Das Video sorgt für gehörigen Eindruck bei Angelina und Rosalie Limberger. Die beiden Schwestern sehen auf Youtube die Geschichte zweier syrischer Mädchen im Alter von 14 und 12 Jahren. Vor Krieg und Elend aus der Heimat geflohen, leben die beiden momentan in einem Flüchtlingslager im Libanon, nahe einer kleinen Ortschaft mit Namen Ketermaya.
Dort unterrichten sie in einer improvisierten Schule jüngere Flüchtlingskinder. Ein alter Karton dient als Tafel, das Klassenzimmer besteht aus einigen Plastikstühlen, die unter einem Baum aufgestellt sind.
"Wir haben uns selbst auch schon bei den Flüchtlingen in Donaueschingen ehrenamtlich engagiert. Das Thema interessiert uns. Schließlich haben wir das Video von Nejmeh und Baara gesehen", sagt Angelina Limberger.

Die Geschwister sind so beeindruckt, dass sie beschließen, den Mädchen im Libanon Unterstützung zukommen zu lassen. Sie veranstalten mit ihrer Band "11 wie du" Benefizkonzerte in Schulen, berichten dort von dem Lager im Libanon und der Situation vor Ort. Sie sammeln Spenden, Bilder und Briefe, die unterstützen sollen, Hoffnung geben.
Schließlich bietet sich eine einzigartige Möglichkeit für die beiden Donaueschingerinnen: Sie haben die Gelegenheit, mit einem Filmteam im März 2017 in den Libanon zu reisen und dort die beiden Mädchen im Flüchtlingslager zu besuchen. "Das sind tolle Mädchen. Sie haben so viel durchgemacht und haben trotzdem die Motivation, für andere Kinder da zu sein", sagt Angelina.
Der Flug dauert rund zwölf Stunden, um ein Uhr nachts kommen die Mädchen mit ihrer Mutter und Bandgitarrist Marco Gässler in Beirut an. Bereits dort wird es abenteuerlich: in einem kleinen Taxi, in das die Donaueschinger mit ihrem Gepäck gerade so reinpassen geht es mit 100 Kilometern pro Stunde durch die Stadt. "Gerne auch mal auf drei Fahrspuren, obwohl es nur zwei gab", erklärt Angelina. Sechs Tage werden sie in dem Land verbringen. Beirut wirke dabei noch sehr europäisch, die Zerstörungen des Krieges seien allerdings zu sehen.
Das Lager befindet sich außerhalb, allerdings in einem sicheren Gebiet. Hier sind nur Familien untergerbacht, es gibt einen kleinen Spielplatz und seit Kurzem auch sanitäre Anlagen. "Es gibt drei Sicherheitsgürtel im Land. Besonders an den Grenzen ist es gefährlich", erklärt Gässler.
Die Ankunft im Dorf ist ein bewegender Moment: "Die Kinder kamen auf uns zugerannt und haben uns sehr herzlich aufgenommen. Es war sehr emotional", beschreibt Angelina. Ebenso das Treffen mit Nejmeh und Baara. "Das war das Beste an der Reise, die Mädchen persönlich kennenzulernen und gemeinsam etwas zu verändern", sind sich Limbergers einig. Ganz besonders ist ihnen in Erinnerung geblieben, als die syrischen Mädchen ein Lied über Freundschaft sangen. Da habe man die Verbundenheit gespürt, Tränen im Auge.
Festgehalten wird dieser Augenblick von den Filmemachern des Projektes Child of Nature. Mit dabei ist auch Üwen Ergün von der Organisation Kinderrechteforum, über ihn und das Filmprojekt wird die Reise möglich. Mit den Spenden werden schließlich Dinge gekauft, die im Lager gebraucht werden: Kleidung, Nahrungsmittel, Schulsachen. Was übergeben wird, stammt nicht nur aus Angelina und Rosalies Aktionen, sondern auch von anderen Kindern, die von den Filmemachern besucht wurden und etwas beisteuerten.
Mutter Maria del Carmen Limberger ist stolz auf ihre beiden Töchter: "Ich finde es super, dass sie sich so engagieren. Aber wenn es nicht die Jugendlichen machen, wer dann?"
Ihre Töchter gehen noch zur Schule, ein genauer Berufswunsch steht noch nicht fest. Eines jedoch definitiv: "Egal was ich beruflich mal machen werde, ich mache ganz sicher weiter Musik und werde mich engagieren", sagt Angelina.
Rund um die Libanonreise
- Der Vortrag: Angelina und Rosalie Limberger werden in einem Vortrag für die Volkshochschule Baar von ihrer Reise in den Libanon berichten. Sie erzählen davon, welche zahlreichen Hürden genommen werden mussten, bis sie im Flüchtlingslager im Libanon ankamen, und was sie dort erwartete. Der Vortrag findet am Mittwoch, 13. Juni, von 18.30 bis 20 Uhr in der Bibliothek des Fürstenberg-Gymnasiums statt. Der Eintritt ist frei.
- Child of Nature: Im Libanon wurden Angelina und Rosalie von Filmemachern begleitet, die die Spendenübergabe im Flüchtlingslager bei Ketermaya festhielten. Das Material soll in dem Dokumentarfilm "Child of Nature" (engl.: Kind der Natur) verwendet werden. Dort wird auch die Musik von Angelina und Rosalie benutzt. Der Film zeigt Kinder und Jugendliche rund um die Welt, die sich für die Umwelt oder humanitäre Angelegenheiten einsetzen. Das genaue Veröffentlichungsdatum steht noch nicht fest. Gedreht wurde bisher in zwölf verschiedenen Ländern.
- Kinderrechteforum: Die gemeinnützige Unternehmergesellschaft (gUG) Kinderrechteforum (KRF) wurde 2014 vom damals 18-jährigen Üwen Ergün als private Internetplattform gegründet. 2016 ging daraus die KRF gUG hervor, deren Geschäftsführer er nun ist. Sie kämpft für die Durchsetzung von Kinderrechten im Einzelfall und betreibt gleichzeitig politische Bildung für Kinder und Jugendliche.