Der sogenannte Anzeigenhauptmeister macht derzeit von sich reden. Dabei handelt es sich um einen jungen Mann, der in seiner Freizeit in der Bundesrepublik verschiedene Gemeinden abklappert und dort per App Falschparker meldet. Damit macht er sich nicht unbedingt überall beliebt.
Einen Falschparker per App zu melden, das scheint immer häufiger zum Einsatz zu kommen. Das sorgt für Erstaunen bei denjenigen, die auf diese Art gemeldet werden – besonders, wenn die Umstände andere sind.
So ergangen ist es auch Daniel Burkard in Donaueschingen. Er will ins Eiscafé Vivaldi auf dem Hanselbrunnenplatz. Nebenan befindet sich das ehemalige Gebäude der BW-Bank, das seit November 2023 einem Investor aus Waldshut-Tiengen gehört, der dafür Mieter sucht. Die Räume sind leer, der Parkplatz ebenfalls. Also stellt Burkard seinen Wagen dort ab. „Ich bin davon ausgegangen, dass die Parkplätze durch die Schließung der Bank aktuell nicht genutzt werden“, sagt Burkard.
Plötzlich Brief vom Anwalt
Im März flattert bei ihm plötzlich Post von einem Anwalt ins Haus, der nicht aus der Region kommt. Darin enthalten der Vorwurf, Daniel Burkard hätte auf einem Privatparkplatz seines Mandanten geparkt. Mit dabei ist auch eine Unterlassungserklärung und die Aufforderung, die Rechtsanwaltsgebühren von 220 Euro innerhalb von zwei Wochen zu begleichen. „Die 220 Euro basieren auf einem Streitwert von 1500 Euro“, erklärt Burkard.
Dass er dort kurz geparkt habe, das sei korrekt. Eben unter dem Eindruck, dass die Plätze aktuell ohnehin nicht genutzt werden. Rein rechtlich versteht Burkard, dass sich da nichts unternehmen lässt. Aber moralisch findet er das zweifelhaft: „Es ist nicht mal ein Parkplatz, der ständig benutzt werden muss. Die BW-Bank ist nicht mehr da. Aus der Entfernung ist kein besonderer Zweck zu erkennen.“ Noch dazu befinde sich die Stelle mitten in der Stadt an einem zentralen Platz. Gegen die Unterlassung vorzugehen, „da hat man wohl keine Chance. Der Anwalt hat zig Urteile durchgefochten“.
Dahinter steht das Unternehmen „myparkplatz24“. Geschäftsführer ist Rechtsanwalt Jan Bröcker. Er ist deutschlandweit tätig. Und wie sieht es mit der Nachfrage bei diesem Geschäftsmodell aus? „Die Nachfrage ist in jedem Fall höher, als ich dies erwartet hätte“, erklärt Bröcker. Seine App werde dabei meist weniger für große Parkplatzkomplexe genutzt, sondern überwiegend für den Privatparkplatz in der Stadt.
Ist das Abzocke?
Und was sagt Bröcker dazu, dass der Vorwurf Abzocke in Zusammenhang mit seinem Geschäft fällt? „Es liegt in der Natur der Sache, dass die Falschparker dieses Verfahren natürlich als Abzocke empfinden“, so Bröcker. Allerdings bleibe den Besitzern von privaten Parkplätzen fast keine andere Handhabe, „da Abschleppunternehmen für Privatpersonen nur ungern und regelmäßig sehr zögerlich tätig werden und der freundliche Zettel am Scheibenwischer maximal als Müll vom Parkplatz aufgesammelt werden muss“.

Reaktionen erhalte er entsprechende: „Da die Falschparker ihre Interessen schon mit dem Abstellen des Fahrzeugs immer höher bewerten, als das Recht des Parkplatzbesitzers, seinen Parkplatz, für den er Geld bezahlt, jederzeit nutzen zu können, haben die Falschparker natürlich regelmäßig kein Verständnis für die Verfahren.“
Werden die Einnahmen geteilt?
Der Parkplatzbesitzer muss mit keinen Rechtsanwaltskosten in Vorleistung gehen, die werden vom Falschparker eingeholt. „Lediglich falls die Ansprüche eingeklagt werden müssen, muss dieser die Gerichtskosten in Höhe von 234 Euro für die Dauer des Verfahrens auslegen.“ Nach erfolgreichem Abschluss des Verfahrens erhalte er diese allerdings auch vom Falschparker erstattet.
Dass sich der Anwalt und der Besitzer der Parkplätze das Geld teilen, sei nicht der Fall: „Eine finanzielle Beteiligung der Parkplatzbesitzer an meinem Honorar erfolgt natürlich nicht“ sagt Bröcker.
Das sagt die Verbraucherzentrale
„Es ist natürlich zulässig, dass jemand privaten Parkraum auch privatwirtschaftlich betreibt“, sagt Oliver Buttler von der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg. Dort stelle man fest, dass „Denunzianten-Apps“, wie Buttler sie nennt, Hochkonjunktur haben. „Das ist ein eigenes Geschäftsmodell. Es gibt die Androhung einer Unterlassungsklage mit einem hohen Rechnungssatz.“
„Wenn ich selbst betroffen bin, weil irgendwer meinen Parkplatz vor der Praxis zuparkt, dann habe ich ein Bestreben, dass das aufhört. Mittlerweile mischen sich aber immer mehr auch Unbeteiligte ein“, sagt Buttler.
Was empfiehlt der Experte?
Er empfiehlt, auf keinen Fall auf Briefe von Anwälten einzugehen: „Man möchte ja, dass sie nicht mehr hier parken. Wenn sie der Gegenseite schriftlich erklären: ‚Okay, ich parke hier nicht mehr‘, dann laufen solche Anwaltsschreiben ins Leere. Man habe dann ja versichert, hier auf keinen Fall zu parken. Die Anwaltskosten, die sonst der Falschparker bekommt, bleiben dann beim Eigentümer liegen.
Auch vor Gericht sehe die Sache etwas anders aus: „Es geht auch anders, als dass ein Eigentümer sofort den Anwalt auf sie hetzt. Ein Gericht würde das auch so sehen“, erklärt der Experte für Telekommunikation, Internet und Verbraucherrecht. „Hier wird mit der Angst gespielt. Man darf dabei nur nicht in Panik verfallen“, so Buttler weiter.
Nicht mehr Bußgeldverfahren
Einen Anstieg der Bußgeldverfahren wegen Parkens auf privaten Stellplätzen könne nicht verzeichnet werden, erklärt Beatrix Grüninger von der städtischen Pressestelle. Die Stadt selbst biete auf der Homepage einen Online-Dienst an, über den Bürger mit dem Formular „Anzeige einer Verkehrswidrigkeit im ruhenden Verkehr“ Falschparker anzeigen können. Hierbei müsse der Anzeigende als Zeuge Angaben zu seiner Person machen. Mit der Anzeige könne man auch entsprechende Beweisfotos hochladen.
„Private Anzeigen wegen Falschparkern gehen des Öfteren bei der Bußgeldstelle ein“, so Grüninger weiter. Etwa, wenn in der Grundstücks- oder Garageneinfahrt des Anzeigenden geparkt wird. „Es werden aber auch Anzeigen über andere Verkehrsdelikte vorgelegt. Etwa Gehwegparken oder das Befahren gesperrter Wege“, erklärt die Pressesprecherin. Nach Prüfung der Vollständigkeit werden die Verstöße von der Bußgeldstelle geahndet.