Gut einen Kilometer stromaufwärts vom „Schwarzen Buben“ steht an der Breg ein Holzhaus im alpenländischen Stil. Man könnte es in anderer Umgebung für ein Ferienhäuschen halten. Aber das Dröhnen, das vor dem Gebäude zu hören ist, deutet auf einen Zweckbau. Ernst Zwick mag dieses Maschinengeräusch. Denn es zeigt ihm, dass die Francis-Turbine ihre Arbeit macht.

Zwölf Tonnen wiegt diese Schachturbine. Ernst Zwick hat sie in Österreich erworben, auseinandergebaut und an der Breg wieder zusammengebaut.
Zwölf Tonnen wiegt diese Schachturbine. Ernst Zwick hat sie in Österreich erworben, auseinandergebaut und an der Breg wieder zusammengebaut. | Bild: Wursthorn, Jens

Seit 25 Jahren erzeugt Zwick mit dem Wasser der Breg Energie. 32 Millionen Kilowattstunden Strom konnte er bisher ins Netz des Anbieters Energiedienst einspeisen. Das entspricht pro Jahr dem Energiebedarf von 500 Vier-Personen-Haushalten.

Ein Zweckbau mit Gäsehaus-Charakter: Das Turbinenhaus an der Breg zeigt, aus welchem Handwerk der Wassermüller Ernst Zwick kommt.
Ein Zweckbau mit Gäsehaus-Charakter: Das Turbinenhaus an der Breg zeigt, aus welchem Handwerk der Wassermüller Ernst Zwick kommt. | Bild: Wursthorn, Jens

Doch noch älter ist die Geschichte dieser Energie-Pionierleistung und hätte es im November 1994 nicht einen glücklichen Zufall gegeben, wäre sie schon vor dem Anfang beendet gewesen. „Auf der Motorhaube des Bankberaters habe ich die Hochwasserversicherung unterschrieben“, zeigt Zwick auf die Stelle, wo das Auto stand. Eine Abwägung zuvor, ein Aufatmen danach.

Ernst Zwick fettet das Halslager der zwölf Tonnen schweren Turbine.
Ernst Zwick fettet das Halslager der zwölf Tonnen schweren Turbine. | Bild: Wursthorn, Jens

Denn zwei Monate war Zwick dabei, die im Durchmesser 2,5 Meter starken Holzrohre zu verlegen, die zwischen dem Einlauf, 700 Meter flussaufwärts, und den Turbinen das der Breg entnommene Wasser führen. Die Rohre waren noch nicht vom Erdreich abgedeckt, als ein massives Hochwasser die Rohre bersten ließ. Ungerechnet rund 260.000 Euro Schaden hinterließ die Kraft des Wassers; „Ohne die Police hätte ich das nicht verkraftet“, sagt Zwick.

Der Schaltschrank umfasst fast das gesamte Kopfende des Turbinenhauses.
Der Schaltschrank umfasst fast das gesamte Kopfende des Turbinenhauses. | Bild: Wursthorn, Jens

Eigentlich wäre der 63-Jährige mit seiner in Wolterdingen ansässigen Holzbau-Firma ausgelastet genug. Doch mit dem Wasserkraftwerk hat er sich einen Kindheitstraum erfüllt. Schon als kleinen Bub haben ihn die Wasserräder zweier Wolterdinger Sägwerke interessiert. „Denen habe ich zugeschaut, wenn ich Sägemehl holen musste für die Rindviecher“, erinnert er sich an die Zeit, als die Familie noch eine Landwirtschaft umtrieb.

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1987 legte er erste Planungen vor, die Genehmigung erfolgte 1992. Der Widerstand sei damals groß gewesen gegen regenerative Energieerzeugung, sagt er, und sieht die Windkraftinvestoren heutiger Tage in einer ähnlichen Situation. Von den Behörden kam eine eher zähe Begleitung und der Kanusportverband habe das Vorhaben gar als eine tödliche Gefahr für Menschen gegeißelt.

Er hat es gebaut. Vor 25 Jahren ging nach mehrjähriger Planungs- und Bauzeit das Wasserkrafwerk von Ernst Zwick in Betrieb.
Er hat es gebaut. Vor 25 Jahren ging nach mehrjähriger Planungs- und Bauzeit das Wasserkrafwerk von Ernst Zwick in Betrieb. | Bild: Wursthorn, Jens

Und Ernst Zwick? Der hat 1992 einfach mal angefangen: „Ganz allein war ich, später mit einem Maurer und einem Hilfsarbeiter. Zwei Jahre wurde gebaut, 2000 Kubikmeter Beton und 100 Tonnen Baustahl stecken im Einlauf und im Turbinenhaus. Harte Arbeit war das, von der Familienzeit und dem Hauptgeschäft abgespart. „Vielmals waren wir da bis nachts um zwei Uhr beschäftigt“.

