Nach kurzer Zeit der Entspannung, was die Corona-Regeln in der Gastronomie angeht, kommen nun voraussichtlich wieder gewisse Schärfungen auf die Geschäftstreibenden zu. Weil der Schwarzwald-Baar-Kreis seit mehr als fünf aufeinanderfolgenden Tagen über dem Inzidenzwert von zehn Neuinfektionen pro 100.000 Einwohnern liegt, treten neue Bestimmungen in Kraft. Über das Gültigwerden der anzuwendenden Inzidenzstufe zwei informierte das zuständige Landratsamt. Wir haben uns in der Branche umgehört, wie die Anpassungen bewertet werden.

Gelassenheit trotz Unverständnis

Schon lange nicht mehr nachvollziehen kann Domenico Wittkopf, Inhaber des „Ott“ in Villingen, die Corona-Verordnungen. Er stelle sich die Frage, was sich die politischen Entscheider bei der Schaffung solcher Einschränkungen denken: „Das alles ist sehr seltsam.“ Trotz allem will sich der Gastronom die gute Laune bewahren, denn mittlerweile geht Wittkopf nach eigener Aussage mit mehr Gelassenheit an die Sache heran. „Ich mache mir schon lange keine Sorgen mehr. Es ist halt so wie es ist, ich kann es nicht ändern“, sagt er. Der „Ott“-Inhaber glaubt laut eigener Aussage nicht daran, dass sich an dem ständigen Hin und Her etwas ändert. Deshalb schließt er Richtung anstehendem Herbst und Winter auch nicht aus, dass bald wieder alles heruntergefahren und im Frühjahr wieder aufgemacht wird.

Domenico Wittkopf
Domenico Wittkopf | Bild: Hans-Juergen Goetz

Was ihn störe: Die ganze Corona-Thematik sei mittlerweile zu einem reinen Politikum geworden, das mitunter auf dem Rücken der Gastronomen ausgetragen werde. „Da wird jetzt um Stimmen gekämpft mit Blick auf den Bundestagswahlkampf, während das Virus aus meiner Sicht ganz vergessen wird.“ Wenn Wittkopf – selbst doppelt geimpft – seine Gästezahlen bald wieder halbieren müsste, dann würde ihm der Umsatz fehlen. Deshalb müsse er sich im Zweifel wohl oder übel die Frage stellen, ob ein Öffnen überhaupt lohnenswert wäre: „Das muss man sehen. Für zehn Leute mache ich nicht auf, das rechnet sich ja wirtschaftlich nicht“, erklärt er Aufwand und Ertrag. „Unsere Staatssekretäre, die solche Sachen entscheiden und mittragen, sind weltfremd und nicht mehr bürgernah, die leben in einer anderen Welt“, fasst er seinen Unmut zusammen.

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Immerhin: Jene Verschärfung in Innenräumen, dass dort nicht mehr geraucht werden darf, betrifft das Gasthaus in der Villinger Färberstraße nicht. „Wir sind seit Jahren komplett rauchfrei. Das finde ich auch ganz vernünftig, es ist einfach angenehmer“, erklärt Domenico Wittkopf. „Aber für andere Lokale, die vom Konzept her von Rauchern leben, ist diese Verordnung schwachsinnig.“ Er könne nicht nachvollziehen, was in Bezug auf das Rauchen der Unterschied zwischen einer Sieben-Tages-Inzidenz von neun oder einer Inzidenz von 15 sein soll: „Das muss mir jemand erklären: Ist das Virus aktiver, weil geraucht wird?“

In erster Linie würden strengere Auflagen wieder zusätzlichen Aufwand zur Folge haben, so Wittkopf: „Du musst wieder kontrollieren. Und dafür entweder jemanden abstellen oder es selbst übernehmen. Gleichzeitig glaube ich aber, dass die Leute weiter, also besser vorbereitet sind als vergangenes Jahr. Sie kennen es.“ In der jüngeren Vergangenheit sei das „Ott“ von den Testergebnissen der Gäste quasi überfallen worden, „uns wurden anfangs zig Impfpässe unter die Nase gehalten. Da habe ich dann immer gesagt: Sagen wir doch erst mal hallo und um was es überhaupt geht“, berichtet Wittkopf mit einem Schmunzeln – eben so wie früher vor Corona, aber genau daran merke man, wie verunsichert die Menschen seien.

