Dem wohl spektakulärsten Ausstellungsstück in der Jahresschau des Museums Art Plus – „Vollgas – Full Speed“ – war nur eine ganz kurze Erfolgsgeschichte gegönnt: dem Schnitzer-BMW M1 Turbo. Er war 1981 neben dem Porsche 935 der stärkste Rennwagen in der Deutschen Automobil-Rennsport-Meisterschaft. Auf einem mit Aluminium und Flugzeugstahl modifizierten Chassis wurde eine Kevlar-Karosserie montiert. Anpressdruck war essentielll wichtig, um die knapp 1000 PS Trainingsleistung auf die Straße zu bringen. Siege von H.-J. Stuck auf dem Nürburgring und in Salzburg blieben Einzelerfolge, weil der Porsche die gleiche Leistung bei geringerem Fahrzeuggewicht bot.

Klaus Graf durfte auch am Steuer dieses hochgezüchteten Boliden Platz nehmen. Nach dessen Restaurierung durch langjährige Schnitzer-Mechaniker legte er mit dem M1 einige Runden auf dem Salzburgring zurück, wohl wissend, welchen automobilen Schatz er da steuerte. Mit 280 Sachen ging es da nach der Nocksteinkehre den Berg hinauf, als Graf gerade noch rechtzeitig merkte, dass Flüssigkeit auf einen Reifen tropfte. Nur mit diesem Zeitzeugnis rennsportlicher Ingenieurskunst nicht im Kiesbett landen, schoss es ihm durch den Kopf – was auch glückte. Diese und viele weitere Anekdoten aus seiner erfolgreichen automobilen Rennfahrerkarriere erzählte Klaus Graf im „Künstlergespräch“ im Museum Art-Plus vor einer Handvoll Besucher. Als Moderator mit Benzin im Blut zeigte sich Sebastian Steinhäußer, Kurator der aktuellen Jahresausstellung.
Grafs Anfangsjahre waren hart. Zwar bestritt sein Vater hobbymäßig Autorennen und von daher gab‘s keine Widerstände für seine schnelle Leidenschaft, doch das Geld war knapp. „Ich stamme aus einer ganz normalen Mittelstandsfamilie und meinen ersten Rennwagen finanzierte ich von meinem Gehalt als Lehrling bei der damaligen EVS (heute EnBW)“, erzählte Graf. Das war Mitte der 80er-Jahre und der 1969 geborene Graf startete damals im Suzuki Swift-Markenpokal. Da hieß es am Donnerstagabend nach der Arbeit den ausgeliehen Lastwagen zu holen, ihn zu beladen und sich dann auf den Weg zu den meist viele hundert Kilometer entfernten Rennstrecken aufzumachen. Am Freitagmorgen das erste freie Training, am Sonntag das Rennen und schließlich wieder nichts wie nach Hause nach Dornhan im Schwarzwald. „Da bin ich manchmal frühmorgens um 5 Uhr angekommen, stellte mich unter die Dusche und um 7 Uhr ging‘s ins Geschäft“, erinnert sich der zweifache Familienvater.

Ohne Gönner und Mäzene geht im Motorsport nichts. Graf fand motorsportbegeisterte Geldgeber, die von seinem Talent überzeugt waren und deren Vertrauen er mit klasse Leistungen zurückbezahlte. Nachdem er 1992 bester Privatfahrer in der Formel-Ford (später Formel 3) wurde, gab er seine Arbeitsstelle bei der EVS auf – ein mutiger Schritt, den er nicht bereuen musste, weil sich Erfolge einstellten. 1995 wurde Graf deutscher Formel-Ford-Meister und er errang er den Titel „Bester Rookie“ beim Monaco-Formel-3-Grand-Prix. Ein Jahr später wurde er Zweiter bei der Internationalen deutschen Formel-3-Meisterschaft.

Und weshalb ging‘s im Formelsport nicht weiter in die Formel 2 und vielleicht sogar die Formel 1? Zumal dem Österreicher Alex Wurz, ein ehemaliger Teamkollege von ihm, das gelang? Graf spricht von einem „fehlenden Netzwerk“ und davon, dass eine Fahrergeneration im Formelsport nachrückte, die klare Altersvorteile hatte. Er durfte erst mit 18, als er den Führerschein besaß, Rennen fahren. Diese Regelung war mittlerweile gelockert worden, schon 16-Jährige durften die Rennfahrerlizenz lösen.
Graf wechselte zu den Sportwagen. Als Profi. Bei seiner ersten Testfahrt mit dem Porsche Carrera musste er noch selbst die Reifen bezahlen. Doch die 1000-Mark-Investition zahle sich aus, Graf bekam einen Vertrag. Davon träumt wohl jeder Rennfahrer: Geld dafür bekommen, dass man ein Auto fährt, das einem anderen gehört. Es folgten viele weitere erfolgreiche Jahre in den verschiedensten Sportwagen-Klassen, inklusive einem Ausflug in die USA, wo Graf bei den Nascars mit Millimeterabständen an massiven Betonwänden vorbeidonnerte.
Heute ist Graf als Teammanager zuständig für die Strukturen und Abläufe im Team 75 von Timo Bernhard, seinem langjährigen Rennfahrerkollegen. Graf plant die Renneinsätze der Teamfahrer im Porsche-Carrera-Cup Deutschland und im ADAC-GT-Master. Er analysiert und kontrolliert, um den Grad an Perfektion hochzuhalten. Da dürfte ihm seine ruhige und besonnene Art zugute kommen – und natürlich die vielen tausend Rennkilometer, die er auf der ganzen Welt zurückgelegt hat.
Jahresausstellung
Das Museum Art-Plus ist in diesem Jahr mit Vollgas unterwegs und zeigt Kunstwerke, die sich mit dem Thema Automobil beschäftigen. Das Thema ist laut Pressemitteilung mit Bedacht gewählt. Kein technischer Gegenstand bestimme das Leben und das Erscheinungsbild der Welt so nachhaltig und kein Alltagsobjekt werde in vergleichbarer Weise mythologisiert. Auch wenn es polarisiere, stehe das Auto noch immer für Freiheit, Mobilität und Abenteuer. Das Museum zeigt Plastiken, Gemälde und Fotografien internationaler Künstler, die Autokult und Geschwindigkeit in den Blickpunkt rücken. Ergänzt werden sie durch legendäre Sportwagen, die das Herz des Autoliebhabers höher schlagen lassen. Zu sehen ist auch die „Autokarosserie blattvergoldet“ des Stuttgarter Künstlers Stefan Rohrer. (hon)