Bei den aktuellen Ereignissen fokussiert sich der Blick auf das, was in der Region passiert. Was vor Ort passiert hat allerdings auch anderswo Auswirkungen – und umgekehrt. So gibt es Vereine, die sich nicht nur direkt vor der Haustür für ihre Mitmenschen einsetzen, sondern das auch an anderen Orten auf der Welt tun. So, wie der Peruhilfeverein Villa Milagrosa aus Bräunlingen.
Infrastruktur kann nicht mithalten
Der Verein engagiert sich stark bei einem Schulprojekt in der peruanischen Stadt Nueva Cajamarca. Vor 40 Jahren wurde die Stadt gegründet und ist zu schnell gewachsen. Heute leben rund 70.000 Menschen in ihr. Die Infrastruktur konnte nicht mithalten. Viele kamen in der Hoffnung her, hier einen neuen Anfang zu machen. Hier hat Villa Milagrosa eine Art Bildungszentrum entstehen lassen. Nicht bloß eine Schule, sondern auch ein Treffpunkt für die Menschen. Und momentan gibt es den nicht. Dafür sorgt die Ausbreitung des Coronavirus auch in Peru.
Lehrergehälter werden zum Problem
Für die Menschen vor Ort und den Bräunlinger Förderverein ist das ein Problem: „50 Prozent der Lehrergehälter werden von den vermögenden Familien vor Ort übernommen, die andere Hälfte wird von uns gesponsert“, erklärt Julian Blessing, der im Verein für den Bildungsbereich zuständig ist. Nun sind auch in Peru die Schulen geschlossen, das Land hat eine Ausgangssperre verhängt: „In Peru gibt es seit einer Woche einen kompletten Shutdown. Und dort wird das anders geregelt als bei uns“, erklärt Blessing. Wie der Bräunlinger Verein in den sozialen Medien mitteilt, seien Corona-Partys kein Thema in Peru und auch Hamster-Käufe nicht. „Wo man sich von Woche zu Woche durchschlägt sind gar keine Mittel da, um mehr Nudeln oder Reis zu Kaufen, als man ohnehin nur braucht“, heißt es. Dass man sich im globalen Norden um Toilettenpapier streitet, sei für einen Großteil der Menschheit verrückt.
Schulen geschlossen
Die Schulen sollen dort bis nach Ostern geschlossen bleiben. Im April könne man das Gehalt der Lehrer noch voll übernehmen, obwohl die Schulgelder vor Ort wegfallen. „Die Leute haben eben auch beruflich mit der Situation zu kämpfen.“ Dass es im Mai wieder wie gewohnt weitergehe, kann sich Blessing allerdings nicht vorstellen.
E-Learning in Peru
Auch in Nueva Cajamarca wird daher momentan mit elektronischen Hilfsmitteln gelernt: „eLearning hört sich groß an, funktioniert im Prinzip dort aber mit Arbeitsblättern, die von den Lehrern erstellt werden. Sie gehen dann elektronisch an jene, die einen Computer besitzen, sie verteilen es dann unter den anderen.“ Den versäumten Unterricht wolle man später an den Wochenenden nachholen. „Jetzt müssen wir schauen, ob wir die Gehälter halten können“, sagt Blessing. Man sei da von Dauerspendern abhängig und den Aktionen, die der Verein unternimmt, wie etwa Marktstände. Per WhatsApp ist Blessing täglich in Kontakt mit Peru.
Martialische Strafen
Der peruanische Präsident Martin Vizcarra verkündet, dass Frauen und Männer nicht mehr an den gleichen Tagen auf die Straße dürfen. Das wird unter der Woche aufgeteilt, an Sonntagen sollen alle zuhause bleiben. „Es gibt martialische Strafen bei Nichteinhaltung“, erklärt Blessing. Das sei auch zum Problem für eine deutsche Freiwillige geworden, die sich bis vor kurzer Zeit noch in Peru befunden hat. Über Flugzeuge des Auswärtigen Amtes kam sie schließlich zurück nach Deutschland. „Der Schuldirektor ging raus und suchte nach einem Taxi, das sie zum Flughafen bringen sollte. Dabei geriet er an die Polizei„, so Blessing. Man habe ihm das Motorrad beschlagnahmt und er musste mehrere Stunden in der Sonne stehen.
Die Bevölkerung sei allerdings stolz darauf, dass hart durchgegriffen werde: „Man ist sich dort durchaus bewusst, dass es um das Gesundheitssystem schwierig bestellt ist.“ Das habe auch ohne das Coronavirus zu kämpfen.