Wie sehr es die Bräunlinger nach Veranstaltungen sehnt, konnte man an der Gemeinderatssitzung sehen. Kein anderes politisches Gremium im Städtedreieck schaffte es, nach der Corona-Sitzungspause so viele Bürger anzulocken, dass schon einmal die Sitzplätze nicht ausreichten. Ja, es waren fast mehr Zuhörer, als Gemeinderäte.

Ewald will die „Bräunlinger Festkultur„ beibehalten

„Man sieht erst einmal, wenn so etwas zwei Monate fehlt, was da verloren geht“, sagt FDP-Fraktionssprecher Armin Ewald. Damit meint er allerdings weniger die Gemeinderatssitzungen, sondern die „Bräunlinger Festkultur„, auf die er ein Plädoyer hält. „Bräunlingen hat eine gute Festkultur und wir müssen daran schaffen, dass so bleibt“, fordert Ewald. Und den Vereinen gehe aktuell vieles verloren, da müsse die Stadt doch helfen.

Der Straßenmusiksonntag : Auch wenn er dieses Jahr ausfällt, Bräunlingen soll 2021 ein tolles Fest bekommen.
Der Straßenmusiksonntag : Auch wenn er dieses Jahr ausfällt, Bräunlingen soll 2021 ein tolles Fest bekommen. | Bild: Roger Müller

Mit dieser Meinung war er dann auch bei Weitem nicht allein: Anlass für die Diskussion war der Ausfall des Straßenmusiksonntages, der immer Ende August stattfindet und definitiv unter das Großveranstaltungsverbot fällt. „Es ist schon erschütternd, dass das die Vereine so trifft. Das war mir so auch nicht bewusst“, sagt CDU-Fraktionssprecher Michael Gut. Gerade die Narrenzunft, der Fußballclub und die Stadtkapelle werden den Ausfall der Bräunlinger Traditionsveranstaltung finanziell kräftig merken. Und dass die Kilbig im Oktober im gewohnten Umfang stattfinden kann, daran wagt auch kaum ein Stadtrat noch zu glauben.

Ideen gibt es viele: Doch was funktioniert überhaupt?

Doch was tun, um die Vereine zu unterstützen?Den Straßenmusiksonntag einfach verschieben? Gar gleich einen anderen Turnus wählen? Oder 2022 parallel zum Dögginger Brunnenfest in Bräunlingen eine Großveranstaltung planen? Ideen und Gedankenspiele gab es in der Zwischenzeit viele, doch alles schien nicht praktikabel.

„Wir werden sicher kein Schwartenmagensonntag und keinen abgespeckten Straßenmusiksonntag machen.“
Matthias Reichmann

Aber in Bräunlingen im kommenden Jahr ein anderes Fest auf die Beine zu stellen – das ist mehr als denkbar, denn die Narren, Kicker und Fußballer haben sich schon unterhalten: „Wir werden sicher kein Schwartenmagensonntag und keinen abgespeckten Straßenmusiksonntag machen. Aber wenn die drei großen Vereine von Bräunlingen etwas zusammen anpacken, dann können sich die Gemeinderäte sicher sein, dass es schon etwas Rechtes wird“, sagt Narrenchef Matthias Reichmann und sein Pendant von den Musikern, Martin Hornung, fügt hinzu: „Wir wollen ein Signal setzt und sehen es auch als Chance an, etwas zusammen zu machen.“

Fahl befürchtet für 2021 eine wahre Festflut

Skeptischer ist da schon eher der SPD-Fraktionssprecher Clemens Fahl: „Die Bräunlinger Feste leben auch vom Umland und ich sehe die Problematik, dass nächstes Jahr jeder seine Veranstaltungen nachholt und wir Feste ohne Ende haben“, so Fahl. Da sei es nicht sinnvoll, irgendetwas Neues zu kreieren. Aber die Stadt könne das Geld, das sie nun nicht für den Straßenmusiksonntag ausgeben muss, einfach als Vereinsförderung verwenden, um so die Vereine „über Wasser“ zu halten.

Doch nach der feierfreien Zeit könnte die Lust auch um so größer sein

Kein Straßenmusiksonntag, keine Kilbig und sonst auch nicht viel: „Vielleicht haben auch alle wieder mehr Lust auf Feste zu gehen, wenn sie ein Jahr darben mussten“, so die Überlegung von Berthold Geyer, Fraktionssprecher der Gruppe 84, der sich persönlich ein „Fest in Bräunlingen für Bräunlinger“ wünscht und von der „Lust, nächstes Jahr wieder einmal ein richtiges Fest im Städtle“ zu machen, spricht.

