Das ehemalige Gasthaus "Löwen" in der Hauptstraße zählt mit Sicherheit zu den Urgestein- Häusern in Hüfingen, die über eine jahrhundertlange und bewegte Vergangenheit erzählen könnten. Seit rund zehn Jahren ist das frühere Wirtshaus geschlossen. Es dient derzeit der Unterbringung von Flüchtlingen und Asylbewerbern. Nach den Plänen von Roland Fürst, dem Eigentümers der Immobilie, soll der "Löwen" demnächst abgerissen werden und hier ein Neubau mit 21 Wohnungen entstehen.
Aber zuvor sollte dort nach alter Tradition noch mal so richtig Fasnet gefeiert werden. Und zwar im ehemaligen Schankraum. "Das sollte auch zu Ehren meiner Mutter Martha Fürst geschehen, die jahrelang die Gäste im Löwen bewirtete", beschreibt Roland Fürst dieses Vorhaben.
Die Bärcheappeli freuten sich anfangs, als Fürst auf sie zukam und ihnen diese Offerte unterbreitete. Denn an einer Besenwirtschaft an den hohen Tagen zur Fasnet haben sie grundsätzliches Interesse, zumal andere Leerstände für diesen Zweck nicht zur Verfügung stehen. Verteilte Handzettel mit den Öffnungszeiten der geplanten "Appeli Beiz im Laie" sorgten aber für kontroversen Gesprächsstoff in Hüfingen.

Als die Zettel verteilt wurden, gingen die Verantwortlichen noch davon aus, dass die 17 Flüchtlinge, die noch im "Löwen" leben, bereits ausgezogen sind. Sie hätten mit weiteren Flüchtlingen, die noch an anderen Stellen in Hüfingen wohnen in das dafür vorgesehene neu errichtete Wohngebäude ziehen sollen, das auf dem Firmengebäude der Firma Magu im Dreiangel für diesen Zweck vor zwei Jahren entstanden ist. Ein bestehender Mietvertrag mit dem Kreis sowie laufende Verhandlungen der Eigentümer beider Immobilien mit der Stadt Hüfingen und dem Landratsamt setzen jedoch einem Umzug in die neuen Wohnungen einen Riegel vor. Inzwischen wurde der Mietvertrag mit dem Landratsamt aufgehoben.
Trotz dieser Problematik hielten die Organisatoren an der "Appeli Beiz" im ehemaligen Gastraum fest. Der Schankraum mit der angeschlossenen Küche dient den Flüchtlingen allerdings als Aufenthalts- und Gemeinschaftsraum, sozusagen als Wohnzimmer. Ansonsten stehen ihnen nur noch ihre Mehrbett-Schlafräume zur Verfügung, die allerdings durch ihre Enge wirklich nur zum Schlafen dienen.
Schon bevor im Jahr 2015 viele Flüchtlinge nach Deutschland kamen, lebten im ehemaligen "Löwen" in Hüfingen einige Männer aus Pakistan. Die Stadt hat die Zimmer und den ehemaligen Gastraum samt Küche und sanitäre Anlagen von dem Besitzer angemietet. Für die Unterbringung in den Mehrbettzimmern mit drei Schlafmöglichkeiten müssen die Flüchtlinge 274 Euro Miete bezahlen. Acht Zimmer stehen ihnen im ehemaligen Gasthaus zur Verfügung. Wenn die derzeit laufenden Verhandlungen und Verträge in nächster Zeit einvernehmlich abgeschlossen werden, können die Flüchtlinge bis zum Juni 2018 im "Löwen" wohnen bleiben.
Schlechte Voraussetzungen für eine Besenwirtschaft. Aber der "Löwen" verfügt ja auch noch über einen separaten Nebenraum, dem ehemaligen Kino und Tanzsaal. Dieser beherbergt seit der Schließung des Hüfinger Kinos im Jahre 1965 allerdings nur noch Gerümpel aller Art aus vergangenen Zeiten. Von außen erkennt man den Saal seit Jahren an seinen großen, verschlossenen Fensterläden.
