Geisingen – Eine goldene Hochzeit feiern zwei Personen mit Gästen – und wenn fünf Partner ein goldenes Zeitalter, dann tut man das ebenfalls. Fünf Jahrzehnte liegen nun zurück, seit die große Kommunalreform durch das Land Baden-Württemberg beschlossen und umgesetzt wurde. Vor 50 Jahren, genauer 52 Jahren, entstand durch die Zusammenschlüsse von Geisingen, Aulfingen, Gutmadingen, Kirchen-Hausen und Leipferdingen die neue Raumschaft Geisingen. Jetzt feiert man miteinander und hat in zahlreichen Sitzungen des Festausschusses und verschiedener Arbeitsgruppen ein Jubiläumsjahr mit zahlreichen Veranstaltungen terminiert.
Auftakt für das Jubiläumsjahr war jetzt der gut besuchte Festakt in der Geisinger Stadthalle im Hans-Sorg-Saal. Dessen Name ist auch eng mit der Gemeindereform verbunden, hat er doch in seiner Amtszeit, die 1971 begann, die Verhandlungen geführt und zum Abschluss gebracht. Und was noch wichtiger ist: Den vier Ortsteilen wurden soviel Eigenleben wie möglich zugestanden. Von Sorg stammt auch das Zitat: „Verträge sind am besten, wenn sie abgeschlossen sind und man sie nicht dauernd lesen muss.“ Sorg war Bürgermeister bis 2003.
Die Ortsteile haben zwar ihre Selbständigkeit verloren, aber nicht die Eigenständigkeit wie von allen Rednern beim Festakt betont wurde. Bürgermeister Martin Numberger bezeichnete die vergangenen 50 Jahre als Erfolgsgeschichte. Sehr gut besucht von der Bevölkerung, Mandatsträgern und Vereinsvertretern war der Festakt, unter denen auch die Landtagsabgeordneten Guido Wolf (CDU) Niko Reith (FDP) und der ehemalige Abgeordnete Fritz Buschli (SPD) waren, ferner als Vertreter des Landrats der erste Landesbeamte Stefan Helbig und als Festredner Kreisarchivar Hans Joachim Schuster. Auch er, so Numberger, ist mehr oder weniger zwangsweise Geisinger geworden und hat es nicht bereut.
In den vergangenen fünf Jahrzehnten wurde sehr viel in die Infrastruktur aller fünf Stadtteile der neuen Raumschaft Geisingen investiert. Angefangen von Abwasserbeseitigung, Wasserversorgung bis zum aktuellen Projekt Glasfaser. Dezentral ist vieles geblieben, die Feuerwehrabteilungen, überall Kindergärten vor Ort, Festhallen oder auch drei Grundschulen. Vorschriften, Regeln und Gesetze werden immer komplexer, es wäre für kleinere Gemeinden unmöglich, in der Verwaltung noch alles selbst erledigen zu können, so Numberger weiter. Geisingen wurde durch die Reform zur sechstgrößten Gemeinde des damaligen neuen Landkreises Tuttlingen, flächenmäßig sogar der drittgrößte.
Eng verknüpft ist die 50-jährige Geschichte der Raumschaft Geisingen mit dem 1973 neu geschaffenen Landkreis Tuttlingen, so der erste Landesbeamte Stefan Helbig. Geisingen ist sehr gut aufgestellt, hat eine hervorragende Infrastruktur, eine gute Verkehrsanbindung und ist bei Förderprogrammen des Landes für verschiedene Projekte immer vorne mit dabei. Und nicht zuletzt hat der Landkreis Tuttlingen mit Geisingen eine starke badische Säule bekommen.
Kreisarchivar Hans Joachim Schuster ist für seine humorvollen Vorträge bekannt. Geschichte kann trocken und langweilig sein, das Gegenteil hat Schuster erneut präsentiert. Die Kreisreform mit Details aus diversen Sitzungen von Gemeinden und den beiden Kreistagen von Donaueschingen und Tuttlingen kann man im Nachhinein auch schmunzelnd zur Kenntnis nehmen. Während im Kreistag von Donaueschingen von Raubrittertum gesprochen wurde, verliefen die Diskussionen um die Gemeindereform in der Region Geisingen sachbezogen aber dennoch mit Befürchtungen wie es nach der Eingemeindung weitergeht. Was vielleicht in manchen Sitzungen damals für hitzige Debatten sorgte, war beim Festakt zum Schmunzeln. Guido Wolf betonte schließlich, dass das Festjahr ein Beweis für eine Erfolgsgeschichte sei, wenn es im Großen mit Europa nicht mit einer Zusammenarbeit klappe, dann sei es umso wichtiger, dass es eben in den kommunalen Einheiten funktioniere. Niko Reith stellte die Frage, wie die Diskussionen vor 50 Jahren gelaufen wäre, wenn es dort schon die sozialen Medien gegeben hätte. Die Entscheidungen für die Eingemeindungen waren von Mut geprägt, nicht unbedingt eine Liebesheirat aber inzwischen eine Erfolgsgeschichte.