Sommer 1968: Die Stadt, die heute Schauplatz eines weltweit bekannten Reitturniers ist, erlebt die Geburt des ersten – und bis heute einzigen – Vereins, der sich ebenfalls dem Pferdesport widmet. Eine reine Männerrunde ist es, die sich zur Gründung des „Reit- und Fahrvereins im Sickenbühl" trifft. Der heute noch lebende Pionier aus dem damaligen Dutzend, der 84 Jahre alte Bäckermeister Friedebert Gleichauf, saß damals in einer Runde mit Freunden wie Emil Hornung, Fritz Ebding, Ernst Vogt und einigen einstigen Militär-Reitern. Ihr Plan: Neben den „fürstlichen Turnier-Ambitionen“ , gepaart mit dem Schwenninger Reitverein, sollte auch eine bürgerliche Pferdesport-Familie entstehen. Zuerst auf privatem Hofgelände an der Friedhofstraße, dann später in der Wiesensenke an der Straße zwischen Donaueschingen und Grüningen. Bis dahin hatten die Bürger dieses Gelände als Hunde- und Tierfriedhof genutzt.

Sommer 2018: Fünfzig Jahre später ist das Zuhause des Reit- und Fahrvereins Donaueschingen längst eine angestammte Adresse des Pferdesports. Die lange Existenz zeigt derweil auch Altersflecken – unübersehbar mancher Sanierungsbedarf. Noch viel prägender ist ein anderes Charakteristikum des Zeiten-Wandels: Nach den Großvätern im Verein mit Vornamen wie Fritz, Ernst, Friedebert und den Vätern vergangener Jahrzehnte wie Willy Braatz, Rupert Zwirner, Heiner Jordan, Horst Plätzer, Stefan Elmer, Gerd Reuter, Erich Behringer, Adolf Schock, Josef Honer-Schütz, Dirk Büsing oder so prominenten aktiven Mitgliedern wie Fürst Joachim oder Fürst Heinrich zu Fürstenberg dominierten heute die Sabrinas, Ellens, Tamaras, Malenies oder Gabrieles die Namensliste aktiver Reiter. Aus der vorwiegend männlichen Domäne eines gesellschaftlich etablierten Vereins ist ein „Frauenchor“ geworden – ein Paradoxon des sonstigen Bemühens um weibliche Emanzipation. Männer sind eine rare Spezies in der Donaueschinger Reitsport-Familie.

Bei der jüngsten Neuwahl der Vereinsführung zogen in das gute Dutzend Akteure gerade einmal zwei männliche Mitglieder in das Gremium ein – beide auch nur auf assistierenden Positionen. Weiblicher Sopran gibt den Ton an in den Sitzungen.

Diese feminine Dominanz des einst gesellschaftlich hoch taxierten Donaueschinger Vereins durchzieht längst alle Schichtungen: Allein unter den 220 Mitgliedern insgesamt sind noch etliche Männer vertreten, weil sich ihre passive Zugehörigkeit automatisch in die aktuelle Mitgliederliste fortkopiert. Derweil sind unter den zwei Dutzend Einstellern, die ihre Pferde in den Boxen stehen haben, gerade zwei Männer. Und in der erfreulich großen Schar der Reitschüler doziert der seit 2015 engagierte Reitlehrer und Pächter Claus Steidinger vor nur vier jungen Burschen oder erwachsenen Männern Haltungskorrekturen, während mehr als sechzig Mädels und Frauen im Schülersattel sitzen.

Vor dem Turnier 2018: Deshalb bemüht sich Donaueschingens einziger Reitverein mit umfassendem Ausbildungs-Programm und damit wertvoller Jugendarbeit in der gegenwärtigen Phase der Erneuerung nach recht wechselvollen Jahren darum, wieder männlicher zu werden. Und nutzt das in der Schwarzwald-Baar-Region konkurrenzlos große Sommerturnier kommendes Wochenende als Möglichkeit, Anfangs-Interessierten Aufstiegshilfe zu bieten.

Denn zum 50. Jubiläum präsentiert sich der Reit- und Fahrverein als attraktives Ziel nicht nur den vielen Teilnehmern, die am Samstag und Sonntag mit 650 Starts bei 21 Prüfungen im Springen und der Dressur mehr als zwei hundert Pferde satteln, sondern will auch Volksfest für alle Bürger sein. Wer immer Interesse zur Kontaktaufnahme mit dem Reitsport hat – ob als Eltern oder erwachsene Spätstarter – der findet dort zwanglos die Möglichkeit zum Erstkontakt. Ganz besonders willkommen: Männer!

 

Reiter feiern am 16. und 17. Juni mit einem Volksfest ihren Geburtstag

  • Das Turnier findet am Samstag, 16. Juni, bis Sonntag, 17. Juni, jeweils von 8 bis etwa 19 Uhr statt. 40 Starter gehen am Sonntag ab 16 Uhr in die Hauptprüfung Klasse M im Springen und 30 starten um 15.30 Uhr in der M-Dressur. Am Sonntag findet auch die Qualifikation des Reiterrings Schwarzwald-Baar für das Turnier im Schlosspark statt. Der Eintritt zu allen Veranstaltungen ist frei. Über beide Tage gibt es auf dem Turnierplatz ein vielfältiges Bewirtungsangebot, was das Turnier zum attraktiven und zwanglosen Ausflugsziel für die Region macht.
  • Der Verein finanziert seine Aktivitäten aus mehreren Quellen. Einmal überweist der Pächter Claus Steidinger, der die Anlage quasi als Vertragspartner des Vereins betreibt, Pachtgeld und generiert seine Einnahmen wiederum aus der Einstellmiete der Boxen und dem umfangreich erteilten Unterricht. Einnahmen des Vereins fließen auch als Startgelder der Turniere, aus dem Gastronomiebetrieb von Reiterstüble und Veranstaltungen und Zuwendungen von mehr als hundert Sponsoren. Durch viel unentgeltliche Leistung aus dem Kreis der 220 Mitglieder kann der Aufwand relativ gering gehalten werden. Seit April leitet die aus Schwenningen kommende Inhaberin einer Gebäudereinigungsfirma, Jana Fuchs, den Reitverein.
  • Kontakt zum Reitverein mit Fragen über Mitgliedschaft, Unterricht oder in allen anderen Fällen unter 0170-9406236. (los)