Wer mit der Bahn in Richtung Freiburg fährt, oder aus diesem Bereich über Neustadt anreist, durchlebte in den vergangenen 14 Monaten verschiedene Stadien der Zufriedenheit. Zum Knirsch-Start geriet im Dezember die Inbetriebnahme der elektrifizierten und umsteigefreien Breisgau-S-Bahn zwischen Breisach am Rhein, wichtiger aber Freiburg, und Villingen. Zweimal standen seither auf der von der DB Regio betriebenen Strecke Verbesserungen an. Haben sie etwas gebracht, was steht aus Kundensicht noch aus?
Zehn Minuten unterwegs
„Es ist besser geworden“, befindet die Donaueschingerin Esther Lienhard. Ganz am Anfang sei es „furchtbar“ gewesen. Die 58 Jahre alte Chemieingenieurin fährt drei, vier Male pro Woche morgen um 8 Uhr mit der Breisgau-S-Bahn nach Döggingen zur Arbeit. Nachmittags geht es meist um 16 Uhr zurück. Zehn Minuten Fahrt, Zeit zum Lesen oder Französisch lernen. Im Regelfall funktionierten die Verbindungen, insbesondere die Rückfahrt.
Keine Bahnsteigdurchsage
Morgens jedoch falle, für ihr Empfinden „relativ häufig“ der Zug aus. Da sie in Bahnhofsnähe wohnt, geht sie bis zum 9-Uhr-Zug nochmals nach Hause. „Bei mir geht das, mein Arbeitgeber hat Verständnis. Aber das kann nicht jeder Bahnfahrer so machen.“ Was Sie dennoch ärgert: Wenn der Zug ausfällt, gibt es keine Bahnsteigdurchsage. Nur die Veränderung auf der elektronischen Fahrplantafel zeigt den Missstand auf. Nachholbedarf sieht sie auch beim Tarif. Die Fahrt durch zwei Landkreise sei keineswegs einfacher geworden. Auch wenn die Verbindung nach Freiburg doch inzwischen hervorragend sei.
Und wie sieht es in Gegenrichtung aus? „Den ganz schlimmen Einstieg ab Dezember 2019 habe ich verpasst“, sagt Tobias Kurzeder. Er ist Lehrer und unterrichtet am Fürstenberg-Gymnasium Geographie und Ethik. Die Bahn nutzt er zwischen den Bahnhöfen Freiburg-Wiehre und Donaueschingen. Wenn er zur ersten Stunde am FG Unterricht halten muss, nutzte er anfangs, als die Strecke noch durch einen andern Betreiber verantwortet wurde, einen Zug mit Umstieg in Neustadt. „Da ist der Anschluss in Richtung Donaueschingen, drei- bis viermal ausgefallen“, erinnert er sich. Ärgerlich sei das, zumal auch Kurzeder die fehlende Lautsprecherdurchsage am Bahnsteig vermisste.

Seit dem Fahrplanwechsel im Dezember 2020 klappe es jetzt besser, konstatiert der 46-Jährige. Verschiebungen seien dennoch nicht ausgeschlossen: insbesondere deshalb, weil auf den eingleisigen Streckenabschnitten alles wie am Schnürchen funktionieren muss. Komme ein Zug aus dem Takt, stünden dann alle Züge. Ergo: „Wenn man auf eine Uhrzeit genau ankommen muss, bringt einen das in Stress.“
Weil sich diese Ungenauigkeiten höchstens bei einem Wochenendausflug, nicht aber beim Berufspendeln entschuldigen lassen, schaut Kurzeder inzwischen vor Fahrtantritt ins Internet, ob sein Zug fährt. Angesichts der Millioneninvestitionen, so sein Votum hätte das Ergebnis der Verkehrsplaner aber besser ausfallen müssen.
Die Struktur der Breisgau-S-Bahn
Das neue Fahrplankonzept, so räumt es der Edgar, Neumann, Sprecher des Verkehrsministeriums in Stuttgart ein, habe sich nach der Inbetriebnahme im Dezember 2019 als zu störanfällig erwiesen. Ein Problem war unter anderem der hohe Anteil eingleisiger Strecken – 118 Kilometer gegenüber 16 Kilometer zweigleisigen Strecken – welcher zu einer sehr hohen Störanfälligkeit des Gesamtsystems führte.

Eine Vereinfachung des Fahrplankonzeptes habe seit Februar 2020 die Qualität verbessert. Allerdings mussten die Fahrgäste zum Teil öfter umsteigen als geplant. Seit März 2020 erreiche die Breisgau-S-Bahn eine gute Pünktlichkeitsquote von 93 Prozent, so der Stuttgarter Ministeriumsprecher. Weiter gearbeitet werden müsse bei den Zugausfällen, welche die Vehrkehrsunternehmen zu verantworten hätten.
Jeder 20. Zug fiel aus
Auch hier hat das Ministerium Zahlen. So fiel zwischen Dezember 2019 und Februar 2020 einer von 20 Zügen aus. Nach Einführung des Ersatzkonzeptes, dem Verzicht auf umstiegsfreie Verbindungen, verbesserte sich dieser Wert auf 0,86 Prozent zwischen März und September 2020.

Seit Dezember 2020 werden nach einer weiteren Fahrplananpassung wieder mehr durchgehende Züge angeboten. Gelungen ist, die Verspätungen aus den beiden Bahnästen vom Kaiserstuhl und aus dem Schwarzwald zu vermindern. Das gelinge durch längere Standzeiten im Hauptbahnhof Freiburg.
Ambitionierte Zeitpläne sorgen für Verspätungen
Die Verspätungen aus der Anfangszeit resultierten aus allzu ambitionierten Zeitplänen aus den Flügelungen. Hier werden Züge mit verschiedenen Zielen getrennt und auf der Rückfahrt wieder zusammengefügt. Zu viel Zeit als geplant war, benötigte das Flügelkonzept in den Bahnhöfen Titisee und Gottenheim.
Die Problematik Pünktlichkeit und Zugausfälle lasse sich nicht auf den westlichen oder den östlichen Streckenabschnitt festlegen, sagt Neumann. „Es handelt sich um ein Netz, das alle Strecken einschließt. Örtlich kann die Qualität aber variieren.“ Mit aktuellen Fahrgastzahlen konnte der Sprecher nicht aufwarten. Er führte stattdessen Nutzerströme aus einer früheren Präsentation auf. Demnach dürfte die Breisgau-S-Bahn deutlich stärker im westlichen Bereich zwischen Kaiserstuhl und Freiburg genutzt werden.