Niedereschach – Die Überschrift zum desjährigen Jahresinterview mit Bürgermeister Martin Ragg mit dem Wortlaut „Neue Apotheke und neuer Minister?“ im SÜDKURIER vom 9. Januar scheint auch in Stuttgart im Verkehrsministerium angekommen zu sein. Bürgermeister Ragg hatte darin die Blockade in Sachen Ortsumgehung vorrangig an der mangelnden Unterstützung seitens des Landes festgemacht.

Nun widerspricht das Verkehrsministerium der Aussage Raggs, dass eine Förderung der Südumfahrung allein vom Willen des Landes abhänge: „Alle 1101 Städte und Gemeinden in Baden-Württemberg haben die Möglichkeit, Anträge auf Förderung für Maßnahmen zur Verbesserung ihrer Verkehrsinfrastruktur zu stellen. Grundlage für die Förderungen ist das Landesgemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz, das für alle Kommunen gleichermaßen gilt,“ so schreibt jetzt das Ministerium. Ferner wird im Schreiben betont, dass der Eindruck, in diesem Fall sei vorrangig das Land am Zug, nicht zutreffe: „Die Gemeinde muss dieses Projekt aus Eigenmitteln finanzieren, wird dabei aber mit Zuweisungen aus dem kommunalen Finanzausgleich unterstützt. Für eine zusätzliche Förderung sind die Voraussetzungen der einschlägigen Verwaltungsvorschrift nicht erfüllt.“

Mehrfach und zuletzt 2017 sei ein Förderantrag für das Vorhaben von der Kommune eingereicht worden. Unter anderem müsse ein Antrag gestellt werden, bevor eine Maßnahme startet. Es sei nicht möglich, einen Antrag genehmigt zu bekommen, wenn bereits 200 Meter gebaut seien, so wird betont. Diese Frage ändere aber nichts daran, dass die Voraussetzungen für eine Förderung weiterhin nicht erfüllt seien.

Eine Straße gilt als innerörtlich, wenn sie innerhalb des geschlossenen Ortes liegt und entweder anliegende Grundstücke erschließt oder das Straßennetz im Ort verbindet. Das sei hier nicht gegeben. Nicht zuletzt habe sich selbst der Petitionsausschuss schon mit der Frage beschäftigt, dass Niedereschach für diese Straße selbst zuständig ist. „Wiederholt auf das Land zu verweisen, bringt Niedereschach bei der gewünschten Umfahrung nicht weiter“, so schreibt das Ministerium. Und weiter: „Abschließend sei daran erinnert, dass die Sanierung der L 181 – ein wichtiges Infrastrukturprojekt für Niedereschach – unter dem jetzt vom Bürgermeister kritisierten Verkehrsminister erfolgreich umgesetzt worden ist. Nach vielen Jahren ist die Straße unter Winfried Hermann saniert worden. Gerade die Priorisierung des Verkehrsministers ab 2011 von Sanierung und Erhalt vor Neubau hat Projekten wie in Niedereschach Rückenwind gegeben“, so das Ministerium.

Dazu meldet sich nun Bürgermeister Martin Ragg mit folgender Stellungnahme zu Wort: Das Grundproblem mit dem Ministerium für Verkehr sei die Verkennung der historischen Zusammenhänge bei diesem bereits über 35 Jahre dauernden Verkehrsprojekt sowie dessen Umgang mit den eigenen Widersprüchlichkeiten.

Die Dauchinger Straße stelle die einzige Zufahrt aus nördlicher Richtung und aus dem Kernort in das Niedereschacher Gewerbegebiet dar. Dieser stark ansteigende Teil der L¦423 mit 14-prozentiger Steigung sei daher vom Schwerlastverkehr geprägt. Hierdurch bestehe ein massives Sicherheitsrisiko, da die Straße wegen ihrer ungenügenden Breite hierfür nicht ausgelegt sei. Die größte Gefahr bestehe jedoch in den viel zu engen Kurvenradien, welche – wie das Ministerium selbst festgestellt habe – durch das Land nicht korrekt hergestellt worden sind.

