Schlechte Zeiten für Banken und Sparer. Die Zinsen rutschen zunehmend ins Minus. Die örtliche Volksbank führt zum 1. Mai erstmalig Negativzinsen ein. Das heißt: Wer größere Geldbeträge auf Giro- und Festgeldkonten liegen lässt, dem droht ein Abschlag. Vor diesem Hintergrund hat die Volksbank alle Tagesgeldkonten ihrer Kunden gekündigt und ein Ersatzangebot unterbreitet. Außerdem dreht die Bank an der Konto-Gebührenschraube für ihre 140 000 Kunden zwischen Hegau und Schwarzwald-Baar. Die Sparkasse schließt gegenwärtig solche Schritte aus.

„Optimierte Modelle“

Die frisch fusionierte Volksbank von Villingen und Offenburg, die jetzt unter dem Namen „Volksbank eG – Die Gestalterbank“ firmiert, teilte ihren Kunden vor wenigen Tagen mit, dass die Fusion auch genutzt werde, um die Kontogebühren zu „vereinheitlichen“. Ab dem 1. Mai stünden den Kunden die „optimierten Kontomodelle“ zur Verfügung stehen. Je nach Umfang der Geschäftsbeziehung werden die Kunden in vier Hausbank-Kategorien von „Basis-“ bis „Goldkunde“ eingeteilt. Goldkunden, die viele verschiedene Geschäftsbeziehungen mit der Volksbank vorweisen können, zahlen dann weniger Gebühren als andere und bekommen eine höhere Treueprämie. In Kombination mit Online-Banking können Vorzugskunden sogar auf eine kostenfreie Kontoführung kommen.

Dreifache Gebühren

Ein kleiner Sparer, der es nur in den „Basis-Status“ schafft, muss dagegen ordentlich drauflegen. So führt ein langjähriger Volksbank-Kunde aus, dass er bisher im Monat 7,90 Euro Kontogebühren bezahlt hat, künftig aber mit 22,40 Euro zur Kasse gebeten werden soll. Der betagte Rentner, der sich nicht mehr auf Online-Banking umstellen möchte, ärgert sich somit über 300 Prozent Gebührenaufschlag.

Sind die alten, analogen Kunden jetzt die Dummen? „Unsere Erfahrung zeigt, dass Onlinebank schon lange keine Frage des Alters mehr ist und auch die sogenannte ältere Generation rege Gebrauch davon macht“, betont dagegen Rolf Vogt, der Marketing-Bereichsleiter der „Gestalterbank“. Kunden, die mit ihrer neuen Konto-Eingruppierung nicht zufrieden seien, empfiehlt er das Gespräch mit dem örtlichen Kundenberater.

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Während die Volksbank in der Ortenau bereits seit 2020 „Negativzinsen„ auf Girokonten und „Verwahrentgelte“ auf Tagesgeldkonten eingeführt hat, gilt des ab 1. Mai nun auch im Bereich Schwarzwald-Baar-Hegau. Vor diesem Hintergrund hat die Volksbank alle bisherigen Tagesgeldkonten ihrer Kunden zwischen Singen und St. Georgen gekündigt. „Da wir neue Zinsvereinbarungen getroffen haben, die aufgrund der derzeitigen Zinssituation zu Negativzinsen führen können, benötigen wir die Unterschrift der Kunden. Aus diesem Grund haben wir zum 1.5.2021 alle Tagesgeldkonten gekündigt und gleichzeitig unsere neuen Mehrflexkonten angeboten“, erläutert die Volksbank.

