Monatelang hat das Coronavirus mit all seinen Einschränkungen für mächtig Frust bei Gastronomen und Hoteliers gesorgt. Und als das Geschäft zuletzt wieder einigermaßen anlaufen durfte, machte schlechtes Wetter der Tourismusbranche einen fetten Strich durch die Rechnung. Der SÜDKURIER fängt nun ein Stimmungsbild ein und geht dabei der Frage nach, wie es aktuell um die Gewerbetreibenden steht.
Was ist schlimmer: Regenwetter oder Personalmangel?
Durchaus gefrustet zeigt sich Rainer Nobs, Geschäftsführer des Hotels und Restaurants „Salinensee“ in Bad Dürrheim. Er sagt: „Das Wetter spielt für uns schon immer eine ganz große Rolle. Bei schönen Witterungen ist die Terrasse gut besucht, manchmal sogar fast zu klein.“ Dem gegenüber stünde jedoch ein massives Problem: Es fehle am Personal, so Nobs. „Wir haben nicht genügend Leute, deshalb sind auch nicht mehr Tische möglich.“
Gibt es Hoffnung auf Besserung? Der Geschäftsführer sagt: „Das wird sich nicht ändern. Meine Aussicht auf die Zukunft ist: Das wird die normale Realität sein.“ Doch woher rührt sein Pessimismus? In der gesamten Branche – so auch in Nobs‘ Haus – herrsche die Problematik vor, dass kaum noch jemand die Bereitschaft aufbringe, an Wochenenden und Feiertagen wie Ostern oder Weihnachten zu arbeiten. Die Corona-Situation habe diese Tatsache zwar beschleunigt, doch der Kern des Ganzen liege woanders, und zwar schon in der Vergangenheit. Kurzum: „Wir alle haben sehr geringe Personalmittel. Viele Gastronomen haben deshalb weniger Gäste und weniger Tische zur Verfügung.“
„Wenn man nicht mehr einnehmen kann, kann man nicht mehr Lohn zahlen.“Rainer Nobs, Geschäftsführer des Hotels und Restaurants „Salinensee“

Ähnliches berichtet derweil Mustafa Gürbüz, Geschäftsführer der Restaurant-Bar „Flamingo“ in Bräunlingen: Das Wetter mache sehr viel aus. Mit der Öffnung nach der Corona-bedingten Zwangsschließung hat der Gastronom von der Stadtverwaltung die Genehmigung bekommen, die Terrassenfläche zu erweitern. „Normalerweise haben wir eine kleine, aber so dürfen wir die Parkplätze zu einer Terrasse machen. Dieses Entgegenkommen ist super“, berichtet Gürbüz. Wirklich ausnutzen habe er das zuletzt jedoch nicht können. Schuld daran? Natürlich das miese Wetter. „Mehrere Wochen hat es fast ununterbrochen geregnet. Dabei haben wir uns mit Blick auf Corona so gefreut, dass wir das Sommerwetter mitnehmen können“, erklärt der Geschäftsführer. Es sei einmal mehr ein hartes Jahr.
Einnahmen bleiben aus
Mit Umsatzbußen hat Gürbüz laut eigener Aussage zu kämpfen, da könne ihm auch kein anderer Gastronom etwas Gegensätzliches erzählen. „Es ist sehr hart nach dieser langen Durststrecke. Aber es ist eben so, das Wetter können wir nun mal nicht beeinflussen“, sagt er. Bei Branchenkollegen herrsche Verzweiflung, „alle haben ihre Zahlungen und die Kosten laufen weiter“. Dazu komme das Problem, dass viele bisherige Mitarbeiter aufgehört hätten zu arbeiten. Diejenigen seien in die Industrie gewechselt und jetzt beklage sich jeder, er finde keine neuen Kräfte für Küche und Service. „Wir haben viele Studenten gehabt, die auf das Geld angewiesen sind. Wegen Corona ging nichts und nun war das Wetter lange schlecht. Aber auch sie müssen ihre Miete bezahlen, deshalb sind sie weg, obwohl es ihnen leid tut“, führt Mustafa Gürbüz aus.
Faktor Lohn entscheidend
Währenddessen ist Rainer Nobs der Meinung, es könne nur über den Faktor Lohn der entscheidende Anreiz für eine Besserung geschaffen werden. Doch aus seiner Sicht fehlt auf Kundenseite oftmals die Wertschätzung für die Sonntagsarbeit in der Gastronomie. „Wenn man nicht mehr einnehmen kann, kann man nicht mehr Lohn zahlen“, so der Geschäftsführer des Hotels und Restaurants „Salinensee“. Seine Branche komme nicht an den Lohn in der Industrie ran, wo es spätabends oder wochenends Zuschläge gebe. Im Urlaub seien Gäste weitestgehend bereit, mehr zu bezahlen oder etwas Trinkgeld zu geben, doch im Alltag sehe das anders aus – auch was die Häufigkeit des Essengehens anginge.
Die Sache mit Ferienjobbern. Und die Sorge vor der kalten Jahreszeit
Ferienjob-Anfragen etwa seien in der Gastronomie komplex, sagt Gürbüz. Bis Interessenten eingelernt seien, seien die Sommerferien auch schon vorbei. In der Industrie sei das anders, da habe man nach kurzem Einlernen an der Maschine nahezu eine vollwertige Arbeitskraft. Zu kämpfen habe seine Branche auch damit, dass einerseits Corona-Hilfen zurückgezahlt werden müssten, auf der anderen Seite aber kein vernünftiges finanzielles Polster aufgebaut werden könne; dazu kämen große Unsicherheiten, was den anstehenden Herbst und Winter betreffe.
Das geht auch Rainer Nobs so: „Bald kommen wieder die schlechteren Wintermonate zwischen November und April. Kein Terrassengeschäft bedeutet bei uns automatisch weniger Gäste. Wir haben nicht die Vorausbuchungen, die man normal immer hatte. Die Menschen buchen dieses Jahr kurzfristiger.“