Wenn an der Raiffeisenstraße unter der Woche rund um die Uhr gearbeitet wird, ist das nicht ungewöhnlich. Ist ja ein Gewerbegebiet. Auch an Wochenenden sind Schichten ein Zeichen, dass es in der Industrie brummt. Einen 24/7-Betrieb, also, Komplettprogramm Tag und Nacht und jeden Tag stemmt gerade ein Betrieb, welcher der alternativen, eher nachtaktiven Freizeitszene zuzuordnen ist. Die Diskothek Delta betreibt bereits seit 16 Monaten ein Internetradio.
Bekannter Sound
Produziert wird dort hörbar gute Laune. Dafür sorgen zehn DJs, die den Sender laut.fm/delta-radio mit ihren Playlists nie verstummen lassen. „Wir bieten den Leuten unseren Sound“, sagt Delta-Geschäftsführer Oliver Ludwig. Das ist die Musik, welche die Gäste an den Themenabenden oder im Normalbetrieb des seit 28 Jahren bestehenden Clubs schätzen.
Aber im März 2020 war das vorbei. Pandemie. Mit ein bisschen Social Media sorgte Ludwig und sein Team dafür, dass der Kontakt zu den Gästen nicht abriss. Aber der große Wurf war das nicht. Ein dickes Ausrufezeichen setzte eine Idee von Daniel Franke, der im Club als Dj Heinemet auflegt. Beim Internet-Radiosender laut.de habe er eine Ausschreibung gelesen, berichtet er. Man könne sich für einen Slot bewerben, also einen eigenen Sendeplatz innerhalb des Senders. „Und das beste war: Laut.de versprach, die Gema-Kosten zu übernehmen.“

Die Gema-Gebühren entlohnen kreative Schaffensprozesse, wie etwa bei Musik und werden bei öffentlichen Veranstaltungen fällig, also etwa beim Radio. Sie nicht bezahlen zu müssen, schafft wiederum Sicherheit. „Da mussten wir nicht lange überlegen“, so Ludwig. Schnell war die Bewerbung raus, drei Tage später kam die Zusage und am 30. März 2020 ging Delta Radio auf Sendung.
Aber wie macht man das? Erst habe man natürlich geschaut, wie man die Sendezeiten bestückt, aber inzwischen sei das eingespielt. Einfacher machen es die Playlists. Das sind ständig aktualisierte Musikkonserven, die von den DJs nach ihrem Geschmack zusammengestellt, und in Mehrstunden-Blöcken – oftmals sind es drei Stunden – abgespielt werden. „Das ist entweder die Liste in der angelegten Reihenfolge. Oder über die Shuffle-Funktion, die den Sound in einer Zufallsfunktion vorgibt. Langweilige Wiederholungen sind unwahrscheinlich. „Meine Playlist dauert 39 Stunden“, sagt Ludwig schmunzelnd. Als Dj Geisha mischt der Geschäftsführer natürlich auch mit.
Auf der Seite des Senders gibt es einen wöchentlichen Sendeplan, gerade laufende Titel werden angezeigt, die Delta-Facebookseite verrät das Tagesprogramm. Es wechselt kunterbunt, angelehnt an die Programmvielfalt im realen Club. „Eine Mischung aus Trittsteinen und Experimenten“, fasst Ludwig das Radioprogramm zusammen. Unmöglich, an dieser Stelle die Vorlieben und Genres der Djs aufzuschlüsseln.
Manche Highlights aus dem echten Delta passen im Radio nicht. Die berühmten Bad-Taste-Partys, zu denen Gäste gerne mal mehr als eine Stunde Anfahrt in Kauf nehmen, funktionieren wegen der schrägen Optik und der Stimmung nicht. Dafür werden andere Sparten hörbar. Philipp Opitz, gelernter Musikredakteur legt als Bluesrock-Experte auf. „So was gab es im Delta explizit nicht“, freut sich Dj Captain Coconut aufs Antesten und auf einen Sound, der zwischen Indie und Hart/Heavy zu den Delta-Hörgewohnheiten passt.
Und wo wird das Delta-Radio gehört? „Das ist messbar“, sagt Franke. Zahl der Hörer, die Zeiten, in denen viele Hörer ganz Ohr sind und wo die Hotspots sind. „Wir haben Hörer ganz im Norden“, so der stolze Initiator.
Und wie lange noch? Das Experiment ist zum Dauerzustand geworden. „Keiner ahnte ja, dass es so lange dauern würde mit Corona“, sagt Christoph Brach. Von Lockerungen, wie sie Gastronomie, Kultureinrichtungen oder Sportstudios inzwischen erleben, seien die Diskotheken bislang noch ausgenommen, bedauert Oliver Ludwig. „Aber immerhin sind wir im neuen 4-Stufen-Corona-Plan erwähnt“, sieht er einen Lichtblick. Die Fragen der Gäste, wann das Delta wieder öffnet, nähmen zu.
Und was passiert dann mit dem Radio? Es werde fortgesetzt, sind sich die DJs einig. Zumal es einen Riesenspaß mache, für seine Playlist zu recherchieren, wie Sabrina Wachek meint, die als DJane SubSay tanzbare und fröhliche Musik auflegt. Aber auch, „weil wir grünes Licht haben“, ergänzt Ludwig die finanzielle Komponente. Denn Musik-Slot und Gema-Befreiung sind zur Freude der Donaueschinger Radiomacher ohne Ablaufdatum versehen.
Die Disco im Internet: www.delta-animalhouse.de