Der Startschuss für die Corona-Impfungen ist gefallen und auch im Schwarzwald-Baar-Kreis werden die ersten Personen geimpft. Den Auftakt machte das Fürstlich Fürstenbergische Altenpflegeheim in Hüfingen. Mobile Impfteams waren dort am 14. Januar im Einsatz.

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Nicht für jeden eine Befreiung

Was für viele eine enorme Erleichterung darstellt, ist nicht für jeden eine Befreiung von der Furcht, sich mit dem Corona-Virus anzustecken. Die Bereitschaft beim Pflegepersonal scheint nicht in der Weise gegeben zu sein, wie man sich das vonseiten der Politik erhofft hat. Aber wie damit umgehen? Bayerns Ministerpräsident Markus Söder hat vorgeschlagen, eine Impfpflicht für Pflegekräfte in Heimen und Krankenhäusern zu prüfen. Der Deutsche Ethikrat und Gesundheitsminister Jens Spahn haben diesem Plan jedoch eine Absage erteilt. Eine Pflicht dürfe es nicht geben, man müsse mit Argumenten überzeugen und dafür werben.

Objektive und professionelle Aufklärung

Im Hüfinger Heim haben sich etwa 50 Prozent der Mitarbeiter impfen lassen, sagt Heimleiter Markus Komp. „Ich hätte mir mehr gewünscht“, sagt er. Das Verhalten verstehen kann er nicht. Gerade wenn man mit den Bewohnern arbeite, sei der Schutz besonders wichtig. Für eine Impfpflicht ist Komp dennoch nicht: „Mit Zwang ist das eine schwierige Sache. Was hilft, sind Aufklärung und Information. Es ist Unwissenheit, die Ängste und Unsicherheit schürt.“ Und wer dann nach Legitimation suche, finde quasi zu jedem Thema die passende Argumentation. Die objektive und professionelle Aufklärung helfe da am besten, „wie es die Ärzte des Impfteams getan haben“. Mit der Durchimpfung der Bevölkerung werde sich nach und nach etwas tun: „Spätestens wenn viele schon geimpft sind und damit bestimmte Zugangsberechtigungen zu Hotels oder Fluglinien einhergehen.“ Bei der Impfung in der Einrichtung sei „alles glatt gelaufen“, es seien keine Nebenwirkungen aufgetreten.

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Bisher keinen einzigen Fall

In der Mediclin Seniorenresidenz am Baar-Zentrum in Donaueschingen habe man bereits alle notwendigen Unterlagen für die Impfungen zusammengestellt. „Es stand schon der 16. Januar als konkretes Datum im Raum, das hat sich aber nochmal nach hinten verschoben. Ich hoffe jetzt auf diese Woche“, sagt Heimleiterin Eike Fundinger. Man habe alle Bewohner und Mitarbeiter aufgeklärt und entsprechend Rückmeldung erhalten. „Wir sind bislang gut durch diese Zeit gekommen und hatten soweit keinen einzigen Fall von Covid-19 bei uns in der Einrichtung“, erklärt sie. Daher würde sie sich freuen, mit einem Termin die Aussicht auf etwas mehr Sicherheit zu haben.

Bei den Mitarbeitern sieht es anders aus

Was die Bewohner der Einrichtung betreffe, sei die Impfbereitschaft sehr hoch. „Sie nehmen das sehr ernst und hängen am Leben“, so Fundinger. Bei den Mitarbeitern zeige sich jedoch ein etwas anderes Bild. Hier sind die Meinungen geteilt. Das habe aber zu großen Teilen mit bereits chronisch kranken Mitarbeitern zu tun: „Dort gibt es eher die Ablehnung gegenüber der Impfung.“

Zwang ist nicht die Lösung

Eine mögliche Impfpflicht sieht Fundinger skeptisch: „Keiner hat so viel Personal zur Verfügung, um sich das leisten zu können.“ Gerade in der Pflege wird derzeit gut ausgebildetes Personal immer gebraucht. Eine Impfpflicht könnte dafür sorgen, dass sich einige dazu entschließen, zu kündigen. „Es müsste ja auch erst ausgearbeitet werden, wie die Folgen dann aussehen, lässt man sich nicht impfen.“ Fundinger ist allerdings der Meinung, dass viele Mitarbeiter noch nachziehen werden. „Man hört immer nur das Negative. Wenn einer unter Tausend irgendwas hat, dann wird über den berichtet. Das gibt‘s bei anderen Impfungen auch. Wenn gemerkt wird, das nichts passiert, dann werden viele nachziehen. Das glaube ich schon.“ Fundinger sei selbst gespannt, wie sich das Verhalten entwickle, wenn auch die zweite Impfung erfolgt sei.

