Hanna Mayer

Wohin mit dem Verkehr? Eine Frage, die die Gemeinde Brigachtal seit Jahrzehnten umtreibt. Wie kann der Verkehr durch die Ortsmitte reduziert werden? Eine neue Kreis- oder Landesstraße soll die Lösung sein. Wie diese jedoch konkret aussehen soll, ist unklar. Eine große Ortsumfahrung ist seit 2016 im Gespräch. Dabei handelt es sich um eine umgeleitete Landesstraße, die veranschlagten Kosten liegen bei etwa 44 Millionen Euro. Diese Lösung sei, so Bürgermeister Michael Schmitt, allerdings „in den Hintergrund geraten.“

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Der Grund: Der Generalverkehrsplan des Landes sei voll, die Wahrscheinlichkeit, dass sich das bald ändern würde, gering. „Wir können nicht 20 oder 30 Jahre warten“, sagt Schmitt. Der neue Ansatz ist die sogenannte Ostanbindung. Erste Entwürfe, wie die Straße aussehen könnte, gibt es. Entschieden ist noch nichts. Bürgermeister Michael Schmitt und Hauptamtsleiter Martin Weißhaar haben mit dem SÜDKURIER über die Ideen und den aktuellen Stand gesprochen.

Warum eine Anbindungsstraße?

Angedacht ist eine Anbindungsstraße vom Ortsteil Klengen an die Kreisstraße K 5734 (Schaffhauser Straße) – die Ostanbindung. Ziel der Straße sei es, so Schmitt, sowohl Brigachtal als auch Marbach vom Verkehr zu entlasten. 4000 bis 5000 Fahrzeuge sollen täglich über die neue Straße abgeleitet werden. Ein weiterer Grund für die Ostanbindung sei die Tatsache, dass Brigachtal ohnehin nach Osten hin ausgedehnt werden soll. „Wenn die Gemeinde sich noch entwickeln kann oder soll, muss sie sich nach Osten hin entwickeln“, sagt Schmitt. So ist das Gewerbegebiet Kreuzäcker im Osten von Klengen geplant, potenzielle Wohnflächen befinden sich ebenfalls nördlich des Gewerbegebiets. Als dritten Grund für eine Ostanbindung nennt Schmitt den Schwerlastverkehr, der vom Steinbruch ausgehe und künftig über die neue Straße – und somit ohne Ortsbelastung – abgeleitet werden könne.

Bürgermeister Michael Schmitt auf dem Kirchdorfer Sportplatz. Hier soll das Gewerbegebiet Kreuzäcker entstehen.
Bürgermeister Michael Schmitt auf dem Kirchdorfer Sportplatz. Hier soll das Gewerbegebiet Kreuzäcker entstehen. | Bild: Hanna Mayer

Wie soll die Straße aussehen?

Starten soll die Anbindung am Bärenkreisel, weiter zwischen Steinbruch und geplantem Gewerbegebiet Kreuzäcker führen, sich dann entlang der Hilbengasse erstrecken und schließlich nahe der Römergasse auf die Kreisstraße münden. Wo und wie genau die Straße auf die K 5734 treffen wird, dazu gibt es momentan drei Varianten (unsere Grafik). Welche davon schlussendlich umgesetzt werden könnte, ist von mehreren Faktoren abhängig: Die Beschaffenheit der Böden, der Naturschutz oder die Flurneuordnung sind einige davon. „Die genaue Straßenführung muss noch erarbeitet werden“, betont Schmitt. Er selbst bevorzuge die erste Variante (in der Grafik rot), da diese die kürzeste Strecke darstelle und gleichzeitig entlang der Feldwege verlaufe. Dadurch würden möglichst wenig Felder durchschnitten werden. Dass bei dem Bau der neuen Straße auf jeden Fall Felder zerschnitten oder angeschnitten werden, steht fest. Sowohl auf der Brigachtaler als auch auf der Marbacher Gemarkung muss die neue Straße über bestehende Felder führen.

