Fünf potenzielle Mieter haben sich für diesen Dienstagnachmittag bei Stefan Eckerlin in Villingen angemeldet. Zu vermieten gibt es eine Dreizimmerwohnung in der Villinger Weststadt, 67 Quadratmeter groß, 940 Euro Warmmiete, stadtnah, ohne Aufzug und Balkon. Am Ende werden nur drei Parteien erscheinen. Eine Frau sagt kurz vorher ab, eine andere Person erscheint einfach gar nicht.
Fünf Interessenten von 32
Für Eckerlin, der bei dem Wohnungsunternehmen Vonovia als sogenannter „Vermieter“ arbeitet, ein eher normaler Termin. Von den 32 Personen, die sich ursprünglich auf das Inserat gemeldet haben, hat Eckerlin eine Hand voll ausgesiebt, den Rest hat er zu dem Termin eingeladen. Lediglich fünf Parteien haben den Termin jedoch bestätigt.
Gesucht: die erste gemeinsame Wohnung
Darunter auch Sabrina Kreller und Marcel Krasnjanskij. Das Paar sucht die erste gemeinsame Wohnung. Es ist das zweite Mietobjekt, dass sie sich anschauen. In den nächsten Tagen stehen noch weitere Besichtigungen an. Aber die Wohnung in der Weststadt gefällt ihnen – wenn es nach ihnen geht, würden sie hier einziehen. „Wir wollen uns auf die Wohnung bewerben“, sagen sie.

Schimmel in der aktuellen Wohnung
Aljbona Pajaziti kommt mit ihrem 18 Monate alten Sohn zur Besichtigung. Die kleine Familie – ihr Mann ist an diesem Tag verhindert – sucht dringend eine neue, größere Wohnung. „In unserer aktuellen Wohnung haben wir Schimmel an den Fenstern und die Vermieter machen nichts dagegen“, klagt sie. Sie suche schon länger – bisher erfolglos. Eine weitere Interessentin möchte alleine einziehen. Sie benötigt das dritte Zimmer als Büro.
Mit Verbindlichkeit und Offenheit punkten
„Das Pärchen hat einen top Eindruck gemacht“, sagt Kai Seemann, als die Interessenten wieder weg sind. Er ist als Regionalleiter Freiburg auch für die Objekte in Villingen zuständig. Das Paar sei sympathisch gewesen und habe offen zugegeben, dass sie sich auch noch andere Wohnungen anschauen. Verbindlichkeit sei wichtig, so Seemann: den Termin zusagen, zur vereinbarten Uhrzeit erscheinen, eine freundliche Begrüßung und Offenheit seien ausschlaggebende Kriterien.

Sprachbarriere kein Hindernis
„Man punktet durch Höflichkeit“, bestätigt auch Eckerlin. Etwa, wenn bereits in der ersten E-Mail eine freundliche Anrede. Einige würden nur mit „Ist Wohnung noch frei?“ antworten, so Eckerlin weiter. Auch diesen wolle er jedoch eine Chance geben. Schließlich gebe es auch Menschen mit Migrationshintergrund. „Eine Sprachbarriere ist kein Ausschlusskriterium“, sagt Eckerlin.
Keine Fragen zur Religion
Laut geltendem Recht darf die Herkunft auch keine Rolle spielen. „Grundsätzlich sind Vermieter berechtigt, den Abschluss eines Vertrages von der Abgabe einer Mieterselbstauskunft abhängig zu machen“, schreibt Birgitta Schäfer, Fachanwältin für Familienrecht mit Tätigkeitsschwerpunkt Mietrecht.
In der Selbstauskunft dürfen jedoch nur Fragen gestellt werden, die für das zukünftige Mietverhältnis relevant sind, so Schäfer. Fragen zu Vorstrafen, Religionszugehörigkeit, sowie politischer und sexueller Orientierung dürfen jedoch nicht gestellt werden.
Wann lügen erlaubt ist
„Grundsätzlich müssen die Fragen in einer Mieterselbstauskunft wahrheitsgemäß beantwortet werden“, erklärt Schäfer weiter. „Wenn ein Mietinteressent bei zulässigen Fragen lügt, muss er mit Konsequenzen rechnen.“ Dazu gehören etwa Schadensersatz oder die Beendigung des abgeschlossenen Vertrages. Bei unzulässigen Fragen darf jedoch gelogen werden. „Ob eine Frage zulässig oder unzulässig ist, sollte ein Mietinteressent daher vor der Abgabe der Selbstauskunft überprüfen lassen“, rät die Fachanwältin.

Die Kriterien beim Familienheim
Die Baugenossenschaft Familienheim vermietet derzeit rund 2.700 Wohnungen im Schwarzwald-Baar-Kreis, sowie in Tettnang und Tübingen. Bei der Vergabe der Wohnungen achtet die Genossenschaft insbesondere darauf, „dass die Wohnung optimal zu den Bedürfnissen des Mieters passt – so werden beispielsweise größere Wohnungen vorrangig an Familien vergeben, während kleinere Einheiten für Singles oder Paare geeignet sind“, schreibt Matthias Mager, der Bereichsleiter Wohnungswirtschaft.
„Natürlich spielt auch die Bonität des Wohnungssuchenden eine Rolle für unsere Entscheidung“, so Mager weiter. Zudem sollte die Warmmiete nicht das doppelte des Haushaltseinkommens übersteigen.

Was den Hausfrieden stören kann
Vonovia-Mitarbeiter Eckerlin überlegt sich schon oft im Vorfeld, wer in das Haus passen könne. „In ein älteres, hellhöriges Haus mit vielen älteren Menschen würde ich zum Beispiel nicht gerne eine 5-köpfige Familie reinsetzen“, sagt Eckerlin. Das könne zu Konflikten führen und den Hausfrieden stören. Auch müsse die Größe der Wohnung passen: „Vier Personen in einer Dreizimmerwohnung geht noch. Schwierig wird es, wenn mehr Personen einziehen wollen.“
Das Bauchgefühl entscheidet
Für die aktuell zum Angebot stehende Dreizimmerwohnung könne er sich alle drei Parteien in dem Haus vorstellen. „Ich warte mal ab, wer das Reservierungsformular zurückschickt“, sagt er. Bis Ende der Woche hat der Vermieter den potenziellen Mietern dafür Zeit gegeben. „Da war jetzt keine Partei dabei, die gar nicht geht.“ Wenn sich mehrere Personen auf die Wohnung bewerbe, entscheide er nach seinem Bauchgefühl, so Eckerlin.