Was für ein Jahr für die Mitarbeiter und Bewohner der Mediclin Seniorenresidenz. Wie so viele Altenpflege-Einrichtungen war auch jene vom Coronavirus getroffen. In der Mediclin traf das allerdings besonders hart, trat die erste Infektion doch kurz nach der ersten Schutzimpfung auf.
„Leider kam es dann am 28. Januar dieses Jahres zu einem Ausbruch. Ausgerechnet fünf Tage nach der ersten Impfung“, erklärt Eike Fundinger. Sie ist Heimleitung der Mediclin Seniorenresidenz Am Baar-Zentrum. „Bewohner und Mitarbeiter wurden zeitgleich positiv getestet. Natürlich wurde gerätselt, wie das passieren konnte. Aber Schuldzuweisungen und Spekulationen helfen keinem weiter. Wir mussten mit der Situation umgehen.“ Innerhalb kürzester Zeit habe man eine Isolierstation aufgebaut, die Zusammenarbeit mit dem Gesundheitsamt sei gut gelaufen: „Von den gemeinsamen Absprachen bis zur Kontaktverfolgung haben wir an einem Strang gezogen“, so die Heimleiterin.
Schlimmer Ausbruch
Es sei allerdings schlimm gewesen, diesen Ausbruch mitzuerleben. „Es gab demente Bewohner, die phasenweise nur noch im Bett liegen konnten. Viele Senioren haben ja ohnehin keinen großen Appetit. Das hat sich durch den Verlust des Geschmackssinns bei manchen noch verschärft. Diese Wochen waren für alle sehr belastend“, sagt Fundinger. Besonders, da man in der Einrichtung bislang gut durch die Pandemie gekommen war: „Bis Ende Januar ist uns das dank strenger Hygienemaßnahmen, einer durchdachten Teststrategie und einem hohen Engagement unserer Mitarbeiter gelungen.“ Den Gesundheitszustand von Mitarbeitern, Bewohnern und Angehörigen hatte man von Anfang an immer im Blick. „Meine Mitarbeiter trugen schon früh FFP2-Masken. Auch das korrekte Anlegen der Schutzkleidung haben wir in Schulungen immer noch einmal perfektioniert.“ Mit dem Schutz nach außen habe man es besonders ernst genommen.
Voller Einsatz
Dafür habe man den Bereich der Aktivierung ausgebaut: „Wir haben den Besuch durch externe Therapeuten, wie Physiotherapeuten, aber stark eingeschränkt.“ Mitarbeiter übernehmen die Krankengymnastik. „Das alles, um die Kontakte nach außen auf ein Minimum zu reduzieren. Dennoch ist es uns beispielsweise gelungen, Musikveranstaltungen zu planen. Die fanden dann eben im Garten statt“, sagt Fundinger. „Im Haus waren unsere Bewohner sicher. Hier haben meine Mitarbeiter wirklich Großes geleistet und auch Opfer gebracht. Sie haben ihre privaten Kontakte freiwillig auf ein Minimum reduziert. Sie haben das alles mitgetragen, haben auf vieles verzichtet.“ Wenn es nur den kleinsten Verdachtsfall in ihrem Umfeld gegeben habe, seien sie zum Beispiel gar nicht erst nach Hause gefahren, sondern haben in der Seniorenresidenz übernachtet.

Das Impf-Dilemma
Ende Februar ist dann schließlich das Schlimmste überstanden und die Einrichtung kann wieder für Besucher öffnen: „Das hat ein Stück Normalität gebracht. Aber eine bittere Pille gab es.“ Da man den Ausbruch nicht genau lokalisieren konnte, sollten alle Bewohner ein halbes Jahr bis zum nächsten Impftermin warten. „Das traf uns hart“, erklärt Fundinger.
