Neue Automodelle müssen seit 2018 mit einem automatischen Notfallsystem ausgestattet sein, das wurde vom EU-Parlament so beschlossen. Bei Unfällen informieren diese sogenannten eCall-Systeme automatisch zuständige Rettungsleitstellen. Übermittelt werden Standort und einige Fahrzeugdaten.

Hilfe kann ohne große Verzögerungen eingeleitet werden. Das ist vor allem dann ein Vorteil, wenn Verunglückte nicht mehr dazu in der Lage sind, selbst einen Notruf abzusetzen und auch keine Unfallzeugen und Helfer zugegen sind. Aber funktioniert das auch reibungslos?

Am Sonntagabend, 2. Juni, ging in der Rettungsleitstelle für den Landkreis in Villingen-Schwenningen um 18.41 Uhr ein solcher Notruf ein. Der Standort, der übermittelt wurde, war in Hubertshofen verortet, im Bereich der Kirche. „Wir sehen in der Rettungsleitstelle direkt, ob es sich um einen eCall handelt. Es geht sofort ein Kartenausschnitt mit dem Standort des Fahrzeugs auf dem Monitor auf“, erklärt Dirk Sautter, Leiter der Integrierten Rettungsleitstelle im Schwarzwald-Baar-Kreis.

Wie solch ein eCall-Notruf aussieht, zeigt dieser symbolische Kartenausschnitt. Grün und mit Pfeil markiert wird der Leitstelle der ...
Wie solch ein eCall-Notruf aussieht, zeigt dieser symbolische Kartenausschnitt. Grün und mit Pfeil markiert wird der Leitstelle der Standort des Fahrzeuges anzeigt, das den eCall ausgelöst hat. | Bild: Integrierte Leitstelle Schwarzwald-Baar-Kreis

Eine Kontaktaufnahme durch einen Anruf in das Auto – auch das ist technisch möglich – sei daraufhin nicht möglich gewesen, teilt Philippe de Surmont mit. Er ist Sprecher der Donaueschinger Feuerwehr, die daraufhin mit Kräften aus Wolterdingen, Hubertshofen und der Stadt dorthin ausrückte.

Dirk Sautter, Leiter der Integrierten Rettungsleitstelle im Schwarzwald-Baar-Kreis
Dirk Sautter, Leiter der Integrierten Rettungsleitstelle im Schwarzwald-Baar-Kreis | Bild: DRK Kreisverband

„Immer dann, wenn wir niemanden erreichen, werden automatisch Polizei, Rettungskräfte, Notarzt und Feuerwehr alarmiert“, schildert Dirk Sautter die Abläufe. Kommt es zu einem Gespräch, kann geklärt werden, ob der Alarm möglicherweise versehentlich ausgelöst wurde und was genau geschehen ist. Der Rettungseinsatz kann so den Erfordernissen angepasst werden.

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Notruf-Auto nicht auffindbar

Am vergangenen Sonntag rückten die Einsatzkäfte jedoch ohne Alarm-Details nach Hubertshofen aus. Dort angekommen, wurden sie jedoch nicht fündig. Kein Unfallauto war weit und breit zu sehen und auch kein Auto, in dem ein Insasse den Notruf manuell ausgelöst hatte.

Was war also passiert? „Vermutlich ein Fehlalarm“, mutmaßt Philippe de Surmont. Das könne vorkommen, wenn auch nicht häufig. Er erinnert sich lediglich an einen vergleichbaren Fall im vergangenen Jahr.

Ein Druck auf den SOS-Knopf genügt, um in modernen Autos einen Notruf abzusetzen.
Ein Druck auf den SOS-Knopf genügt, um in modernen Autos einen Notruf abzusetzen. | Bild: Fröhlich, Jens

Mehr eCalls, mehr Fehlalarme

Übermäßig häufig sind solche Einsätze nämlich nicht. Dafür sind noch zu wenige Autos mit der neuen Technik ausgestattet. Die Tendenz sei aber steigend, wie Dirk Sautter mit Zahlen belegt: „2021 gingen in der Leitstelle insgesamt 126 eCalls ein. 2023 waren es 213.“ Darunter fallen alle automatisiert und manuell ausgelösten Notrufe.

Wie häufig es Fehlalarme waren, das werde nicht erfasst. „Auffallend viele aber nicht“, so seine Wahrnehmung. Die Zahl der Fälle bewege sich in einem normalen Rahmen, vergleichbar zu anderen technischen und automatisierten Systemen, zum Beispiel Brandmeldeanlagen. Für Probleme und ausufernde Einsatzzahlen der Rettungskräfte sorge das nicht, so Dirk Sautter.

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Weniger Fluch als Segen

Philippe de Surmont beschreibt die neue Technik als „Fluch und Segen zugleich“. Deutlich überwiegen für ihn aber die Vorteile, stellt er klar. Lieber einmal zu viel, als zu wenig ausrücken, wenn dadurch Leben gerettet werden können.

Das ist letztlich auch das übergeordnete Ziel. Weniger Verkehrstote durch geringeren Zeitverlust in der Rettungskette. Dass das funktioniert, hat Philippe de Surmont selbst schon miterlebt.

Dirk Sautter erinnert sich an einen Unfall, der mit eCall viel schneller bemerkt worden wäre. Im April 2024 kam ein Ford Fiesta in den frühen Morgenstunden im Bereich Katzensteig bei Furtwangen von der Straße ab, stürzte eine Böschung hinunter und blieb auf einer Wiese neben einem Bachlauf der Breg liegen. Zwei Insassen wurden dabei schwer verletzt. Erst ein zufällig vorbeikommender Radfahrer hatte das Auto entdeckt, ganze zwei Stunden nach dem Unfall. „Mit eCall wären Rettungskräfte viel schneller alarmiert worden“, ist sich Dirk Sautter sicher.