Das verkleinerte Modell einer Holzleitung liegt schon seit Jahren vor dem Turbinenhaus und löst sich langsam auf.
Das verkleinerte Modell einer Holzleitung liegt schon seit Jahren vor dem Turbinenhaus und löst sich langsam auf. | Bild: Wursthorn, Jens

Der Bau der Rohrleitung barg böse Überraschungen. Neben der Zerstörungskraft des Hochwassers entpuppte sich Felsen in der Trasse als Hindernis. Die Leitung in den Fels zu sprengen, bedeutete Mehrkosten, Mehrarbeit und zeitlichen Verzug. „Die Probeschürfungen zeigten keine Felsen.

Er hat es gebaut. Vor 25 Jahren ging nach mehrjähriger Planungs- und Bauzeit das Wasserkrafwerk von Ernst Zwick in Betrieb.
Er hat es gebaut. Vor 25 Jahren ging nach mehrjähriger Planungs- und Bauzeit das Wasserkrafwerk von Ernst Zwick in Betrieb. | Bild: Wursthorn, Jens

Die begannen zehn Meter weiter entfernt“, kann Zwick heute darüber lachen. Auch über die „Neider“ von damals, die maulten, der Baustil des Turbinenhauses passe nicht in den Schwarzwald. Heute sieht man in der Gegend viele Block- und Holzstammhäuser. Viele von Zwick gebaut.

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Das Turbinenhaus beeindruckt innen mit Turbinenlärm und enormer Raumhöhe. „Die brauche ich, wenn an der Francis-Turbine eine Revision ansteht“, sagt Zwick, während er das Halslager der Turbine mit Fett einpinselt. Bei der Revision wird das Getriebe ausgebaut und die 3,50 Meter lange Getriebewelle unters Dach gezogen. Zwölf Tonnen wiegt diese Schachtturbine, die sich Zwick in Österreich besorgt hat: selbst zerlegt in Einzelteile und per Spedition ins Bregtal transportiert.

Blick in den Keller des Turbinenhauses. Die kleinere Turbine läuft derzeit nicht.
Blick in den Keller des Turbinenhauses. Die kleinere Turbine läuft derzeit nicht. | Bild: Wursthorn, Jens

Nicht in Betrieb ist gerade die deutlich kleinere Rohrturbine der Firma Kappler, die eine Treppe tiefer aufgestellt ist. „Zu wenig Wasser“, sagt Zwick und zeigt auf eine der Anzeigentafeln am Kopfende des Turbinenhauses. 180 Kilowatt produziert die Anlage gerade. Wenig, aber mehr als noch vor drei Wochen. Fünf Monate, vom 8. April bis zum 28. September, stand Zwicks Anlage still, die Breg führte zu wenig Wasser.

Diese Holzbrücke verbindet die beiden Seiten des Einlaufgeländes von Ernst Zwicks Wasserkraftwerk.
Diese Holzbrücke verbindet die beiden Seiten des Einlaufgeländes von Ernst Zwicks Wasserkraftwerk. | Bild: Wursthorn, Jens

Momentan, Mitte Oktober, reicht der Durchfluss für die Energiegewinnung und den Lebensraum Fluss. Das zeigt sich beim Einlauf oberhalb des Wasserkraftwerks. In direkter Nachbarschaft zur Landesstraße hat Zwick dem Fluss eine Barriere entgegen gestellt. Linkerhand regelt die absenkbare, 2,50 Meter hohe Stellfalle den Zufluss in die Rohre, rechts führt das rund 50 Meter lange Umgehungsgerinne, eine Aufstiegshilfe für Fische und Kleinlebewesen, an der Anlage vorbei.

Massives Metall und Kraft braucht es, um die Stellfalle beim Einlauf des Wasserkraftwerks zu bewegen.
Massives Metall und Kraft braucht es, um die Stellfalle beim Einlauf des Wasserkraftwerks zu bewegen. | Bild: Wursthorn, Jens

Mindestens 500 Liter pro Sekunde müssen über diese Fischtreppe fließen. Bis zu 8000 Litersekunden kann Zwick durch seine Anlage schicken. Momentan betrage die Kapazität ein Drittel.

Halbe Stunde Wartung pro Tag

Nicht allzu wartungsintensiv seien die Anlagen, sagt der Holz- und Energiehandwerker, der seit 2012 im Bereich des Hochwasserdamms ein zweites, kleineres Kraftwerk betreibt. „Vielleicht eine halbe Stunde pro Tag übers Jahr“, schätzt Zwick. Zugenommen habe aber die Arbeit der Rechenreinigungsmaschine. „Wie Mikadostäbe“ lägen Äste und Bäume vor dem Einlauf, Tätigkeitsnachweise der Biber flussaufwärts.

Nicht einfach nur eine Flussquerung: Ernst Zwicks überdachte schmale Brücke ist ein Schmuckstück
Nicht einfach nur eine Flussquerung: Ernst Zwicks überdachte schmale Brücke ist ein Schmuckstück | Bild: Wursthorn, Jens

Den nachtaktiven Nagern sieht es Zwick nach, dass er manchen Ast von Hand aus dem Wasser fischen muss. „Die haben ja auch ihre Daseinsberechtigung“ sagt er und geht über die markante Holzbrücke zurück zum Auto. Die Brücke ermöglicht es, auch straßenseitig zu arbeiten. Unnötig zu erwähnen, dass auch sie ein Werk von Ernst Zwick ist.