüngsten Gemeinderatssitzung einen großen Schritt zur Vorbereitung des Ganztagsanspruchs getan. Die Gemeinderäte haben den Auftrag für die Ganztagsbetreuung an den städtischen Grundschulen an den Anbieter Lernen-Fördern-Arbeiten – Vivo gemeinnützige GmbH aus Rottweil vergeben.
Rahmenvertrag für vier Jahre
Der Rahmenvertrag läuft laut Markus Stein, Leiter des Fachbereichs Bildung, Soziales und Politik, für vier Jahre. In dieser Zeit fallen für die Ganztagsbetreuung der Grundschüler an der Grund- und Werkrealschule in der Kernstadt 858.180 Euro an, für die Betreuung an der Grundschule Ostbaar in Oberbaldingen 556.090 Euro – zusammen also etwa 1,4 Millionen Euro.
Stein erinnerte zu Beginn seines Vortrags daran, dass die Stadt für Baumaßnahmen an Schulen einen großen Teil des städtischen Haushalts aufwenden werde. Die Erweiterung der Ostbaarschule feierte erst kürzlich ihren Spatenstich, 2,8 Millionen Euro kostet der Bau für den Ganztagsbereich, etwa 1,8 Millionen Euro kommen als Fördergelder wieder in die städtische Kasse.
Stein zählte zudem auf, dass die Stadt Bad Dürrheim die Ganztagsbetreuung an Grundschulen im Prinzip schon umgesetzt habe und die wahrscheinlich umfassendste Ferienbetreuung im Landkreis zu bieten habe. Bürgermeister Jonathan Berggötz sagte, Bad Dürrheim sei bei Bildung und Erziehung bereits sehr gut aufgestellt.
An Kritik sparten die beiden Verwaltungsmänner trotzdem nicht. Berggötz: „Wir kriegen eine Aufgabe, wissen aber nicht, wie man sie finanzieren soll.“ Stein wurde noch deutlicher, klagte, das Land habe die Kommunen in vielen Dingen im Stich gelassen. Man wisse etwa nicht, wie viel Geld vom Land nun tatsächlich wofür gezahlt werde und auch die Anforderungen an die Qualifikation des Personals sei noch unklar.
Auch Gemeinderäte schimpfen über Beschlüsse des Landes
Das fiel im Gemeinderat auf fruchtbaren Boden. Helmut Bertsche (CDU) schimpfte etwa, Bund und Land betrieben derzeit nichts anderes als Zechprellerei. Als Selbstständiger würde man ja auch nicht akzeptieren, wenn ein Kunde den Preis, den er zu zahlen gedenke, erst nach Lieferung der Ware bekanntgebe. Andrea Kanold (FDP) sprang ihm zur Seite: „Das Land bestellt, die Kommune zahlt und geht in Vorleistung.“ Auch Barbara Fink (CDU) sagte: „Das Konnexitätsprinzip findet hier einfach nicht statt.“ Mit dem Fremdwort ist gemeint, dass derjenige zahlt, der eine Leistung bestellt.
Dennoch müsse man froh sein, im Interesse von Kindern und Eltern überhaupt einen Anbieter für die Ganztagsbetreuung gefunden zu haben, so Fink ebenfalls. Auch Tanja Bühler (LBU) sah das so. Die Mehrheit des Gremiums stimmte am Ende für die Auftragsvergabe. Gegenstimmen kamen von Helmut Bertsche, Andrea Kanold und Adolf Fischerkeller (FDP), Jürgen Rebholz (FDP) enthielt sich.