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Die Ostanbindungsstraße wird, so Martin Weißhaar, etwa 3,5 Kilometer lang werden. Die Breite der Straße werde mindestens elf Meter betragen, dabei wird die tatsächliche Fahrbahn etwa acht Meter breit sein. Eine Tonnagebeschränkung sei, so Schmitt, nicht angedacht. Mit welcher Geschwindigkeit Fahrzeuge auf der Straße fahren dürften ist für Weißhaar noch „planerische Zukunft“. Insgesamt werde die Straße eine Fläche von vier bis fünf Hektar beanspruchen, so Weißhaar. Die geschätzten Kosten liegen zwischen sieben und zehn Millionen Euro, so Schmitt. Welcher Anteil davon auf die Gemeinde Brigachtal entfalle, könne noch nicht beantwortet werden.

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Was bedeutet die Straße für die Ortsteile?

„Nicht alle werden Gewinner sein“ sagt der Bürgermeister. „Wir versuchen, viele mitzunehmen, alle erreichen wir nicht.“ Für den Ortsteil Klengen wird die Verkehrsbelastung etwa gleich bleiben, so Weißhaar. Eine Mehrbelastung von Fahrzeugen treffe Überauchen. Mit 900 bis 1200 Fahrzeugen mehr pro Tag müsse der Teilort rechnen. Von der Straße profitieren würden sowohl Kirchdorf mit bis zu 2800 weniger Fahrzeugen täglich und Marbach mit bis zu 3900 Fahrzeugen weniger. Die Zahlen seien deshalb variabel, da das künftige Verkehrsaufkommen stark davon abhinge, ob und in welchem Maß die jetzige Kreisstraße K 5734 (Schaffhauser Straße) zurückgebaut werden soll. Sollte die Kreisstraße komplett zurückgebaut werden, würde Marbach um 8800 Fahrzeuge entlastet werden. Diese Entscheidung wird der künftige Straßenbaulastträger in Abstimmung mit allen Beteiligten zu treffen haben. „Aus ökologischer Sicht ist ein Rückbau sinnvoll“, findet Martin Weißhaar.

Für Aufregung in Brigachtal sorgt das geplante Gewerbegebiet Kreuzäcker mitsamt der Ostanbindung. Auf die Online-Petition der IG ...
Für Aufregung in Brigachtal sorgt das geplante Gewerbegebiet Kreuzäcker mitsamt der Ostanbindung. Auf die Online-Petition der IG Kreuzäcker kam jetzt eine Antwort – allerdings nicht von allen Gemeinderäten. | Bild: Hans-Jürgen Götz

Wie geht es nun weiter?

All das sind Entwürfe und Überlegungen. Die Frage, die vorab geklärt werden muss, ist: Wird Kreis oder Land für die neue Straße zuständig sein? Wird es also eine Kreis- oder eine Landesstraße geben? Erst dann sind konkretere Planungen möglich. Dass die geplante Straße nicht in die Zuständigkeit der Gemeinde fällt, liegt an dem geschätzten Verkehrsaufkommen auf der angedachten Straße. Werden 2400 Fahrzeuge überschritten, ist mindestens der Kreis, möglicherweise auch das Land als sogenannter Straßenbaulastträger zuständig. Demnächst soll es Gespräche mit Kreis und Land geben. Das Projekt soll in diesem Jahr in den zuständigen Gremien besprochen und gegen Mitte oder Ende des Jahres damit an die Öffentlichkeit gegangen werden, sagt Schmitt. Sein Wunsch wäre es, sowohl die Straße als auch das Gewerbegebiet Kreuzäcker innerhalb der nächsten fünf Jahre fertigzustellen.

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Was hat das Gewerbegebiet damit zu tun?

Die Erschließung des Gewerbegebiets ist verbunden mit der Anbindung an die Kreisstraße. Dort, wo sich jetzt das Sportplatzgelände des FC Kirchdorf befindet, soll in den nächsten Jahren das Gewerbegebiet Kreuzäcker auf etwa zehn Hektar Fläche entstehen. Das Gebiet sei für heimische Betriebe gedacht, sagt Schmitt. Interessenten gebe es bereits, der Bedarf sei da. „Brigachtal hat bisher keine Gewerbeflächen entwickelt“, so Weißhaar. Ein „Mix aus Wohnen und Arbeiten“ sei für eine Gemeinde wichtig. Dass das Wohngebiet nördlich des Gewerbegebiets weiterhin attraktiv bleiben soll, liege im Interesse der Gemeinde. Schließlich sollen dort in Zukunft weitere Wohnflächen entwickelt werden.