Nach der Ruhe kommt der Sturm. 14 Tage fand die Stadtbus-Sitzung keinerlei Reaktion statt, doch nun nutzte OB Erik Pauly die jüngste Gemeinderatssitzung, um "grundsätzliche Anmerkungen", die er "allgemein halten" wollte, zu machen. Trotzdem war sofort klar, wen er meinte: FDP-FW-Fraktionssprecher Bertolt Wagner. Anlass war die Wagner-Grundsatz-Rede in der Stadtbus-Sitzung.
14 Tage zuvor hatte der OB zwar von einer "bizarren Wahrnehmung" gesprochen, nun geht es um die "Frage der Zusammenarbeit". "Aus meiner Sicht wurde der sachliche Rahmen verlassen", so Pauly. Hauptkritikpunkt: Man könne die Mitarbeiter der Verwaltung nicht als Cheerleader bezeichnen, den Oberbürgermeister nicht als Oberbusmeister und die Sitzungsunterlagen auch nicht zu Konfetti verarbeiten. Ob Er verstehe, dass beim Stadtbus die "Gemüter hochkochen" und es sei auch "okay", wenn man überlege, wie es weitergehen soll. Und der Stadtbus sei auch nicht sein Lieblingsprojekt, es gebe in Donaueschingen viele tolle Projekte. "Wir sollten alle miteinander zu einer sachlich und inhaltlich positiven Zusammenarbeit zurückkehren."
Und Bertolt Wagner? Der hätte nun bei der allgemeine gehalten Kritik auch einfach schweigen können. Er blieb aber bei seiner Position: "Wir nehmen den Auftrag der Bürger ernst, wie alle Fraktionen", sagt der FDP/FW-Fraktionssprecher. Der Sinn seiner Rede sei es gewesen, den Stadtbus weiterzuentwickeln. "Zu keiner Zeit hatte ich im Sinn, mich über jemanden lustig zu machen oder Einzelne zu kritisieren." Seine Fraktion arbeite akribisch, sachlich und lösungsorientiert. Sein Fazit: "Ich werde mich bemühen, auf ihre Befindlichkeiten, die ich anders eingeschätzt habe, Rücksicht zu nehmen", sagte Wagner in Richtung des Stadtoberhauptes.
Was Claudia Weishaar bei diesen Worten fehlte, war eine Entschuldigung. "Es ging nicht um die Sache? Das ist nicht die Art und Weise, wie wir hier zusammen arbeiten", sagte die GUB-Fraktionssprecherin. Die Worte von Wagner in der Stadtbus-Sitzung wären beleidigend gewesen.

Und was sagt eigentlich Wagners Fraktion zu der Sache? Schützenhilfe gab es von Roland Erndle: "Ich weiß, jetzt werden alle empört sein", leitete der FDP-Stadtrat seine Wagner-Untersützung ein. Wenn man Zahlen nicht bekomme oder zwei, dreimal nachfragen müsse, sei die Art und Weise, wie Wagner gesprochen habe, durchaus angebracht. "Wir können auch nicht Juhu und Hurra schreien, wenn wir andere Beobachtungen machen."
CDU-Fraktionssprecher Konrad Hall wies die "allgemeine Kritik" von Pauly zurück. Schließlich sei es eine "einzelne Person" gewesen. Man betitle den Oberbürgermeister nicht als Oberbusmeister. "Das ist eine Beleidigung." Er persönlich empfehle, nicht so weiterzumachen.
"Das war keine Sternstunde des Gemeinderates", sagt Grünen-Fraktionssprecher Michael Blaurock, der in seinem Betrag einen ganz persönlichen Einblick gewährte. Sein cholerisches Temperament sei in 1990er Jahren auch öfters in den Reden durchgekommen. "Mir persönlich hat es sehr geholfen, dass ich von Kollegen den Hinweis bekommen habe, wie das auf andere wirkt." Man sollte nicht nur auf sein eigenes Empfinden Rücksicht nehmen, sondern auch auf das der anderen. Aber: "Ich halte es für sehr heikel, das jetzt so im Gremium zu besprechen."
SPD-Stadträtin Martin Wiemer zeigte sich sprachlos: "Ich bin jetzt genaus sprachlos wie vor 14 Tagen." Sie sei geschockt gewesen über die Ausdrucksweise damals und dass Erndle sich zu Wort melde, obwohl er nicht in der Stadtbus-Sitzung war, schlage "dem Fass den Boden aus".
Ob der Arbeitskreis überhaupt weiterhin öffentlich tagen wird, ist nun die Frage: Claudia Weishaar schlug vor, dass man das Thema zukünftig im "kleinen Kreise" besprechen soll – ohne Öffentlichkeit – und bekam von Martina Wiemer Unterstüztung.
Die Vorgeschichte
Grundlage der neusten Stadtbus-Diskussion ist die Sitzung des Arbeitskreis vor zwei Wochen. FDP-Fraktionssprecher Bertolt Wagner hatte in der Sitzung kritisiert, dass es sich lediglich um eine Rückschau handle und die Zeit nicht genutzt werde, um den Stadtbus weiterzuentwickeln. „Als ich die Unterlagen durchgeschaut habe, dachte ich: ‚Toll, jetzt trifft sich die Stadtbus-Cheerleading-AG, um eine Stunde den Donaubus zu feiern'“, sagte Wagner damals. Zu dieser Äußerung hatten ihn 132 Seiten buntbedrucktes Papier veranlasst, auf denen Wagner jedoch nicht die Informationen gefunden hat, die er sich wünschte. Die Unterlagen waren auch noch geschreddert und in einer Tüte als Konfetti präsentiert worden.
Wagner ging es nach eigenen Angaben um folgendes: „Wir wollen alle, dass der Stadtbus erfolgreich ist – auch meine Fraktion“, sagt Wagner. Doch die Unterlagen würden sich dafür nicht eignen. Entscheidenden Angaben für eine zielführende Diskussion würden fehlen: Keine kompletten Fahrgastzahlen, keine Zählungen für die einzelnen Haltestellen, keine Erfolgskriterien. Es sei nicht klar, wie die Ziele, die das Planungsbüro für den Stadtbus formuliert hat, erreicht werden sollen. Und auch werde nicht klar aufgelistet, wieviel die Stadt für den Donaubus insgesamt ausgebe. „All diese Informationen brauchen wir, um diskutieren zu können. Und wir wollen diskutieren, weil wir den Stadtbus noch erfolgreicher machen wollen“, so Wagner.
Die Sitzungsvorlage fordere geradezu zu solchen deutlichen Worten heraus, und so mache auch die Arbeit im Gemeinderat überhaupt keinen Spaß. Wagner sah auch Oberbürgermeister Erik Pauly in der Pflicht: „Herr Pauly, Sie sind mehr, als der Oberbusmeister.“