Rückblick
Vor einigen Wochen wurden schon einmal alle Impfungen mit Astrazeneca ausgesetzt. Damals mussten sofort bereits vorhandene Impftermine in Schwenningen komplett abgesagt werden, einige Menschen kamen auf eine Warteliste. Diese ist in der Zwischenzeit abgearbeitet.
Kreisimpfzentrum
Jetzt gibt es also wieder Änderungen für den britischen Impfstoff. Für die Kreisverwaltung bedeutet das erneut einen organisatorischen Aufwand. „Personen aus den Priorisierungsgruppen ein und zwei, die das 60. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, erhalten nur dann weiter den Impfstoff von AstraZeneca, wenn die impfberechtigte Person gemeinsam mit dem impfenden Arzt nach ärztlichem Ermessen und bei individueller Risikoanalyse nach sorgfältiger Aufklärung entscheidet, mit dem Impfstoff geimpft werden zu wollen.“ Aufgrund der erhöhten Anforderungen sollen diese Impfungen grundsätzlich in Arztpraxen stattfinden. „Personen unter 60 Jahren, die bereits einen Impftermin mit dem Impfstoff von AstraZeneca im KIZ gebucht haben, können jetzt den Biontech-Impfstoff erhalten“, heißt es weiter. Betroffene Personen sollen sich per Email an kiz@lrasbk.de direkt an das KIZ wenden. Wer als unter 60-jährige Person seinen gebuchten Impftermin mit AstraZeneca beibehalten möchte, erhält im KIZ durch die Ärzte eine gesonderte Risikoanalyse sowie eine zusätzliche Aufklärung. Künftige Terminbuchungen für den britischen Impfstoff seien nun nur noch für Personen ab 60-Jahren möglich. Termine sind über die Rufnummer 116 117 und über www.impfterminservice.de erhältlich.
Hausärzte
Und was bedeutet die Maßnahme für die Impfungen bei den Hausärzten, die nach Ostern beginnen sollen? Bei Johannes Probst, Vorsitzender der St. Georgener Ärzteschaft, hat der Impfstopp für unter 60-Jährige mit Astrazeneca Fragen aufgeworfen: „Manche haben angerufen und gefragt, ob sie auch weiterhin mit Biontech geimpft werden. Sollte das nicht der Fall sein, wollen sie vorerst auf die Impfung verzichten.“ Auch unter den Ärzten waren Frage aufgekommen. Kann der Impfstart wie geplant beginnen? Welchen Impfstoff erhalten Praxen?
Auf SÜDKURIER-Anfrage antwortete das baden-württembergische Sozialministerium, dass die Impfungen nach Ostern wie geplant beginnen können. „In den ersten beiden Aprilwochen werden die Hausarztpraxen Impfstoff von Biontech erhalten. Ab Mitte April wird der Impfstoff von Astrazeneca an die niedergelassenen Praxen geliefert, die Impfzentren werden dann nur noch die Dosen erhalten, die für die Zweitimpfungen notwendig sind“, heißt es aus dem Ministerium. Die Einschränkung von Astrazeneca ändere daran nichts.
Zu Beginn seien die Arztpraxen auch weiterhin ausdrücklich aufgefordert, schwerpunktmäßig immobile Patienten in der eigenen Häuslichkeit – also bei Hausbesuchen – zu impfen, sowie Personen mit Vorerkrankungen, die mit einem hohen Risiko im Falle einer Sars-CoV-2-Infektion verbunden sind. Es sei davon auszugehen, dass ein Großteil dieser Personen das 60. Lebensjahr vollendet hat. AstraZeneca kann demnach wie geplant in den niedergelassenen Praxen an diese Gruppe verimpft werden.
Auch Probst bestätigt: „Wir bekommen zu Beginn den Biontech-Impfstoff. Ich muss sagen, ich war ganz erstaunt.“ Einem gelingenden Impfstart kommende Woche stehe also nichts mehr im Weg. Sorgen macht sich der Mediziner allerdings, wenn mit Astrazeneca geimpft wird – nicht wegen der Vakzine, sondern wegen ihres Rufs: „Es ist sehr erfreulich zu sehen, wie gut der Impfstoff wirkt. Wir müssen mit aller Macht versuchen, die Vorurteile gegenüber Astrazeneca abzubauen. Wenn Biontech nicht mehr geliefert wird, sondern Astra und der Ruf immer noch so schlecht ist, bekommen wir ein großes Problem. Und wir können nicht jeden Patienten überreden.“
Gar nicht hilfreich sind dafür Sätze wie vom bayrischen Ministerpräsidenten Markus Söder. „Der hat gesagt, wer sich traut, soll ihn nehmen. Das ist ein Fauxpas aller erster Güte“, sagt der St. Georgener Arzt weiter und wird deutlich: „Wenn wir nicht impfen, haben wir viele Tote mehr. Darüber muss man sich im Klaren sein.“
Auf und Ab mit Astra
Während das Vertrauen in den Biontech-Impfstoff hoch ist, ist das bei Vaxzevria von Astrazeneca anders – und das hat seine Gründe. Nach der Zulassung der Vakzine empfahl das Paul-Ehrlich-Institut deren Verabreichung zunächst an Menschen unter 65 Jahren, weil eine ausreichende Datenmenge für die Personengruppe fehlte. Nachdem es dann zu wenigen Fällen von Hirnvenenthrombosen gekommen war – bei sieben von 1,5 Millionen mit Astrazeneca Geimpften gab es diese Fälle, drei starben – wurde die Impfung ausgesetzt. Nach einer Überprüfung wurde sie zwei Tage später wieder aufgenommen. Nun, nachdem es zwischenzeitlich 31 Fälle von Hirnvenenthrombosen bei 2,1 Millionen AZ-Geimpften gegeben hat – neun starben – wurde die Impfung bei unter 60-Jährigen ausgesetzt.