Am späten Nachmittag gibt es schon die ersten leeren Regale. Längst ist nicht mehr das volle Sortiment an Backwaren bis kurz vor Feierabend verfügbar. Dieser Trend lässt sich vielen Bäckereien beobachten.

Einer der Bäcker, der bewusst darauf setzt, ist die Bäckerei Schmid aus Bräunlingen, deren Geschichte bis ins Jahr 1879 zurückreicht und die über die Stadtgrenzen hinaus als „Dicke Beck“ bekannt ist, was auf die Leibesfülle von Gründer August Schmid zurückzuführen ist.

Heute leitet Joachim Schmid das Familienunternehmen mit insgesamt sechs Filialen in Bräunlingen, Donaueschingen, Löffingen, Aasen und Oberbaldingen. Nachhaltigkeit, so der Geschäftsführer, sei in der Bäckerei schon immer ein wichtiges Thema. Von außen betrachtet wird das am Demeter-Siegel sichtbar, und das schon seit 30 Jahren. In der Backstube kommen Bio- und regionale Produkte zum Einsatz.

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Im Müll landet hier nichts

„Wir versuchen eigentlich schon immer, dass abends möglichst wenige Waren übrig bleiben“, erzählt Joachim Schmid. Allein aus wirtschaftlicher Sicht mache das Sinn. Eine Überproduktion, die bis zum Ladenschluss nicht verkauft wird, bedeutet letztlich weniger Gewinn und höhere Kosten, auch wenn in der Bräunlinger Backstube sowie in den Filialen letztlich kein einziges Brötchen auf dem Müll landet. „Alles was übrig bleibt wird bei uns weiter verwertet“, so der Geschäftsführer.

Es gebe in den Filialen reduziert Angebote mit Backwaren von gestern. „Oder wir produzieren Weckmehl daraus.“ Auch sei er bereit, Restwaren an Organisationen, wie zum Beispiel die Tafel abzugeben, sollte aus dieser Richtung Bedarf bestehen. Bislang sei er darauf aber noch nicht angesprochen worden.

Stefan Körber, Hauptgeschäftsführer des Bäckerinnungsverbandes Südwest, kann das nur bestätigen: „Handwerks-Bäckereien arbeiten generell nachhaltig, das liegt in der Natur der Sache.“ Die Produktion vor Ort, kurze oder keine Fahrwege, Mehl aus lokalen Mühlen, lokale Arbeitsplätze und kaum Verpackungsmüll, nennt Körber nachhaltige Aspekte des Bäckerhandwerks. Reste würden bei Tafelläden landen oder in neuen Backwaren, in Biogasanlagen oder als Tierfutter Verwendung finden. „Alles nachhaltig, nur wurde noch nie darüber gesprochen“, scherzt er. Vieles davon werde seit 100 Jahren so gemacht.

Die Bäckerei Schmid aus Bräunlingen setzt seit vielen Jahren auf regionale Rohstoffe in Bio-Qualität.
Die Bäckerei Schmid aus Bräunlingen setzt seit vielen Jahren auf regionale Rohstoffe in Bio-Qualität. | Bild: Fröhlich, Jens

Wie Daten Nachhaltigkeit fördern können

In der Öffentlichkeit habe das Thema aber erst in den vergangenen Jahren richtig Fahrt aufgenommen, ist sich Joachim Schmid. Bei Kunden habe ein Umdenken eingesetzt und die Erwartungshaltung auf volle Regale zu jeder Tageszeit sei etwas zurückgegangen. „Aber das ist ein langsamer Prozess.“

Noch immer sei auch nachmittags noch eine gewisse Auswahl erwünscht. Das bestätigt auch Verkäuferin Irmgard Hepting in der Donaueschinger Filiale. Sie steht hinter dem Konzept. Enttäuschten Kunden erklärt sie gerne die Gründe. „Und wenn man auf Nummer sicher gehen möchte, kann man eine Bestellung aufgeben.“

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Was helfe, Nachhaltigkeit und Wirtschaftlichkeit weiter auszubauen, ohne dabei Kunden zu vergrämen, seien neue, moderne Kassensysteme, erklärt Schmid. Mit den daraus gewonnen Daten lasse sich der Warenbedarf in einzelnen Filialen gut ablesen und vorhersagen.

Stefan Körber weiß, dass eine Reduktion des Angebots vor allem bei Randsortimenten ohne wirtschaftlichen Schaden möglich sei.

Wertschätzung gegenüber Lebensmitteln

Irmgard Hepting berichtet, dass sich die Regale meist so ab 16 Uhr leeren würden. Erste Lücken sind auch schon etwas früher möglich. Kein Problem damit hat Kundin Ingeborg Weidemann aus Donaueschingen. Sie nennt das „nachhaltig und Wertschätzung gegenüber Lebensmitteln“.

Sie ist aus Überzeugung Kundin hier, schätzt Qualität und Regionalität. Auch ein Beitrag zur Weltgerechtigkeit sieht sie in ihrem Einkauf, angesichts des Wohlstandes hier und der Armut in anderen Ländern. „Das unterstütze ich.“

15.20 Uhr: Kundin Irmgard Hepting bestellt das letzte Dinkel-Walnuss-Volkornbrot. Das Regal wird an diesem Tag nicht mehr aufgefüllt. ...
15.20 Uhr: Kundin Irmgard Hepting bestellt das letzte Dinkel-Walnuss-Volkornbrot. Das Regal wird an diesem Tag nicht mehr aufgefüllt. Das sei nachhaltig, wie sie findet. | Bild: Fröhlich, Jens
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