In gut 40 Jahren Schuldienst hat Franz Dury so etwas noch nicht erlebt: Drei Wochen unterrichtsfreie Zeit: ziemlich plötzlich angeordnet und weit über die eine Woche Schulschließung herausgehend, die der Leiter der Lucian-Reich-Schule damals beim Hochwasser in Bräunlingen erlebt hat.
Dienstpflicht für Lehrer
Seine Betonung liegt auf der „unterrichtsfreien Zeit“, denn Ferien winken den 610 Kindern und Jugendlichen, die die Hüfinger Gemeinschaftsschule besuchen keineswegs. Es herrscht Dienstpflicht für die rund 60 Lehrkräfte und die Schüler müssen zuhause Aufgaben lösen.
Für diese Situation habe man sich ganz gut vorbereiten können, räumt Dury ein. Das beginnt mit den Arbeitsmaterialien. Kopien kommen in Verwendung, aber auch Aufgaben aus dem Internet. Und damit die Schüler nicht vor einem Riesenberg stehen, haben die Lehrer das Pensum in wochenweise Abgabefristen portioniert. Die Ergebnisse der häuslichen Arbeit werden jeweils am Ende der Woche zur Korrektur an den Lehrer geschickt.
Aufgaben in der Schul-Cloud
Thematisch ließen sich viele Fächer abbilden, meint Dury. Vielleicht mit der Ausnahme Technik. Zugang zu den Aufgaben bietet eine Schulcloud. Wer zuhause kein Internet hat, wird mit Anweisungen auf Papier ausgestattet oder bekommt sie eventuell von Klassenkameraden über WhatsApp aufs Smartphone.
Vermutlich wird sich nicht vor Mittwoch klären lassen, wie viele Notgruppen in der Lucian-Reich-Schule gegründet werden. Das sind Betreuungslösungen in der Schule, die Eltern in krisenrelevanten Berufsfeldern und Alleinerziehenden offen stehen werden. Eltern müssen nachweisen, dass sie die Kriterien erfüllen.
Die Betreuung erfolgt in der ersten Schulstunde durch die Erzieherinnen der Ganztagsbetreuung und von der zweiten bis zur fünften Stunde abwechselnd durch die Lehrkräfte. Von 13 bis 16.30 Uhr wirken wieder die Betreuerinnen der Ganztagsschule.
Dazu auch kreative Aufgaben
Gewohntes Unterrichtsmaterial haben die Kinder der Schellenberger Schule mit nach Hause bekommen. „Dazu auch ein paar kreative Aufgaben“, sagt Rektorin Monika Wiederholl. Wichtig sei bei der häuslichen Arbeit, dass die gewohnte Tagesstruktur, also das Lernen am Vormittag, eingehalten wird. Weil sich die sechs Lehrkräfte schon am Freitag um die dreiwöchige Beschäftigung der Kinder gekümmert haben, sei man nun gut vorbereitet. Zusätzlich können die Grundschüler auf zwei Onlineprogramme zugreifen.
Bisher nur ganz wenige Anmeldungen für eine Notgruppe hat derzeit Martina Losch vorliegen. Die Leiterin der Grundschule Bräunlingen geht davon aus, dass die Klärung mit dem Arbeitgeber etwas mehr Zeit erfordert.
Auch an der Grundschule Bräunlingen gilt eine Dienstpflicht für die Lehrkräfte, die sich vormittags um die Kinder der Notgruppe kümmern. Den frühen Morgen und die Zeit ab Mittag übernimmt die städtische Betreuung.
Lehrer haben AGs gegründet
„Ich bin sehr froh, dass wir schon am vergangenen Dienstagnachmittag die notwendigen Vorbereitungen treffen konnten“, sagt die Schulleiterin. Um die Aufgaben vorzubereiten und Themen und Materialen aufzusetzen, haben die Lehrkräfte AGs gegründet. Sie sollen im Regelfall zuhause arbeiten und haben sich mit einem Tagebuch eine Art Selbstverpflichtung auferlegt. „Zudem werden wir uns auch direkt treffen“, so die Schulleiterin: eben so oft wie es für das zwölfköpfige Kollegium sinnvoll sei.

Die Kinder wiederum wurden mit großen Paketen ausgestattet: Arbeitsblätter, Papiervorlagen und mündlich aufgetragene Aufgaben. „In der Grundschule ist die Vernetzung noch nicht so, dass man mit Internetplattformen arbeiten könnte“, meint Losch. Den Kindern sei das Prinzip von wöchentlichen Planungen aus dem regulären Unterricht heraus jedoch vertraut.
In Döggingen wurden die Klassen 1 und 2 sowie die Klassen 3 und 4 mit Arbeitsmappen und Anleitungen ausgestattet. Teilweise sind das Übungen mit bekanntem Stoff, teilweise aber auch neue Themenfelder, sagt die Leiterin der Gauchachschule, Christine Bär. Bei Unklarheiten haben Kinder wie Eltern die Mailadressen der Lehrkräfte zur Verfügung.
Wer darf und wo: So funktionieren die Betreuungs-Notgruppen
- Die Zahlen: In Hüfingen und Bräunlingen sind nach Prüfung der eingereichten Anträge Notgruppen eingerichtet. Standorte in Hüfingen sind die Lucian-Reich-Schule und die Kindertagesstätten St. Verena und Luise-Scheppler. Laut Hauptamtsleiter Horst Vetter waren am Dienstag insgesamt acht Kinder in Notgruppen zu betreuen. Auch in Bräunlingen hält sich die Zahl gegenwärtig noch in Grenzen, sagte gestern Hauptamtsleiter Jürgen Bertsche. In der Grundschule werden drei Kinder betreut, im städtischen Kiga und der Krippe vier Kinder und vier Kinder aus den Kigas Döggingen und Bräunlingen werden im Kiga Bräunlingen betreut.
- Die Kriterien: Notfallbetreuungen für Grundschüler und Schüler der Klassenstufen 5 und 6 sind erforderlich, um in den Bereichen der kritischen lnfrastruktur die Arbeitsfähigkeit der Erziehungsberechtigten, die sich andernfalls um ihre Kinder kümmern müssten, aufrecht zu erhalten.
- Die Definition: Zur kritischen Infrastruktur zählen insbesondere die Gesundheitsversorgung mit dem medizinischen und pflegerisches Personal und den Herstellern von für die Versorgung notwendigen Medizinprodukten. Weiter folgen die öffentliche Sicherheit und Ordnung einschließlich Feuerwehr, Rettungsdienst und Katastrophenschutz sowie die Gewährleistung der öffentlichen lnfrastruktur mit Telekommunikation, Energie, Wasser, ÖPNV nd Entsorgung sowie die Lebensmittelbranche. Grundvoraussetzung ist dabei, dass beide Erziehungsberechtigte, bei Alleinerziehenden der oder die Alleinerziehende, in der kritischen lnfrastruktur tätig sind.