Lutz Rademacher und Guy Simon

Ungewöhnliche Szenen spielen sich am Kirnbergsee ab. Auf dem kleinen Hügel oberhalb der Staumauer und unterhalb der ehemaligen Kirnburg brennt ein kleines Lagerfeuer. Zahlreiche Fackeln bilden einen großen Kreis rund um das Feuer. Auf dem Tisch, an dem im Sommer Touristen vespern, stehen zwei große Töpfe mit merkwürdigem Inhalt.

Und dann kommen sie die Treppe herauf, eine nach der anderen: Elf Kirnburghexen, noch ohne ihre roten Schürzen. Und da die Kirnburghexen erst vor Kurzem das Licht der Welt erblickt haben, müssen sie alle erst getauft werden.

Einzeln werden sie aufgerufen und müssen feierlich geloben, dass sie den Verhaltenskodex der Hexen einhalten. Danach gibt es als Vorspeise eine Essiggurke und ein rotes Gebräu, in dem etwas schwimmt, dass wie Augäpfel aussieht. Die müssen zerkaut werden. Der ekelhafte graubraune Schleim, der als Hautspeise serviert wird, enthält neben weiteren Augäpfeln noch kleine grüne Frösche. Schon der Anblick kann Brechreiz auslösen. Erst wenn die angehende Hexe einen Becher voll heruntergewürgt hat, erhält sie ihre Schürze und ist in den Zirkel der Kirnburghexen aufgenommen.

"Wir sehen uns als Bereicherung für die Unterbränder Fasnet als zusätzlicher Verein. Auf keinen Fall als Konkurrenz zu den ...
"Wir sehen uns als Bereicherung für die Unterbränder Fasnet als zusätzlicher Verein. Auf keinen Fall als Konkurrenz zu den Köhlern."Jenny Heirich, Vorsitzende Kirnburghexen | Bild: Lutz Rademacher
Diese schleimig graue Brühe muss zur Initiation geschluckt werden.
Diese schleimig graue Brühe muss zur Initiation geschluckt werden. | Bild: Lutz Rademacher

Neue Zunft ist mit dabei

Die "Kirnburghexen" sind nun offiziell als neue Zunft ergänzend zu den Köhlern Teil der Unterbränder Fasnet. Wie kam es dazu? "Wir waren schon immer eine eigene Gruppe", berichten Jenny Heirich und Martin Ketterer, die das Vorstandsduo bilden. "Im November kam uns dann der Gedanke, etwas Eigenes zu machen. Schnell waren wir uns einig, dass wir Hexen machen. Am Anfang waren wir zu fünft oder zu sechst und dann kamen ganz schnell noch mehr dazu. Heute sind wir elf, haben aber noch mehr Nachfragen."

Ab einem Alter von 18 Jahren oder im Familienverbund kann man beitreten. Mit der Köhlerzunft möchte man ausdrücklich nicht in Konkurrenz treten. Man sieht sich als Bereicherung für die Unterbränder Fasnet und ist auch gerne bereit, sich dort mit einzubringen. In der vergangenen Woche besuchten die Jenny Heirich und Martin Ketterer eine Vorstandssitzung der Köhlerzunft, um ihre neue Gruppe vorzustellen. Das Gespräch lief aus Sicht von beiden Seiten sehr harmonisch ab.

"Fasnacht lebt von Vielfalt und Abwechslung."Wolfgang Weber,  Narrenvater Köhlerzunft
"Fasnacht lebt von Vielfalt und Abwechslung."Wolfgang Weber, Narrenvater Köhlerzunft | Bild: Lutz Rademacher
Eine wilde Hexe mit Besen: Das Logo der Kirnburghexen auf roten Schürze.
Eine wilde Hexe mit Besen: Das Logo der Kirnburghexen auf roten Schürze. | Bild: Lutz Rademacher
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Wie bewerten die Köhler, dass eine neue Gruppe entstanden ist?

"Die Frage vermittelt mir den Eindruck, dass auf Unstimmigkeiten gehofft wird. Zum einen sind Vereine keine Konkurrenzunternehmen und zum anderen hat die Köhlerzunft nicht das Monopol auf die Fasnacht im Ort. Fasnacht lebt von Vielfalt und Abwechslung und ich freue mich über jeden der gerne Fasnacht macht, egal ob bei den Köhlern oder in einem anderen Verein oder auch einfach nur privat. Ich sehe also keinen Grund, die Gründung zu bewerten", sagt Wolfgang Weber, Narrenvater der Köhlerzunft.

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Häs ist fast komplett

Nachdem die Gründung der Hexen im November beschlossene Sache war, musste alles schnell gehen. Es wurde ein Häs entworfen, Stoff gekauft, eine Näherin gesucht, das Stricken von Mützen und Ringelsocken wurde in der näheren Verwandtschaft erledigt. Manfred Schropp aus Unterbränd, der das Handwerk noch beherrscht, besorgte das Besenbinden. Somit war das Häs fast komplett. Die Masken sind in Arbeit, aber es reichte dann doch nicht für die kommende Fasnet. Deshalb wird man sich für die beiden Umzüge schminken.

Am 11. Februar fand eine Gründungsversammlung statt, auf der neben Jenny Heirich als Vorsitzende und Martin Ketterer als Vize, Sarah Heirich als Schriftführerin und Sven Heirich als Kassierer gewählt wurden. Nach der Fasnet geht es dann daran, eine Satzung zu erstellen und den neuen Verein als e.V. beim Amtsgericht eintragen zu lassen. Unterstützung erhält der neue Verein durch das Strandcafé. Er wird künftig dort bei Großveranstaltungen wie Vatertag oder Seenachtsfest bei der Bewirtung mithelfen.

"Die Fasnet ist frei für jeden", sagt Anne-Rosel Schwarz, Präsidentin der Schwarzwälder Narrenvereinigung (SNV). Bei der SNV werde indes nur jede fünfte Hexenzunft auch aufgenommen. "Wir schauen, dass es nicht zu viele Zünfte sind. Bei uns sind überwiegend Handwerksberufe vertreten."