Drei Familien, drei Blickwinkel: Seit zwei Wochen läuft der Unterricht zuhause, die ersten Erfahrungen liegen vor. Und diese beziehen sich nicht allein auf das Lernen. Bei den Waizenhöfers in Donaueschingen geht die 15-jährige Melissa in die 10. Klasse der Eichendorffschule, der neunjährige Oliver besucht die Klasse 4 der Erich-Kästner-Schule. Übergangsschuljahre, weiß auch Mutter Natascha. Ihre Kinder lernen recht eigenständig, mal in ihren Zimmern, mal zusammen im Wohnzimmer.

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Bei den sprachlichen Fächern fehle den Kindern der mündliche Unterricht, die Unterhaltungen in der Klasse als Übung. Da muss sie in Deutsch bei Oliver und in Englisch bei Melissa unterstützen. Generell, so meint die Mutter lerne sie aus dem Pensum hier und da auch was dazu. Bücher und Hefte haben ihre Kinder aus der Schule mitgenommen da fehle nichts.

Oliver muss seine Aufgaben jede Woche abgeben und bekommt Noten. Da die Familie einen Scanner hat, können die Hausarbeiten elektronisch übermittelt werden. Melissa lernt selbstständig, vermisst aber in der Prüfungsvorbereitung den direkten Kontakt zu ihren Lehrern: Telefon und E-Mail seien eben nicht dasselbe.

Eine halbe Stunde Turnen

Bei den Türschmanns wird jeden Morgen eine halbe Stunde geturnt. „Wir holen uns dazu die Kinder-Sportstunde von Alba Berlin“, sagt Mutter Eske. So gegen 11 Uhr kommen die zehnjährige Femke, Viertklässlerin an der Eichendorffschule, und die siebenjährige Namke, die die Christy-Brown-Schule besucht, vom Lernen weg. „Wie bei der großen Pause“, sagt die Mutter, die auf eine feste Tagesstruktur wert legt.

Neben den Schularbeiten braucht es auch Ablenkung. Mit ihren Mädchen geht sie jeden Tag raus, über WhatsApp-Gruppen bekommt die Mutter reichlich Freizeit-Beschäftigungstipps. „Beim Fensterkonzert haben wir dank der Nachricht in der Schul-Gruppe auch mitgemacht“, sagt sie. Über das Ministranten-Netz hat die Familie Ideen für Osterschmuck bekommen.

Wieder handgeschriebene Briefe

„Ihre Freunde vermissen sie schon, auch wenn sie noch nicht klagen“, weiß die Mutter, die als Lehrerin an der Gewerbeschule selbst in Kontakt mit ihren Schülern steht und so eine Doppelrolle ausfüllt. Doch nicht nur Not, sondern auch Sehnsucht macht erfinderisch. „Femke hat angefangen, Briefe an ihre Freundinnen zu schreiben, die sie ihnen in den Briefkasten steckt“, lächelt ihre Mutter.

Bei den Schmidts in Wolterdingen macht Vater Magnus derzeit Homeoffice und ist deshalb morgens zu Hause und damit in der Lernphase für die Zwillinge Marlene und Julian Ansprechpartner. Mutter Yvonne geht vormittags arbeiten und übernimmt dann nach dem Mittagessen die Betreuung der Kinder. Die Kinder können im großen Garten spielen, gehen auf Spaziergänge oder nutzen das Mitmach-Sportangebot im Internet.

In der Kombiklasse lernen sie Selbstständigkeit

„Die machen das sehr selbstständig“, lobt die Mutter ihre achtjährigen Zweitklässler, wie sie sich beim Homeschooling anstellen. Julian und Marlene besuchen die Grundschule in Wolterdingen. Das Arbeiten ohne jemanden, der ständig aufs Schulheft schaut, sei ihnen aus ihrer Kombiklasse vertraut. Dort kümmert sich erfahrungsgemäß die Lehrkraft stärker um die Erstklässler.

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Mit Unterrichtsstoff seien die Kinder gut versorgt, auch so manche Bastelidee lockert die E-Mail-Sendungen auf.“ Yvonne Schmidt kann der unterrichtsfreien Zeit auch etwas positives abgewinnen. Diese Wochen erlauben es, mehr Zeit mit den Kindern zu verbringen.“ Zusätzliche Familienzeit also, die bei den Schmidts dank Arbeitsteilung auch so empfunden werden kann. Und dennoch wäre es gut, wenn der Unterricht nach den Ferien normal weiterginge. „Sie vermissen ihre Freunde und Lehrer stark“, weißt die Mutter.

Neuer Blick auf Lehrertätigkeit

„Das ist eine besondere Situation. Aber alle geben ihr Bestes, Familien und Schulen“, bewertet die Gesamtelternbeiratsvorsitzende Regina Vogelbacher die ersten Wochen Unterricht zu Hause. Vielleicht verschaffe die ungewohnte Hauslehrerrolle den Eltern einen neuen Blick auf das was die Lehrer ihrer Kinder im Normalbetrieb tagtäglich leisten.

Zudem berge der Unterricht daheim auch Entwicklungsschritte, die ohne diese Corona-Bildungsmaßnahmen vermutlich nicht so schnell gekommen wären: das selbstständige Lernen ebenso wie der Umgang mit digitalen Medien.