Zwei Jahre und acht Monate Haft: So lautet das Urteil des Landgerichts Rottweil gegen einen 52-Jährigen, der in den vergangenen Jahren seine Nachbarschaft in der Rottweiler Altstadt tyrannisiert hat.

Davon werden ihm zwei Monate abgezogen, weil das Verfahren so lange dauerte. Und weitere fünf Monate, die er schon in Untersuchungshaft sitzt.

Für die Nachbarn könnte die derzeitige Ruhe allerdings weniger lange anhalten, denn er hat die Möglichkeit, nach der Hälfte der Strafe eine Haftprüfung zu verlangen. Und dann eventuell auf Bewährung freizukommen.

Mögliche vorzeitige Entlassung beunruhigt Nachbarn

Als der Vorsitzende Richter das deutlich machte, ging ein Raunen durch die Reihe der Zuschauer – darunter einige der geplagten Nachbarn. Und anschließend stellte man sich die bange Frage, ob man dann, in weniger als einem Jahr, wieder mit angezündeten Mülltonnen, Beleidigungen, geschändeten Gräbern und unzähligen nächtlichen Blaulichteinsätzen rechnen müsse.

Möglich ist das, doch der Vorsitzende Thomas Geiger machte dem 52-Jährigen unmissverständlich klar: Bei einer vorzeitigen Entlassung steht er unter Bewährung. Und landet, sollte er dann noch einmal straffällig werden, ganz schnell wieder im Knast.

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Dort ist der 52-Jährige inzwischen in psychologischer Behandlung, und so zeigte er sich auch einsichtig gegenüber den Worten des Richters. „Sie brauchen eine Beschäftigung!“, machte ihm Geiger klar. Und solle ihn mal jemand nicht zurückgrüßen, „dann ist es halt so.“ Das sei jedenfalls kein Grund, jemanden zu beleidigen.

Hunderte Straftaten angezeigt

Insgesamt standen 230 Anklagepunkte auf der Liste, darunter allein 85 Fälle von Missbrauch des Notrufs und 51 Mal Beleidigung, aber auch wesentlich Gravierenderes wie Brandstiftung, Körperverletzung und Nötigung. Dazu kamen falsche Verdächtigungen, Nachstellungen und Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte. In mehreren Prozesstagen wurde dies vor dem Rottweiler Landgericht aufgearbeitet.

Das sagt der Verteidiger

Sein Verteidiger Rainer Gilot war im Plädoyer auf die untere Grenze des vorher festgelegten Strafrahmens gegangen, zwei Jahre und zwei Monate.

Sein Mandant sei psychisch krank, habe eine kombinierte Persönlichkeitsstörung mit dissozialen und paranoiden Elementen. Und er sei laut dem psychiatrischen Gutachten empathielos, also nicht in der Lage, sich in seine Opfer hineinzuversetzen. Er wolle, dass sich alles um ihn drehe. Zudem sei sein Mandant der Ansicht, die Justiz könne ihm nichts anhaben.

Die Pflege der Mutter habe ihn sehr belastet, in dieser Zeit und nach ihrem Tod hätten die Taten sich verstärkt.

Kritik an langsamer Justiz

Gilot stellte auch klar, dass manche Taten nicht geschehen wären, wenn die Justiz schneller gehandelt hätte. Dennoch habe sein Mandant gegen Ende des Prozesses gut mitgearbeitet, seine Taten gestanden. „Vor wenigen Wochen war er noch nicht in der Lage, seine Fehler einzusehen.“

Nun sei er bereit, an sich zu arbeiten. Zu beachten sei auch, dass er bereits einmal auf Bewährung verurteilt wurde und danach fünf Jahre straffrei blieb.

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Staatsanwalt sieht kriminelle Energie

Hingegen sah der Staatsanwalt in seinem Plädoyer hohe kriminelle Energie bei dem 52-Jährigen. Das habe sich besonders brutal gezeigt, als er einen Jugendlichen völlig anlasslos krankenhausreif geprügelt und einer Mitarbeiterin des Veterinäramts mit dem Tod gedroht habe.

Aber auch darin, dass er wiederholt auf Polizisten und Feuerwehrleute losgegangen war. Er forderte, dass der Mann für zwei Jahre und elf Monate ins Gefängnis sollte.

Angeklagte will sich bessern

Der 52-Jährige versprach schließlich, sich bessern zu wollen, man werde ihn im Gericht nicht mehr zu sehen bekommen. Auch habe er eine Arbeitsstelle in Aussicht, im IT-Bereich.

Diesen Optimismus wollten seine Nachbarn nicht ganz teilen. Sie fürchten weiterhin, dass der Mann nach der Entlassung genauso weitermacht wie bisher.

Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Sollte der 52-Jährige Rechtsmittel dagegen einlegen, muss sich das Oberlandesgericht damit befassen.