Die Leuchttürme sind erloschen: Nachdem die Stadt Bräunlingen Ende April bereits den Straßenmusiksonntag abgesagt hat, folgen jetzt die beiden anderen Leuchtturm-Veranstaltungen der Zähringerstadt: Das Rathaus und die beteiligten Vereine haben gestern bekannt gegeben, dass auch der Schwarzwald-Marathon und die traditionsreiche Kilbig, beide sollten im Oktober stattfinden, ausfallen werden, besser müssen. Alle Beteiligten bedauern diese Entscheidung, doch sei sie alternativlos.

Es macht Sinn, die identitätsstiftenden Großereignisse rund viereinhalb Monate vor ihren Terminen zu canceln. Denn jetzt haben die beteiligten Vereine, Aussteller und Teilnehmer Klarheit. Zwar sind in Baden-Württemberg im Augenblick Großveranstaltungen mit über 500 Personen nur bis Ende August verboten, doch die Ankündigung von Bund und Ländern Mitte dieser Woche, das Verbot von bestimmten Massen-Ereignissen bis Ende Oktober zu verlängern, bestätige laut Bräunlingens Bürgermeister Micha Bächle die Entscheidung, die bereits zuvor getroffen worden war. Vereine und Rathaus standen in den vergangenen Wochen und Monaten ständig im Austausch.

„Wir bedauern die Absage der beiden Traditionsveranstaltungen sehr, die Corona-Situation lässt aber keine andere Wahl zu“, sagt Bächle stellvertretend für Hartmut Müller (Heimat- und Trachtenbund), Martin Hornung (Stadtkapelle) sowie Frank Kliche und Hans-Peter Futter (Laufsportgemeinschaft Bräunlingen).

Egal ob Restaurants, Sporthallen und Tagungsräume oder auch Super- und Baumärkte: Überall, wo Menschen zusammenkommen, muss ein Hygienekonzept erstellt werden, um den Segen der Behörden zu erhalten. Doch wie sollen Abstandsregeln bei einem Volksfest wie der Kilbig umgesetzte und womöglich kontrolliert werden? Hier stehen die Besucher dicht gedrängt an den Ständen und Buden, an der Partynacht liegen sich die Menschen in den Armen und im Boxauto sitzen Jugendliche auch am liebsten zu zweit.
„Die Bräunlinger Kilbig wäre, selbst wenn die Besucherzahl wieder gelockert wird, unter den geltenden Kontakt- und Abstandsregeln nicht umzusetzen“, so Hauptamtsleiter Jürgen Bertsche. Würde die Stadt das gesamte Festgelände absperren und die Zugänge bei einer angeordneten maximalen Besucherzahl sperren, dann seien Frust und verärgerte Gäste womöglich das Ergebnis. „Und wie soll die Nachverfolgbarkeit sichergestellt werden?“, fragt Bertsche, wo am Kilbigsonntag 20.000 bis 30.000 Menschen in den Bräunlinger Straßen unterwegs sind.
In der Region sind bereits zahlreiche Großveranstaltungen Opfer des Coronavirus geworden: das Kreiserntedankfest in Hausen vor Wald, der Schätzelemarkt in Tengen oder das Donaueschinger Herbstfest und das Gregorifest.
Hartmut Müller vom Heimat- und Trachtenbund verweist auf die viele Arbeit im Vorfeld der Kilbig, die jetzt für die Katz‘ gewesen sei. Viel schlimmer seien die Auswirkungen aber in finanzieller Hinsicht, denn die Kilbig ist für die beteiligten Vereine wie den Fußballclub, die Landfrauen oder die Hexen eine wichtige Einnahmequelle. „Uns geht viel Geld verloren, wir werden‘s aber überleben“, sagt Müller. Und mit einem Großereignis könne man auch nicht ins Internet ausweichen. „Eine virtuelle Kilbig funktioniert nicht.“
Martin Hornung von der Stadtkapelle war seit Monaten klar, dass die Partynacht in der Stadthalle zum Kilbigauftakt nicht über die Bühne gehen kann: „Das tut weh“, sagt er und bezieht das nicht nur aufs Geld. Jetzt gelte es, übers Herbstkonzert im November nachzudenken. Möglicherweise wird das dieses Jahr in einem ganz neuen Rahmen stattfinden.
Groß ist die Enttäuschung auch beim Organisator des Schwarzwaldmarathons, der Laufsportgemeinschaft Bräunlingen. Über 2000 Sportler machen bei dem Laufsport-Großereignis mit, das schon 52 Auflagen erlebt hat. „Die Flyer waren schon gedruckt, die konnte ich jetzt alle in die Tonne klopfen“, erzählt Frank Kliche. Er berichtet, zunächst noch optimistisch gewesen zu sein, den Marathon durchführen zu können. Als klar war, dass es mit ihm nichts wird, habe man nach Alternativen gesucht. Und eine gefunden: Über die Homepage der Laufsportler können Interessierte an einem virtuellen Marathon teilnehmen. Kliches Laufsport-Kollege Peter Futter sagt, dass die Hygienebestimmungen dem Marathon das Genick gebrochen hätten. Auf der Strecke selbst wäre es vielleicht möglich gewesen, Abstände einzuhalten. Doch am Start? „Dann hätte die Startaufstellung bis Donaueschingen gereicht“, so Futter. Jetzt muss der Verein die Startgelder zurück überweisen. Jedenfalls bei den Läufern, die wissen, 2021 nicht dabei sein zu können.