Wenn Corona-Infektionen plötzlich in Alten- und Pflegeheimen auftreten, dann ist das immer ein schwerwiegendes Problem. Gerade Personen im höheren Alter, auch mit Vorerkrankungen, besitzen eine weitaus höhere Wahrscheinlichkeit, im Falle eines Covid-19-Ausbruchs auch einen schweren Verlauf zu bekommen.
Hart getroffen
Umso härter war es für die Mediclin-Seniorenresidenz. Seit Beginn der Pandemie vor etwa einem Jahr war die Einrichtung von Fällen der Krankheit verschont geblieben. Während anderswo die Heime mit vielen Toten und Infizierten zu tun hatten, schien das in der Seniorenresidenz nicht zu passieren. Dann passierte es jedoch zu einem besonders ungünstigen Zeitpunkt: Impfteams sind bereits im Heim gewesen, die erste Impfung wurde verabreicht. Kurz bevor die zweite erfolgen soll, treten Corona-Infektionen auf. Der Impftermin wird abgeblasen. Vertagt auf sechs Monate. Dann muss jedoch auch die erste Impfung noch mal vorgenommen werden.
„Das ist unvorstellbar“
Besonders hart ist das für Angehörige, die sich erhofft haben, durch die Impfung wieder mehr Sicherheit zu bekommen, ihre Familienmitglieder im Heim wieder besuchen zu können. So auch Antje Mürner, deren Mutter sich in der Mediclin Seniorenresidenz befindet: „Das ist unvorstellbar und ein harter Schlag.“ Ihre Mutter ist gesund, Mürner hat die Hoffnung, dass die zweite Impfung jetzt doch irgendwie gemacht werden kann. Sie versteht nicht, warum nicht die gesunden Bewohner des Heimes nicht doch geimpft werden können. Laut Angaben des Ordnungsamtes des Schwarzwald-Baar-Kreises, weil die Verbreitung des Virus im Heim zu diffus abgelaufen sei.
Dort ist jetzt wieder so etwas wie Normalität nach dem Corona-Ausbruch eingekehrt: „Wir haben keine positiven Fälle mehr und die Bewohner fühlen sich langsam besser“, sagt Pflegedienstleitung Hidajeta Jusic. Auch Neuaufnahmen seien wieder möglich.
Entspannte Lage
„Die Corona-Lage hat sich entspannt. Auch die betroffenen Mitarbeiter sind zurück aus der Quarantäne“, erklärt Heimleiterin Eike Fundinger. „Wir hoffen, dass wir es jetzt überstanden haben.“ Mit dem Bewusstsein, dass es jedoch wieder auftreten kann, damit müsse man jetzt leben. Neue Bewohner werden nach der Aufnahme zunächst für zehn Tage isoliert und mehrfach die Woche getestet: „Unsere Mitarbeiter vor jedem Dienst.“ Davon abgesehen greife weiterhin das Hygiene-Konzept – wie auch schon in der Zeit davor.
Zumindest für jene Mitarbeiter, die bereits die erste Impfung erhalten haben und nicht infiziert wurden, habe sich eine Lösung ergeben: „Die Mitarbeiter ohne Corona durften ins Kreisimpfzentrum und haben dort die zweite Impfung erhalten“, erklärt Fundinger. Zumindest in dieser Angelegenheit sei man jetzt gut aufgestellt.
Eine schlimme Situation
Alle anderen müssen jetzt ein halbes Jahr warten: „Da werden wir nicht drumherum kommen.“ Bei den Angehörigen sei das nicht gut angekommen: „Das wird oft nicht verstanden, weil eben auch in anderen Heimen trotz Infektion geimpft werde.“ Eine Möglichkeit für Angehörige sei jetzt noch, ebenfalls im Kreisimpfzentrum einen Termin zu bekommen. „Ins Haus kommt vorerst niemand, um zu impfen“, so Fundinger. Als das Virus wütete sei es eine schlimme Situation gewesen: „Es ist besonders schwierig, weil die Leute bereits fünf Tage vor den ersten Symptomen ansteckend sind.“ Alle im Heim haben angepackt und mussten mitarbeiten, weil viele Kollegen ausgefallen sind.
Vier Menschen seien in der Einrichtung durch das Coronavirus oder die Folgen verstorben: „Wir haben auch Leute verloren, die teilweise schon im Negativen waren. Sie waren aber durch die Infektion sehr geschwächt.“ Besonders schwer sei das bei Dementen zum Tragen gekommen. „Eine schlimme Zeit“, sagt die Heimleiterin.
Isolation macht zu schaffen
Besonders schlimm sei für viele vor allem die Isolation gewesen: „Beim ersten Lockdown gab es ja noch die Gemeinschaft der Heim-Bewohner.“ Als das Virus dann im Heim war, gab es auch die nicht mehr in der früheren Form. „Dann waren sie allein im Zimmer.“ Viele Bewohner haben die Erkrankung „ganz gut verarbeitet“, sagt Fundinger. „Das liegt vielleicht an der ersten Impfung, die sie ja schon bekommen haben.“
Soziale Folgen
Was jetzt an Folgen der Infektionen noch zu beobachten sei, das seien die sozialen Auswirkungen. „Gerade die Negativen halten noch eher Abstand zu den Ex-Positiven.“ Eine Sache, die sich im Laufe der Zeit erst wieder normalisieren werde. „Es entsteht dann eine gewisse Angst und man glaubt nicht, dass jemand plötzlich negativ ist.“