Die Lage mutet grotesk an. Nach einem Treffen mit Bundeskanzlerin Merkel warnen Ministerpräsident Kretschmann und die Landesregierung: Die Bürger sollen achtsam sein, nur das Nötigste in eher kleinem Kreise feiern. Andererseits: Die Kommunen können sich ihre Veranstaltungen selbst genehmigen. Demnächst im Terminkalender des Schwarzwald-Baar-Kreises: ein Reitturnier, eine Konzertreihe und eine Berufsmesse.

Es geht um Großveranstaltungen, über die auch am Donnerstag gesprochen wurde, allerdings mit wenig konkreten Regelungen. Der SÜDKURIER hat deshalb bei der Landesregierung nachgefragt und auch prompt eine Antwort erhalten. Frage: Was gilt nun als Großveranstaltung und wie wird damit verfahren? Antwort der Landesregierung von Freitag: „In Baden-Württemberg dürfen momentan Veranstaltungen mit bis zu 500 Personen stattfinden. Messen werden separat geregelt. Andere Bundesländer haben teils andere Regelungen erlassen, allerdings sind sehr große Veranstaltungen weiterhin bis auf wenige Ausnahmen bundesweit verboten.“

So fröhlich war die Berufemesse Jobs for Future bis zuletzt. 2020 herrscht Maskenpflicht. Bild: Messegesellschaft
So fröhlich war die Berufemesse Jobs for Future bis zuletzt. 2020 herrscht Maskenpflicht. Bild: Messegesellschaft | Bild: Michael KIenzelr Messegesellschaft

Mit der Berufsinformations-Messe Jobs for Future sowie mit Reitturnier Donaueschingen und den Musiktagen stehen drei Großveranstaltungen bevor, bei denen die Städte entweder mit verantwortlich zeichnen oder selbst als Aussteller auftreten.

Beispiel Jobs for Future: Veranstalter ist die Messegesellschaft SMA Südwest Messe- und Ausstellungs-GmbH mit Sitz in Villingen-Schwenningen. Die Gesellschaft mit beschränkter Haftung will nun Jugend und Firmen zusammenbringen, um Ausbildungsplätze zu bewerben und zu vermarkten. Die Messegesellschaft hat dazu anfänglich Konzeptteile für Hygiene bekanntgegeben. Was zunächst nur auf Nachfrage zu erfahren war: Es gibt eine allgemeine Maskenpflicht. Mittlerweile ist das Hygienekonzept veröffentlicht. Schüler beispielsweise dürfen nicht wie bislang mit einem gemeinsamen Bus anfahren. Wer genehmigt diese Festlegungen? Heike Frank, Sprecherin des Landratsamtes: „Das jeweils örtliche Ordnungsamt muss das Hygienekonzept beurteilen. Im Zweifelsfall holt sich die städtische Behörde die Expertise des Kreisgesundheitsamtes dazu.“

Auch in Donaueschingen gibt es zwei Veranstaltungen, die in normalen Zeiten eigentlich Publikumsmagneten sind. Doch auch wenn Reitturnier und Musiktage auf den ersten Blick als traditionelle Veranstaltungen erscheinen, werden sie sich in diesem Jahr doch erheblich von dem unterscheiden, was die Besucher sonst kennen. Zuständig für die Freigabe des Reitturniers: das Ordnungsamt Donaueschingen.

Viel los ist im Ausstellungsgelände über die vier Turniertage. Unser Bild zeigt eine Szene aus dem Jahr 2019. Bild: Roger Müller
Viel los ist im Ausstellungsgelände über die vier Turniertage. Unser Bild zeigt eine Szene aus dem Jahr 2019. Bild: Roger Müller

Veranstalter sind in diesem Fall eine Eventagentur, die unbedingt ein sportliches Ereignis bieten möchte – trotz der Tatsache, dass am vergangenen Wochenende nur 120 Besucher kommen dürften, weil ja schließlich schon Sportler, Pfleger und Richter auf dem Turniergelände unterwegs waren. Die Stadt hingegen hat ihren Teil der Veranstaltung abgesagt und verweist darauf, dass der Veranstalter allein die zuständige Eventagentur ist, die sich an die Corona-Vorgaben halten muss.