Im Winter schwer getroffen

Eine Sondersituation hinsichtlich der Impfbereitschaft zeigt sich im Altenheim St. Michael in Donaueschingen. Dort hatte man es Ende des vergangenen Jahres in den Monaten November und Dezember mit vielen infizierten Bewohnern und Mitarbeitern zu tun. Die Einrichtung schwer getroffen. Laut Empfehlung des Robert Koch-Instituts sollten „Personen, die eine labordiagnostische gesicherte Infektion mit SARS-CoV-2 durchgemacht haben, vorerst nicht geimpft werden.“ So könne der Impfstoff für die Personen verwendet werden, die bisher weder eine Erkrankung durchgemacht haben, noch geimpft sind. „Bei den Bewohner wollen sich so gut wie alle impfen lassen“, erklärt Heimleiter Dieter Münzer. Bei einer Weigerung hänge das immer vom ärztlichen Rat aufgrund von Vorerkrankungen ab: „Wir hatten bei uns viele, die eine Infektion durchgemacht haben und sich deshalb jetzt nicht impfen lassen. Gleiches gilt für die Mitarbeiter“, sagt Münzer. Es gebe in der Einrichtung jedoch nur wenige, die es nicht machen. Ob die Weigerungen mit einer vorangegangenen Infektion oder mit anderen Gründen zusammenhängen, kann Münzer allerdings nicht sagen.

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Dieter Münzer, Heimleiter St. Michael Donaueschingen.
Dieter Münzer, Heimleiter St. Michael Donaueschingen. | Bild: Simon, Guy

Von 22 Mitarbeitern nur vier zur Impfung

Im Wohnpflegezentrum Donauresidenz ist die „Impfbereitschaft eine richtige Flaute„, sagt Heimleiter Reiner Krummradt. Von 22 Mitarbeitern sind es nur vier, die sich momentan auch impfen lassen wollen. Das habe allerdings nicht immer so ausgesehen: „Anfangs waren es zwei Drittel, die dazu bereit waren. Das hat sich signifikant verändert“, so Krummradt. Wie ist das passiert? „Aus Unsicherheiten und Inkompetenz von Medien und Politik. Auch, was der Hersteller von Biontech selbst dazu sagt“, erklärt Krummradt. Zur unübersichtlichen Nachrichtenlage würden sich auch noch gezielt gesteuerte Falschmeldungen gesellen. Eine Impfpflicht hält Krummradt allerdings für den falschen Weg: „Das ist eine Entmündigung des Bürgers. Ich bin froh, dass es freigestellt ist.“ Die mit der Impfung verbundene Aufklärung werde wahrgenommen, etwa durch die impfenden Ärzte, am Wochenende soll auch hier geimpft werden: „Wir müssen vorher die genauen Zahlen übermitteln, dass eine entsprechende Menge an Impfstoff mitgebracht werden kann.“

Viel Vertrauen ins Team

Mit der damit verbundenen Aufklärung und Information sei ein enormer Verwaltungsaufwand einhergegangen. Die erreichbare Sicherheit von 96 Prozent gebe es erst nach Verabreichung der zweiten Dosis: „Es gibt momentan eine große Unsicherheit und viele warten erst mal ab.“ Krummradt sehe das jedoch entspannt: „Wir haben im Umgang mit der Krankheit viel Aufklärung betrieben, offene Fragen geklärt, Einzelfortbildungen gemacht. Ich habe sehr hohes Vertrauen ins Team und dessen Verhalten.“ Ein Indiz dafür sei auch, dass es in der Einrichtung noch zu keiner Infektion gekommen sei. Nicht nachvollziehbar sei für Krummradt, dass das Besuchsrecht weiter voll aufrecht erhalten werde. Die Einrichtung organisiere das mit kontrollierten Besuchen mit Testungen und Terminen.

Bianca Braunersreuther, Heimleiterin AWO-Seniorenzentrum Bräunlingen.
Bianca Braunersreuther, Heimleiterin AWO-Seniorenzentrum Bräunlingen. | Bild: Lutz Rademacher

Nicht alle wollen die Impfung

Eine zwiegespaltene Meinung zur Impfung hat auch das Personal im Bräunlinger Seniorenzentrum: „Es sind nicht alle bereit, sich impfen zu lassen. Manche sind da ein bisschen skeptisch“, sagt Heimleiterin Bianca Braunersreuther. Eine mögliche Impfpflicht hält sie für schwierig: „Es steht ja eine Begründung dahinter, wenn man das nicht möchte.“ Viele würden vorher kündigen: „Es ist ohnehin schon schwierig genug, Personal zu finden. Dadurch würde es noch schwieriger.“

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