3G-Pflicht im Innenbereich

Was im Rahmen der neuen Corona-Verordnung ebenfalls auf die Innengastronomie sowie die Beherbergungsbranche zukommen dürfte, ist das Ende der kostenlosen Testungen ab 11. Oktober. „Das Spontane wird natürlich wieder wegfallen. Dabei gibt es unter den Nichtgeimpften auch viele, die kerngesund sind. Die sagen sich dann auch, sie haben keine Lust auf ein spontanes Bier, wenn davor ein Test nötig ist“, so Domenico Wittkopf. Draußen dürften Gäste ohne die 3G-Pflicht sitzen, drinnen nicht. „Aber überall brauche ich die Maske, während Leute, die bei uns nebenan auf der Straße stehen, keine Maske brauchen“, verdeutlicht der Wirt das nach seiner Wahrnehmung bestehende Ungleichgewicht. Ob er aus diesen Gründen spätestens ab Oktober ein schlechteres Geschäft befürchtet? Das wisse er nicht, der „Ott“-Inhaber könne es nicht wirklich abschätzen, „ob die Leute dann noch die Muße haben, auszugehen“. Wenigstens aktuell mache er „ein sehr gutes Geschäft“.

Apotheker Michael Ernst erzählt dem SÜDKURIER, was Corona-Tests ab Oktober kosten könnten. Ab da müssen die Nachweise für ...
Apotheker Michael Ernst erzählt dem SÜDKURIER, was Corona-Tests ab Oktober kosten könnten. Ab da müssen die Nachweise für Restaurantbesuche oder ähnliches nämlich voraussichtlich aus eigener Tasche bezahlt werden. | Bild: Roland Sigwart

Ebenfalls komplett rauchfrei ist das Hotel Restaurant „Lindenhof“ in Bräunlingen. Johannes Dury von der Gastgeberfamilie und dem weiteren Team sagt deshalb: „Rauchen ist für uns gar kein Thema. Was eher das Problem ist, dass wir alle unsere Gäste anschreiben müssen, dass sie nun doch einen Negativtest brauchen“, führt er aus. Bislang seien diese nämlich davon ausgegangen, man brauche lediglich die Schutzmaske. Aufgrund des Inkrafttretens der Neufassung der Corona-Verordnung am Montag spricht Dury von einer gewissen Kurzfristigkeit, mit der man zu tun habe.

Johannes Dury
Johannes Dury | Bild: Hotel Restaurant Lindenhof

Über die Sinnhaftigkeit von Entscheidungen großartig nachzudenken, bringt aus seiner Sicht nichts, man könne nur abwarten und ohnehin nichts beeinflussen. Allerdings hoffe Dury darauf, dass die Beschlussumsetzung in allen Bundesländern einheitlich ausfällt. Dadurch könne verhindert werden, dass Gäste, die außerhalb von Baden-Württemberg stammen, beispielsweise ohne Test im „Lindenhof“ aufschlagen. Die Reservierungsbücher des Hotels sind ihm zufolge ganz gut gefüllt: „Wir hoffen natürlich, dass es so bleibt.“ Doch zunächst gelte es abzuwarten, wie die Bevölkerung auf die angepassten Regeln reagiere, sprich ob die Reiselust dadurch negativ beeinflusst würde.

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Ganz sachlich und nüchtern wird die Lage derweil im Hotel mit Restaurant „Ochsen“ in Schönwald eingeschätzt. „Wir warten ab, was wir schriftlich bekommen. Und dann wirklich umsetzen müssen“, so Restaurantmeister Björn Dalbeck-Martin. „Wir haben uns angewöhnt, das zu übernehmen, was wirklich Fakt ist, und nicht schon vorab im Internet umhergeht.“ Vorbereitet sei das Haus quasi auf alles. Im Zuge dessen verweist Dalbeck-Martin auch auf regionale Unterschiede, allein schon bei Konstanz und Villingen-Schwenningen sei das so, obwohl beide Städte keine große Distanz trennt.

Geschäft läuft gut, doch bleibt das so?

Dass der „Ochsen“ auf eine eigene Teststation bei sich zurückgreifen könne, komme dem Haus entgegen. Auch zuletzt hätten die Gäste dieses Angebot gegen Zahlung einer kleinen finanziellen Gabe gern genutzt. „Wir können nicht feststellen, dass es jemand nicht wollte“, berichtet der Restaurantmeister in Bezug auf die Testbereitschaft seiner Gäste. Aktuell herrsche gut Betrieb, aber das sei während der Hauptsaison ganz normal. „Wir wissen nicht, was die Zukunft bringt, ob wir wieder in eine schlechtere Phase kommen“, blickt Dalbeck-Martin voraus. Er hoffe darauf, dass möglichst viele zum Impfen gehen und somit zu einer Abmilderung der Pandemie beitragen.