Rund 10 000 Besucher aus Deutschland, zehn weiteren europäischen Ländern sowie aus Übersee erlebten von Donnerstag bis Sonntag bei den Donaueschinger Musiktagen 27 Uraufführungen und Klanginstallationen. Zum Abschluss des Festivals sagte Rathauschef Erik Pauly beim Pressegespräch: "Sie sehen einen glücklichen Oberbürgermeister!"
In der von SWR-Mitarbeiter Oliver Kopitzke moderierten Runde zur Bewertung des Festivals kamen vier fachlich profilierte Persönlichkeiten zu Wort: der Künstlerische Leiter des Festivals Björn Gottstein, die Komponistin Isabel Mundry, der Schlagzeuger Jochen Schorer aus dem SWR-Symphonieorchester sowie der stellvertretende Leiter des Experimentalstudios des SWR Joachim Haas.
Gottstein, der zunächst bis 2021 im Amt sein wird, zog als ein erstes Fazit: "Es sind sehr wilde Stücke aufgeführt worden, das hat mich gefreut." Eine ganze Reihe der Werke hatte ungeplant einen politischen Bezug. Abgesehen von diesem Aspekt sind nach Meinung des Intendanten bei den Musiktagen Dinge zu erleben gewesen, die "staunen oder auch ratlos machen, aber nur im Klang erlebbar sind".
Der Amoklauf eines deutsch-iranischen Schülers im Jahr 2016 in München sowie das nicht vorhersehbare nachbarschaftliche Zusammenleben mit Flüchtlingen haben Isabel Mundry zu zwei Kompositionen veranlasst, die sie nicht als Idee ausgeführt hat, sondern die ihr quasi entgegengeschlagen sind. Sie sprach von einem "Schock des Akustischen".
Zum 20. Mal wirkte er als Schlagzeuger bei den Musiktagen mit: Jochen Schorer. Für ihn ist Neue Musik zwar nie Routine, doch hatte er dieses Jahr den für Außenstehende kuriosen Eindruck, "die Komponisten wollten uns Musiker schonen".
Ein wenig in die Zukunft schaute der Musikinformatiker und Klangregisseur Joachim Haas. Er und Kollegen arbeiten an Hybridanordnungen für neue Klänge unter Einsatz von betagten Synthesizern und modernster elektronischer Technik.
Erstklassige Qualität, Bravorufe und und ein "nervöser Tick"
Ein kurzer Rückblick auf drei der Programmangebote verdeutlicht, warum die Musiktage eine so große Anziehungskraft hatten:
- Eröffnungskonzert: Gleich der Start in die Uraufführung von rund zwei Dutzend Kompositionen hatte erstklassige Qualität. Bei einem flirrenden Konzertstück für großes Orchester und Bassetthorn des Italieners Ivan Fedele glänzte der Solist Michele Marelli mit einer brillanten Interpretation. Die ersten Bravorufe im ausverkauften Mozart-Saal erntete die schwedische Komponistin Malin Bang für eine kompositorische Arbeit, die sich als "Splitter einer aufwallenden Rebellion" gegen politische, ökonomische und gesellschaftliche Zustände versteht.
- Klangkunst: Fantasievoll und variantenreich waren die fünf Installationen samt einzelner Performances. Die Performance der Taiwanesin Liping Ting zum Beispiel forderte im Rahmen ihrer Installation aus Papier, Steinen und Klängen in der Alten Molkerei ein beträchtliches Konzentrationsvermögen. Der Ägypter Magdi Mostafa verblüffte in der Feurstein-Turnhalle mit seinem "nervösen Tick". Dessen Geräuschkulisse entsteht aus der hektischen Betätigung der Druckknöpfe von drei Kulis.
- Musikmesse: Für viele Profis ist sie alljährlich ein Muss, für neugierige Amateure eine Fundgrube, was die ganze Bandbreite der Musik als Kunstgattung angeht. Die Rede ist von der traditionellen Messe in den Donauhallen, die den schlichten Titel "Noten – Bücher – CDs" trägt. Der Verleger Peter Mischung koordinierte dafür gleich 20 Aussteller von Rang und Namen. Er sagte mit vollem Recht: "Dies ist die umfangreichste Präsentation von Materialien zur Gegenwartsmusik in Deutschland. "Es scheint an der Zeit, die kompakte Schau in das offizielle Programm der Musiktage mit aufzunehmen.