Erdbestattung, Urnengrab, Diamant oder für immer Teil des Meeres? So wie Menschen immer individuellere Lebenskonzepte haben, genau so wird auch die Vielfalt von Bestattungsarten immer größer. Eine, die sich um die Wünsche von Angehörigen und Verstorbenen kümmert, ist Mareike Maier-Cristea. Denn: Die 29-Jährige wird Bestatterin.
„Die schriftlichen Prüfungen waren schon, im Juli ist dann die praktische dran“, sagt die St. Georgenerin. Bei dieser wird ihr ein Bestattungsfall vorgegeben. Sie hat dann eineinhalb Tage Zeit, um sich vorzubereiten. Am zweiten Tag folgen das Beratungsgespräch, wie sie es mit Angehörigen führen würde, und die Praxis. Dass Maier-Cristea auch die letzte Prüfung besteht, bezweifelt ihr Chef Norbert Hirt nicht: „Mareike hat die Schule mit Auszeichnung bestanden“, sagt er sichtlich stolz.

Die Prüfung wird in Bad Kissingen stattfinden. Dort befindet sich eine von insgesamt nur drei Berufsschulen für Bestatter in Deutschland. Die überbetriebliche Leistungsunterweisung findet ganz in der Nähe der fränkischen Gemeinde in Münnerstadt statt.
Bis Maier-Cristea aber da angekommen war, wo sie heute ist, war es ein langer Weg. „Ich wollte eigentlich schon immer Bestatterin werden“, erzählt sie. Sie habe Menschen helfen wollen, außerdem hatte sie wegen Trauerfällen in der eigenen Familie Berührungspunkte mit ihrem jetzigen Beruf.
„Nach der Realschule wurde mir im Rahmen der Berufsinfowoche aber davon abgeraten. Man sagte zu mir, dass das nichts für eine junge Frau sei“, sagt die 29-Jährige. Also ließ sie von ihrem Wunsch ab und wurde Siebdruckerin in Langenschiltach. „Nach der Ausbildung bin ich mit 21 Jahren nach Pforzheim gezogen und habe dort geheiratet. 2017 kam ich dann nach St. Georgen zurück“, erzählt sie weiter. Ihren Wunsch, Bestatterin zu werden, hatte sie aber nie vergessen.
Und so absolvierte sie bei ihrem jetzigen Arbeitgeber zunächst ein Praktikum. „Andere Praktikanten sind beim Anblick einer Leiche auch schon umgekippt. Für die ist unser Beruf eher nichts“, sagt Firmenchef Hirt. Und ergänzt: „Oftmals sind die Vorstellungen andere.
Bei Mareike war aber klar, dass sie das Zeug zu einer guten Bestatterin hat.“ Für die Familie der 29-Jährigen war ihr Berufswunsch Anfang etwas ungewöhnlich, mittlerweile unterstützten ihr Mann und alle anderen sie aber sehr.

An Bewerbungen mangle es für den Bestatterberuf nicht, sagt Hirt weiter. Er selbst bildet nur Menschen aus, die auch später in seiner Firma arbeiten können. Maier-Cristea ist die dritte Auszubildende, mit Lena Geiger gibt es bereits eine weitere. Sie ist im 1. Lehrjahr. Viele der Auszubildenden zum Bestatter springen während der Ausbildung ab: „Als ich angefangen habe, hatten wir vier Klassen mit etwa 30 Schülern. Am Ende waren es nur noch drei Klassen“, sagt Maier-Cristea.
Im Rahmen er Ausbildung zur Bestatterin, die es in dieser Form und dem Handwerk unterstellt, erst seit 2006 gibt, lernen die Lehrlinge, wie sie psychologisch mit Angehörigen umzugehen haben, wie etwa ein Sarg aussehen muss und wie er beschaffen ist.
Den Auszubildenden wird aber auch beigebracht, wie ein Leichnam überführt wird. Das „Straßburger Abkommen“ etwa bestimmt, dass ein Sarg für die Überführung aus Zink und verlötet sein muss. „Das verhindert, dass beispielsweise Dinge mithilfe des Sargs geschmuggelt werden können“, sagt Maier-Cristea. Ein großer Teil der Ausbildung umfasst aber auch den kaufmännischen Bereich.