Aufgrund der prekären Sicherheitslage auf der Dauchinger Straße (L¦423) habe am 16. April 2013 die Mobile Verkehrssicherheitskommission des Ministeriums die Gemeinde Niedereschach besucht. Zur nachhaltigen Beseitigung der Sicherheitsmängel in der Dauchinger Straße sei im Protokoll zu dieser Sitzung festgehalten worden: „Aus Sicht aller Beteiligten ist die bauliche Lösung (Südumfahrung) im Sinne der Verkehrssicherheit die beste.“

Doch anstelle den von seiner Verkehrssicherheitsabteilung empfohlenen Bau der Südumfahrung zu unterstützen, hätten die anderen Abteilungen des Verkehrsministeriums, letztendlich über Jahre, dieses Straßenprojekt von gerade mal rund 900 Meter Länge nur blockiert und ausgebremst. Sei es bei Zuschüssen oder der Frage des Baus als Landesstraße; bis hin zur Bezeichnung als „bauunwürdig“.

Ärgerlich sei auch, wenn offensichtlich neue Mitarbeiter des Ministeriums Sachverhalte, die man schon klargestellt habe, dann erneut verdrehten. So etwa beim angesprochenen, bereits gebauten Straßenteil, welcher schon 230 Meter Südumfahrung enthält. Dieser sei im Rahmen der Gewerbegebietserschließung im Jahr 2012 fertiggestellt worden, dies sei mit Wissen und Unterstützung der zuständigen Behörden geschehen. Dieses damals vorbildliche Zusammenwirken zwischen staatlichen Behörden des Landes und der Gemeinde sei ganz bewusst im Vorgriff auf die Südumfahrung erfolgt. Und natürlich hänge das Fortkommen ganz entscheidend am Ministerium, schließlich handle es sich bei der L¦423, wie im Übrigen auch der L¦178 (Villinger Straße), um eine Landesstraße. Darüber hinaus habe auch das Ministeriums die vieldiskutierten Poller in der Dauchinger Straße „als vorübergehende Maßnahme, bis die Südumfahrung gebaut ist“, angeordnet.

Große Sorge hingegen bereite die Androhung des Ministeriums, die Dauchinger Straße für den Schwerlastverkehr – und zwar unabhängig vom Bau der Südumfahrung – zu sperren, sollten sich etwa schwere Unfälle ereignen. Dies wäre für die Betriebe im Ort, aber auch die ganze Region, verkehrspolitisch eine Katastrophe, so Ragg Die Verkehrssicherheit für die Bürgerinnen und Bürger Niedereschachs mit dem Bau eines Straßenstücks von 900 Metern Länge herzustellen, müsse doch dem Ministerium wichtiger sein, „als sich ständig damit zu brüsten, keine neuen Straßen zu bauen“.

Ausgerechnet die Sanierung der L 181 (Niedereschach-Fischbach und Fischbach-Erdmannsweiler) als Erfolg des Verkehrsministeriums zu verkünden, halte er ebenfalls für sehr unglücklich, so Ragg. „Unsere Bürgerinnen und Bürger haben noch immer in schlechter Erinnerung, wie viele Jahre wir auf die Sanierung dieser maroden Landesstraße warten mussten. Letztendlich war vielmehr das unvergessene Engagement von Landrat Sven Hinterseh sowie des früheren Landtagsabgeordneten Karl Rombach verantwortlich, dass diese endlich in Angriff genommen wurde.“ Völlig unverständlich sei in diesem Zusammenhang bis heute, dass das Ministeriums – trotz zahlloser Bitten und Ortstermine – nicht die Gelegenheit nutzte, seine Straße hinter die Vogelsangkapelle zu verlegen, denn die Grundstückseigentümer hätten hier mitgemacht.