Sie wendet sich ans Gesundheitsamt. Dort habe man jedoch das letzte Wort: „Ich muss gestehen, in dem Fall haben wir dann aber nicht locker gelassen und sind immer wieder in den Austausch gegangen, um gemeinsam eine bessere Lösung für unsere Bewohner zu finden.“ Schließlich gelingt es, dass alles Bewohner, die ihre erste Impfung erhalten hatten und nicht erkrankt waren, im März doch ihre zweite Impfung bekommen haben. „Das war eine enorme Erleichterung.“
Mittlerweile sei man mit den Impfungen von Bewohnern und Mitarbeitern so gut wie durch. „Das läuft alles reibungslos. Jeder bekommt einen Termin und die Impfbereitschaft ist hoch.“ Das sei auch bei Mitarbeitern der Fall, die anfangs noch skeptisch gewesen seien. „Die Experten werden entscheiden, ob dann noch eine zweite, bzw. in diesem Fall eine dritte Impfung notwendig wird“, sagt Fundinger.
Umzug nach Königsfeld steht an
Nach all den Ereignissen im Frühjahr wird es für die Einrichtung in Donaueschingen schon bald noch mal turbulent: Im September wird sie komplett umziehen und die Stadt verlassen. Der große Umzug führt in das neu gebaute Ermann-Schall-Haus in Königsfeld. Gemeinsam mit den Bewohnern, die aktuell noch im alten Gebäude leben.
Skepsis
Wie Eike Fundinger sagt, habe man bei Angehörigen und Bewohnern erst einmal etwas Überzeugungsarbeit leisten müssen: „Die Neuigkeit stieß zunächst durchaus auch auf Ablehnung, was wir natürlich nachvollziehen konnten. So ein Umzug ist ja auch mit einer gewissen Belastung verbunden.“ Im März informierte man schließlich bei einem Angehörigenabend, unter anderem mit Kerstin Männel aus der Geschäftsführung. Dabei habe man viele Fragen und Abläufe klären können: „So haben die jetzigen Bewohner beispielsweise ein Vorzugsrecht: Es gibt für sie eine Wunschliste für die Zimmerbelegung. Nun sind schon viele Angehörige einmal nach Königsfeld gefahren. Ich erlebe es jetzt so, dass bei vielen die anfängliche Skepsis einer echten Vorfreude gewichen ist.“
Von Donaueschingen aus werde man mit 15 Bewohnern umziehen. „Einige Familien haben sich entschieden, nicht mitzuziehen. Das waren aber alles Fälle, bei denen die Angehörigen schon zu beiden Standorten eine weite Anfahrt hatten. Die nutzten nun die Gelegenheit, um den Menschen näher zu sich zu holen“, so Fundinger.
Der große Umzug
Aktuell sei man noch voll in der Organisation des großen Umzugs: „Es sind ja zwei Heime, die zusammengeführt werden. Das ist anstrengend und muss entsprechend koordiniert werden“, sagt Fundinger. Die größte Hoffnung sei dabei, dass sich die Bewohner gleich zu Hause fühlen. Indes müsse noch viel getan werden, bis es dann soweit sei: „Wir haben jetzt dann die Aufzugsabnahme, dann können die Möbel kommen.“ Alles soll schließlich „Hand und Fuß haben.“ Sobald der Neubau barrierefrei zu erreichen sei, werde es auch eine Hausbegehung geben. Für das neue Haus suchen man außerdem noch neue Mitarbeiter.
Wichtig sei bei dem Umzug auch, dass man unter den Bewohner darauf achte, dass bereits bestehende Freundschaften auch räumlich nicht getrennt werden. „Das ist sehr wichtig und wir bekommen das gut hin“, sagt Fundinger. Die Donaueschinger Bewohner treffen zukünftig in Königsfeld auf einen Außenbereich, „der nicht mehr so bergig ist. Das selbstständige Rausgehen ist hier viel besser gegeben. Es gibt Parks und schöne Cafés.“ Natürlich würde man gerne ein großes Einzugsfest feiern, „aber wir wissen es alle: Derzeit ist noch offen, ob das zu realisieren ist.“