Am vergangenen Samstag trafen sich einige Bärchiappeli, um schon mal beim Aufräumen anzupacken. Denn das alte Kino, in dem sich keine Heizung mehr befindet, sollte den Flüchtlingen über die Fasnet als Ersatz für den Gemeinschaftsraum dienen, so die Idee. Das stieß allerdings auf Protest aus dem Helferkreis. Die brisante Angelegenheit brachte in den zurückliegenden Tagen einiges in Bewegung und schlug hohe Wellen, auch in den Amtstuben.
"Wir haben die Zimmer im Löwen
und den Gastraum für die Flüchtlinge angemietet. Ein Aufhebungsvertrag wurde bisher nicht unterzeichnet. Es wird hier also definitiv keine Fastnacht und keine Besenwirtschaft in dem Gemeinschaftsraum geben", äußerst sich Hauptamtsleiter Horst Vetter zu diesem Thema. "Zudem haben wir auch keine Schankerlaubnis für diesen Zweck erteilt, die Flüchtlinge bleiben also da, wo sie sind", erklärt Vetter kompromisslos.
Roland Fürst richtet nun mit Helfern den etwa 120 Quadratmeter großen Saal für die geplante "Appeli Beiz" her und packt bei den Aufräumarbeiten mit an. Trotz seines Alters verfügt der Saal über einen gewissen Charme und wäre als Partyraum für die Fasnet fast noch besser geeignet als die durch eine Mauer getrennte ehemalige Gaststube.
Noch vor der Nutzung als Kino diente der Raum mit den hohen Fenstern neben der Gaststätte als Tanzsaal und für andere kulturelle Veranstaltungen. Manche können sich noch daran erinnern, dass sogar das Theater des Turn- und Sportvereins Hüfingen am Dreikönigstag hier das Publikum begeisterte. Der Saal mit seiner Holvertäfelung unter den Fenstern und den dicken Mauern hat ein gewisses Ambiente, das auch heute trotz Staub und Gerümpel eine gewisse Strahlkraft besitzt. Viele Hüfinger der älteren Generation haben hier Zeichentrick-, Abenteuer- und Liebesfilme genossen.
Die Appeli Beiz im Laie
Der alte Saal im Gasthaus "Löwen" ist nicht von der Stadt angemietet und steht anders als der Gastraum somit den Bärcheappeli als Besenwirtschaft zur Verfügung. Da das Thema in Hüfingen inzwischen viele Gemüter erhitzt hat, ergab sich für die Bärcheappeli die dringende Frage, ob sie im alten Kino Fasnet feiern wollen oder gar nicht. Denn eine zweite Alternative stand nicht zur Verfügung. Eine sicherheitstechnische Prüfung in Sachen Brandschutz und weiteren Bestimmungen hat der Saal inzwischen bestanden, Baurechtsleiter Wilfried Laufer hat nach einem Besichtigungstermin grünes Licht gegeben.
In einer Krisensitzung der Appeli wurde entschieden, den Nebensaal des "Löwen" als Besenwirtschaft zu nutzen. Fieberhaft wird dieser nun zu diesem Zweck herausgeputzt. Somit hat sich die Alternative sogar als die bessere Lösung erwiesen. "Wir sind sicher, dass dies eine Bereicherung für die Hüfinger Fasnet ist. Denn viele ältere Bürger kennen das alte Kino und den Tanzsaal noch und haben nun Gelegenheit, dort ungezwungen einzukehren", ist der Vorstand der Bärcheappli überzeugt. (gal)
Die Öffnungszeiten der "Appeli Beiz im Laie": Schmutzige Dunschtig ab 13.30 Uhr, Fasnetsunntig ab 16.30 Uhr, Fasnetmentig ab 11.30 Uhr und Fasnetzieschtig ab 12.30 Uhr.