Große Freibeträge

Bei diesen Mehrflex-Konten, die die bisherigen Tagesgeldkonten ersetzen, gilt nun für die Kunden: Übersteigt das Guthaben den Freibetrag von 100 000 Euro, wird ein Negativzins berechnet, der sich an der Umlaufrendite für öffentliche Anleihen orientiert. Bei einer negativen Umlaufrendite erhält der Kunden einen Aufschlag von 0,15 Prozent, bei einer positiven Umlaufrendite einen Abschlag von 0,15 Prozent. Das heißt, so die Volksbank, „der Kunden bekommt keinen festen Negativzins, sondern partizipiert an der Zinsentwicklung am Kapitalmarkt.“

Allerdings sind davon nur wenige Kunden betroffen, versichert die Volksbank. Denn es gelten jeweils hohe Freibeträge. Für jedes Girokonto, so Rolf Vogt von der Volksbank, gebe es ein Freibetrag von 25 000 Euro. Zusätzlich stehe jedem Kunden auf einem Tagesgeldkonto ein weiterer Freibetrag von 100 000 Euro zur Verfügung. Eine Einzelperson habe somit einen Freibetrag von 125 000 Euro, ein Ehepaar bis zu 250 000 Euro. Nur wer mehr Geld auf auf diesen Konten liegen lässt, muss möglichen Negativzins in Kauf nehmen. Spareinlagen sind davon nicht betroffen. „Wir empfehlen, das Vermögen auf die verschiedenen Konten zu verteilen und somit die Freibeträge auszunutzen“, sagt Rolf Vogt.

Andere Banken warten ab

Andere Banken in der Region halten sich noch zurück. Die Sparkasse Schwarzwald-Baar hat aktuell Negativzinsen im Privatkundengeschäft ausgeschlossen, berichtet Benedikt Grießhaber, der Leiter der Öffentlichkeitsarbeit. Seit 2016 halte die Sparkasse auch die Gebühren für Girokonten stabil. Langfristige Garantien aber gibt es nicht. „Aufgrund der deutlich gestiegenen Kosten werden die Konditionen laufend überprüft“, so der Sparkassensprecher. Von den Ergebnissen hänge es ab, ob und wann eine Anpassung bei Gebühren und Negativzinsen erfolge.

Benedikt Grießhaber, der Leiter der Öffentlichkeitsarbeit, sagt: „Die Sparkasse Schwarzwald-Baar hat aktuell Negativzinsen im ...
Benedikt Grießhaber, der Leiter der Öffentlichkeitsarbeit, sagt: „Die Sparkasse Schwarzwald-Baar hat aktuell Negativzinsen im Privatkundengeschäft ausgeschlossen.“ | Bild: Guy Simon

Die Sparda-Bank bietet nach wie vor ein kostenlose Konto inklusive Bankkarte für junge Kunden an. Kunden ab 30 Jahren zahlen fünf Euro Kontogebühren im Monat inclusive einer Bankkarte oder der Mastercard. Eine Erhöhung der Kontoführungsgebühren sei derzeit nicht vorgesehen, so ein Banksprecher. „Natürlich beobachten wir die Zinsentwicklung sehr genau, rechnen derzeit jedoch nicht mit der Einführung von Negativzinsen in 2021.“

Negativzinsen im Vormarsch

Nach einer aktuellen Erhebung des Finanz-Vergleichsportals Biallo unter knapp 1300 Banken und Sparkassen in Deutschland kassieren mittlerweile 322 Institute in unterschiedlicher Weise Negativzinsen im Privatkundenbereich, bei Firmenkunden sind es 379 Geldhäuser. Der Trend scheint unaufhaltsam. Allein im vergangenen Jahr haben rund 200 Banken und Sparkassen Negativzinsen für Privatkunden eingeführt. Seit Jahresanfang sind laut Biallo mehr als 60 Geldhäuser dazugekommen. Grund für diesen Trend: Die Banken müssen seit Juni 2014 für ihre Einlagen, die sie bei der Europäischen Zentralbank unterhalten müssen, mit steigender Tendenz Negativzinsen (aktuell minus 0,5 Prozent) bezahlen, während die Kundengelder bei den Banken bei null Prozent liegen. Deshalb geben die Banken diese Kosten jetzt zunehmend an ihre Kunden weiter. (est)