„Es tut weh, wenn Veranstaltungen wie der Straßenmusiksonntag oder die Kilbig nicht stattfinden können, weil wir wirklich sehr, sehr gern festen.“
Micha Bächle, Bürgermeister

Und so wird die Stadt das Fest organisatorisch und finanziell unterstützen. Aber: „Beim Straßenmusiksonntag handelt es sich um eine städtische Veranstaltung, alles andere sind Veranstaltungen, die die Vereine ausrichten“, erklärt Bürgermeister Micha Bächle. Es wird als nicht automatisch bei jedem Fest eine Beteiligung der Stadt geben. Doch auch für alle anderen Vereine hat Bächle, dem sehr bewusst ist, wie sehr die Corona-Krise auch die Vereine trifft, eine gute Nachricht. Er hat nämlich einen Hilfsfond initiiert (siehe unten). Und ansonsten ist er auch sicher nächstes Jahr bei dem Narren-Kicker-Musiker-Fest anzutreffen: „Es tut weh, wenn Veranstaltungen wie der Straßenmusiksonntag oder die Kilbig nicht stattfinden können, weil wir wirklich sehr, sehr gern festen. Natürlich ist uns die Festkultur überaus wichtig.“

Für Bräunlinger Vereine gibt es jetzt finanzielle Unterstützung aus einem Hilfsfond

Die Corona-Krise hat ein Großteil des Vereinslebens in Bräunlingen zum Erliegen gebracht und zusätzlich fallen viele Veranstaltungen aus. Vereinsfeste und Großveranstaltungen sind für viele Vereine aber eine wichtige Einnahmequelle. Daher wurde nun auf Anregung von Bürgermeister Micha Bächle ein Hilfsfond für Vereine initiiert.

 

  • Der Hilfsfond: Gemeinsam mit der Sparkasse Schwarzwald-Baar, der Volksbank Schwarzwald-Baar-Hegau und der Bürgerstiftung sollen Vereine in dieser schwierigen Zeit finanzielle Unterstützung bekommen. Der Hilfsfond wird mit insgesamt 13.000 Euro bestückt sein. „Wir wollen in dieser schwierigen Zeit an der Seite unserer Vereine stehen“, so Bürgermeister Micha Bächle und fügt hinzu: „Ich freue mich, dass die Sparkasse Schwarzwald-Baar, die Volksbank Schwarzwald-Baar-Hegau und vor allem die Bräunlinger Bürgerstiftung das Projekt gemeinsam tragen.“
  • Die Finanzierung: Der Hilfsfond ist ein Dach. Die Auszahlung erfolgt dann direkt durch die einzelnen Partner. Der Hilfsfonds setzt sich wie folgt zusammen: 5000 Euro kommen von der Sparkasse Schwarzwald-Baar sowie der Sparkassenstiftung Donaueschingen. Die Volksbanken und Raiffeisenbanken in Baden-Württemberg haben ein Soforthilfeprogramm aufgelegt. Aus diesem Topf wird die Volksbank Schwarzwald-Baar-Hegau weitere 5000 Euro zur Verfügung stellen. Die Vereine und gemeinnützigen Institutionen sollen bei der Sicherung ihrer wirtschaftlichen Existenz und Überbrückung von akuten Liquiditätsengpässen, unter anderem für laufende Betriebskosten wie Mieten, Kredite für Räumlichkeiten, Leasingraten und Ähnliches durch eine Spende unterstützt werden.
  • Die Bürgerstiftung: „Als großes Zeichen der Verbundenheit in der Bürgerschaft freut es mich, dass sich auch die Bürgerstiftung Bräunlingen an dem Projekt beteiligt“, erläutert Bächle. Die Bürgerstiftung wird sich mit weiteren 3000 Euro beteiligen. Gelder aus diesem Topf müssen einen konkreten Bezug zur Jugendarbeit haben. „Die Bürgerstiftung beteiligt sich gerne an dem Projekt und an der Unterstützung der Vereine. Die Vereine sind ein wichtiger Eckpfeiler der Bräunlinger Gemeinschaft und machen ausgezeichnete Jugendarbeit“, so Stiftungsvorstand Jürgen Guse und der Vorsitzende des Stiftungsrates, Steffen Würth.
  • Die Bewerbung: Alle Vereine aus der Gesamtstadt können sich bis am 14. Juni bewerben. Sie wurden bereits durch die Stadt angeschrieben. Bei der Vergabe sollen mit Vorrang Vereine bedient werden, die große finanzielle Einbußen und gleichzeitig weiterlaufende Kosten haben. Auch gilt es die Vorgaben der einzelnen Partner zu berücksichtigen. Eine Förderung soll auch in Abhängigkeit von der Mitgliederzahl, laufenden Kosten des Vereins und Einnahmeausfällen durch fehlende Veranstaltungen erfolgen. Über die Auswahl der Vereine entscheiden dann die Projektpartner.