„Ich würde am liebsten den ganzen Tag nähen.“ Das sagt Alexandra Maier, während sie im Wohnzimmer des Eigenheims in Bräunlingen durch einen mobilen Kleiderständer blättert. Baby- und Kleinkindkleidung reihen sich an weißen Plastikbügeln, geordnet der Größe nach zwischen 56 und 104. Lange und kurze Hosen hängen da, Strampler, Pullis und T-Shirts, alle in kräftigen Farben und verschiedenen Mustern. Allesamt Unikate. Man könnte sich in einer Boutique für Kinderkleidung wähnen. Doch der Eindruck täuscht. Alle Teile hat Alexandra Maier selbst genäht. Ihr Fingerabdruck ist an die Textilien angenäht. Ein lustiges Monstergesicht in der Größe eines Kinderfingernagels, passend zum Label „Monsterkind“. Das Motiv hat der Sohnemann als gut befunden.

Monsterkind nennt Alexandra Maier ihr Kinder- und Babykleider-Label. Als Wiedererkennungsmerkmal dient ein lustiges einäugiges Monster.
Monsterkind nennt Alexandra Maier ihr Kinder- und Babykleider-Label. Als Wiedererkennungsmerkmal dient ein lustiges einäugiges Monster. | Bild: Wursthorn, Jens

Doch wie kam es dazu, dass jemand, der, wie die 40-jährige Bräunlingerin lachend erwähnt, in der vierten Klasse in Handarbeiten ein „hat sich bemüht“ im Zeugnis stehen hatte, viele Jahre später die Leidenschaft Nähen entdeckt? Nun, vor ein paar Jahren kamen zwei Dinge zusammen. Julian, heute fast drei Jahre alt, kam auf die Welt und die Mutter kam auf die Idee, für den Sprössling die Kleidung selbst zu machen. Sehr schnell machte sie die Erfahrung, „wie viele und hübsche Stoffe es gibt“. Sie setzte sich an die Nähmaschine und bewies Geduld: anders als ein paar Jahre zuvor, als offenbar der Zweck des Unterfangens nicht ersichtlich war und selbiges dann einschlief.

An der Stange, nicht von der Stange: ein Teil der selbst genähten Kollektion von Alexandra Maier.
An der Stange, nicht von der Stange: ein Teil der selbst genähten Kollektion von Alexandra Maier. | Bild: Wursthorn, Jens

Natürlich seien die ersten Versuche noch ein bisschen holprig gewesen, räumt sie ein. Aber dran bleiben, sich nicht ärgern und zügig weiterarbeiten, so ihr Rezept, seien die Garanten, um Geschwindigkeit und Qualität zu erhöhen. Ihren Job im Finanzbereich bei Sto hat sie in der Familienzeit auf 50 Prozent reduziert, Zeit zum Nähen findet sie, während Julian in der Kita ist, am Abend oder am Wochenende.

Als kleiner Aufnäher findet sich das Logo auf den Kleidungsstücken.
Als kleiner Aufnäher findet sich das Logo auf den Kleidungsstücken. | Bild: Wursthorn, Jens

Anfangs verschenkte sie die Kleidungsstücke im Freundeskreis. „Da bekam ich schon mal ein tolles Feedback.“ Die Anfragen nahmen zu. Inzwischen werde viel bestellt. Frauen aus der Region holten die Kindertextilien direkt ab, anderes geht über Versand. Ihre Ware sprach sich herum, ihr Credo, Baby- und Kleinkindkleidung müsse in erster Linie praktisch und bequem sein, fand Anklang. Viel verkauft sie über Ebay-Kleinanzeigen. Beschleunigend dürfte die neue Homepage www.monsterkind.net wirken. Inzwischen habe sie Kundschaft in ganz Deutschland: bis in den Norden hinauf, auch in Großstädten wie Hamburg und Berlin. Binnen einer Woche etwa könne sie die Aufträge meist umsetzen.

Die Kleidungsstücke hängen nach Größen geordnet.
Die Kleidungsstücke hängen nach Größen geordnet. | Bild: Wursthorn, Jens

Und was verdient sie an der Eigenproduktion? „Sparen tut man da nicht“, schickt sie voraus. Das fängt schon bei den hochwertigen Stoffen an. Die besorgt sie sich im Internet, aber auch in den kleinen Stoffläden in der Region. Auf jeden Fall nichts von der Stange und mit dem Prüf- und Zertifizierungsstandard Oeko-Tex 100 versehen.

Auch diese coole Traktormütze stammt aus der Nähwerkstatt von Alexandra Maier.
Auch diese coole Traktormütze stammt aus der Nähwerkstatt von Alexandra Maier. | Bild: Wursthorn, Jens

Genäht wird derzeit noch im ersten Obergeschoss. Und zwar an drei Nähmaschinen. „Eine normale Maschine, eine Overlock und eine zum Sticken“, zählt Maier auf. Allerdings seien dies jeweils ganz normale Hilfsmittel, keine Profigeräte. Die Arbeit eine Treppe höher endet demnächst: Nicht etwa, weil die Liebe zum Hobby erkalten würde, sondern aus praktischen Erwägungen.

Das Nähzimmer zieht in den Keller. Dort wird gerade umgebaut. Die ehemalige Waschküche ist in den bisherigen Heizraum gezogen, der, nachdem der Öltank ausgebaut wurde, mehr Platz bietet. Zurück blieb ein Raum, der mit Wärmedämmung und Fußbodenheizung zum zusätzlichen Zimmer wurde. Hier nun findet die Monsterkind-Designerin nicht nur einen neuen Arbeitsbereich, sondern auch einen kleinen „Showroom“. Na, ja diese Bezeichnung findet sie eigentlich ein bisschen übertrieben. Den Zweck aber findet sie praktisch. Der eigene Raum im Keller schafft die Möglichkeit, dass ihre Kundschaft Stoffe und Kleidungsstücke anschauen und in die Hand nehmen kann. Dem jungen Geschäftsbetrieb ist diese Form von Nähe gewiss nicht abträglich.