„Unser Beruf ist sehr vielfältig und abwechslungsreich. Man bekommt die Chance, Menschen in einer Ausnahmesituation zu helfen“, erzählt Maier-Cristea weiter. Und damit sind nicht bloß die Angehörigen gemeint. Bestatter sind die Bodyguards und Fürsprecher der Toten. „Wir behandeln einen Verstorbenen mit genau so viel Würde, wie einen lebenden Menschen“, sagt die 29-Jährige.
Jede Beerdigung ist dabei individuell. Eine Routine, so die Auszubildende, gebe es eigentlich nicht. Maier-Cristea: „Jeder Mensch war anders und soll daher auch seine eigene Trauerfeier erhalten.“ Neben der Trauerfeier an sich, kümmern sich Bestatter auf Wunsch aber auch etwa um die Arzt-Papiere und andere behördliche Angelegenheiten. Auch bei Polizeieinsätzen sind Bestatter dabei. Diese nähmen übrigens zu: „Es gibt immer mehr Singles, die Anonymität in der Gesellschaft nimmt zu. Das sind die Gründe dafür“, erläutert Chef Hirt.

Hauptsächlich aber geht es um Trauerfeiern. Bei einer an einem Dienstagnachmittag steht die 29-jährige Maier-Cristea am Rand. Ihre eigentliche Arbeit beginnt nämlich im Vorfeld. Sie erläutert: „Wir besprechen, welche Blumen verwendet werden. Die Bedeutung der jeweiligen Sorte müssen wir Bestatter kennen. Außerdem geht darum, wer die Reden hält – ob Angehörige, der Pfarrre, oder beide – ob und wenn ja, welche Musik gespielt wird, wo die Trauerfeier stattfindet und um vieles mehr.“ Maier-Cristea ist dann dafür verantwortlich, dass alles reibungslos läuft. Eine Generalprobe gibt es nicht.

Die Art der Bestattung hat sich in den vergangenen Jahren geändert. „Mittlerweile sind 78 Prozent Feuerbestattungen“, sagt Maier-Cristea. Die Grabpflege sei einfacher. Außerdem wohnten die Kinder der Verstorbenen häufiger weiter weg. Und die Kosten seien auch geringer. Die klassische Erdbestattung sei dagegen auf dem Rückzug. Ein Erdgrab koste bei einer Laufzeit von 30 Jahren etwa 5000 Euro.

Neben den gängigeren Beerdigungen, erleben Bestatter auch immer wieder Außergewöhnlicheres: „Vor zwei Wochen haben wir eine buddhistische Trauerfeier durchgeführt. Das war eine Feuerbestattung, bei der der Verstorbene in einem Sarg im Krematorium verbrannt und anschließend in einer Urne beigesetzt wurde. Die Angehörigen hatten Reis und Räucherstäbchen dabei. Das war sehr interessant“, erzählt die St. Georgenerin.
Bei einer anderen Beerdigung hatten die Angehörigen alles streng durchgetaktet. Maier-Cristea: „Ich habe einen Zettel bekommen, auf de minutengenau vermerkt wurde, wann welcher Redner kommt, wann welches Lied und so weiter. Ich musste mich exakt an den Ablaufplan halten.“
Ihren Beruf kann die 29-Jährige eigenen Angaben zufolge gut vom Privatleben trennen. „Es gibt aber auch Fälle, die einem nahe gehen. Zum Beispiel, wenn Babys oder Kinder beerdigt werden“, sagt die Bestatterin. Wichtig sei es dann, im Team darüber zu sprechen. Einmal im Jahr gibt es beispielsweise die „Sternenkinder“. Das sind Kinder, die weniger als 500 Gramm gewogen haben. Das gehe einem schon sehr nahe. Chef Hirt meint daher: „Auch ein Bestatter darf weinen.“
Über ihre eigene Beerdigung hat sich Mareike Maier-Cristea schon ihre Gedanken gemacht: „Ich weiß, wie die aussehen soll. Das verrate ich aber nicht“, sagt sie mit einem Lächeln.