Im November stehen dann die Musiktage an: Veranstalter ist der Südwestrundfunk, der die Örtlichkeiten von Stadt, aber auch privater Natur für seine Konzerttermine nutzt. Freigabe auch hier durch das örtliche Ordnungsamt. Warum findet eine Veranstaltung statt, zu der eigentlich Gäste aus der ganzen Welt in Donaueschingen erwartet werden? Es wird auf die Hygienebestimmungen verwiesen. Orchesterbesetzungen wären verkleinert, Konzertprogramme verändert, Wiederholungskonzerte terminiert, Ticketzahlen reduziert, Laufwege festgelegt sowie viele weitere Maßnahmen ergriffen worden. Auf diese Weise könnten trotz Pandemie ein vielseitiges Programm mit 22 Uraufführungen, vier Klanginstallationen und zwei Ensembledebüts präsentiert werden.

Donaueschinger Musiktage-Sonntag 2019: Eine fröhliche Warteschlange vor dem Gepäckbus. Was bringt das Jahr 2020? Bild: Roland Sigwart
Donaueschinger Musiktage-Sonntag 2019: Eine fröhliche Warteschlange vor dem Gepäckbus. Was bringt das Jahr 2020? Bild: Roland Sigwart | Bild: Roland Sigwart

Demgegenüber versucht Ministerpräsident Kretschmann auf die Bremse zu treten: Bürger sollten nur notwendige Sozialkontakte pflegen. Weiter der Regierungs-Chef: Die Infektionszahlen hätten ein gefährliches Niveau erreicht und drohten den Erfolg der ersten Jahreshälfte im Kampf gegen die Pandemie zu zerstören. „Das Virus macht keine Sommerpause, es ist immer noch da“, sagte Kretschmann. Die zweite Hälfte des Jahres werde nicht leichter als die ersten sechs Monate, warnte er in einer Video-Stellungnahme am Donnerstagabend nach den Verhandlungen der Ministerpräsidenten und Kanzlerin Merkel. Und: Die Infektionszahlen müssten zwingend zurückgehen, um im Frühsommer eingeleitete Lockerungen bei Familientreffen oder etwa Sporttreffs nicht zu gefährden.

Das könnte Sie auch interessieren

Im Landratsamt Schwarwzald-Baar bezeichnet Sprecherin Heike Frank die Kreisbehörde für primäre Veranstaltungsfragen als „nicht zuständig“. Örtliche Ordnungsämter kämpfen wie in Villingen-Schwenningen mit personeller Unterbesetzung, sollen aber detailliert weiträumige Gebiete überwachen. Dass der Anspruch der Regierung und tatsächliche Umsetzbarkeit vor Ort aber nicht mehr zusammenpassen, zeigt der Fall Räthisgraben. Der Autobahnparkplatz bei Sunthausen sollte schon vor Wochen für Schnelltests Reiserückkehrern angeboten werden. Kassenärztlche Vereinigung und Rotes Kreuz winkten als Betreiber ab.

Das könnte Sie auch interessieren

Kanzlerin und Ministerpräsidenten beschlossen am Donnerstag auch neue Quarantäneregelungen für Urlauber aus Risikogebieten wie Mallorca oder Brüssel. Das selbe Bild auch hier: Vorsorglich winken seit Freitag die Gesundheitsämter im land ab. Die Quarantänepflicht sei nicht zu überwachen. Auch weiterhin ist die Corona-Hotline des Gesundheitsamtes für gesundheitliche Fragen zum Coronavirus für Bürgerinnen und Bürger mit der Telefonnummer: 07721-9137190 geschaltet. Die Hotline ist erreichbar: montags, dienstags und mittwochs von 8 bis 11.30 Uhr und von 14 bis 16 Uhr. Donnerstags von 8 bis 11.30 Uhr und von 14 bis 17.30 Uhr. Freitags von 8 bis 11.30 Uhr.

Das könnte Sie auch interessieren