Jeff Bezos, der Chef des Internetgiganten Amazon, ist laut neuesten Berichten 182,2 Milliarden Dollar schwer. Noch mehr Geld könnte der US-Amerikaner künftig auch in Trossingen verdienen. Denn: Dort soll ein neues Verteilzentrum entstehen.

Gebaut werden soll das Logistikzentrum im neuen Gewerbegebiet „Greut“ zwischen Hirschweiden und der Christian-Messner-Straße.
Gebaut werden soll das Logistikzentrum im neuen Gewerbegebiet „Greut“ zwischen Hirschweiden und der Christian-Messner-Straße.

Gebaut werden soll es im neuen Gewerbegebiet „Greut“ zwischen Hirschweiden und der Christian-Messner-Straße. Entstehen sollen zwischen 130 und 190 neue Arbeitsplätze im Verteilzentrum und zwischen 250 und 440 bei den Verteilpartnern, wie der städtische Kämmerer Axel Henninger gegenüber dem SÜDKURIER sagt. Mitarbeiter sollen zu Beginn 11,15 Euro pro Stunde zuzüglich sonstiger Zuschläge und Leistungen verdienen. Das ist laut Henninger ein Verdienst von zirka 2400 Euro Brutto. Nach zwölf und 24 Monaten folgen laut Amazon automatische Erhöhungen.

Fahrer werden nach Angaben des Versanddienstleisters nicht pro Päckchen, sondern pro Route, die gefahren wird, bezahlt. Gefahren werden sollen zirka 236 Touren am Tag. Etwa zur Weihnachtszeit könnte diese Zahl auf bis zu 413 ansteigen. Gearbeitet werden soll an sechs Tagen in drei Schichten. Angeliefert werden die Waren, so die Pläne, immer zwischen 22 Uhr am Abend und 8 Uhr am morgen. Die Auslieferungen sollen dann zwischen 9 und 14 Uhr stattfinden.

Das Gelände hat ein ziemliches Gefälle.
Das Gelände hat ein ziemliches Gefälle. | Bild: Hans-Juergen Goetz

Die Anwohner, so die Amazon-Vertreter im Gemeinderat, sollen es durch das Logistikzentrum nicht mit mehr Verkehr zu tun bekommen. 94,6 Prozent des Verkehrs sollen in Richtung Autobahn fließen, der Rest in Richtung Stadt, wie Kämmerer Henninger sagt. Der Verkehr werde vor allem über die Kreuzung am Steppach in Richtung Autobahn geleitet. Das 5,1 Hektar große Gelände gehört bereits einem Projektentwickler. Dieser will seinen Besitz an den Internetgiganten vermieten. Amazon sucht für seine Pläne nach sieben oder acht lokalen Speditionen, die als Partnerunternehmen fungieren können. Welche Voraussetzungen die Unternehmen erfüllen müssen, werde noch ausgearbeitet.

Areal des geplanten Amazon Verteilzentrums in Trossingen.
Areal des geplanten Amazon Verteilzentrums in Trossingen.

Beschlossen wurde das Vorhaben am Montagabend zunächst in einer nichtöffentlichen Sitzung des Gemeinderats. Anschließend debattierten die Gemeinderatsmitglieder über die bereits getroffene Entscheidung öffentlich. Vertreter von Amazon waren per Video zu den Sitzungen zugeschaltet, genauso wie Vertreter der Logistik- und Immobilienfirmen Honold und Garbe. „Wegen der zu behandelnden Grundstückspreise werden diese Tagesordnungspunkte grundsätzlich nichtöffentlich beraten“, begründet der Kämmerer dieses Vorgehen.

Bedenken im Gemeinderat

Über die Entscheidung, sich den Versandhandelsriesen in den Ort zu holen, waren längst nicht alle Mitglieder des Stadtgremiums begeistert. Im Mittelpunkt der Diskussion stand unter anderem die Gewerbesteuer. Wie aus anderen Orten, an denen sich Amazon bereits angesiedelt hat, zu sehen ist, zahle der Internetriese nur zwischen 10.000 und 15.000 Euro pro Jahr. Das sind in etwa die Summen, die auch mittelständische Betriebe bezahlen müssen. Auch kritisch angemerkt wurde im Gemeinderat, dass Amazon dafür bekannt sei, nur niedrige Löhne zu bezahlen. Amazon-Vertreter hielten dagegen und sagten, dass 90 Prozent der Mitarbeiter fest angestellt werden sollen.

Auch debattiert wurde über Amazon als Feind des stationären Handels. Da waren sich zwar die meisten Gemeinderatsmitglieder einig, jedoch sei dieser Wandel im Verkauf ohnehin nicht zu verhindern. Außerdem habe die Gefahr bestanden, dass Amazon bei einer Ablehnung Trossingens nach Aldingen gehe. Das hätte erstens weniger Gewerbesteuereinnahmen und zweitens ein höheres Verkehrsaufkommen für die Musikstadt bedeutet.

Kapazitäten unzureichend

Für Amazon bietet Trossingen eine attraktive Infrastruktur: „Grundsätzlich benötigen wir Amazon Logistics dort, wo Kapazitäten unserer bestehenden Partner nicht ausreichen, um unser Lieferversprechen einzuhalten“ sagt Thorsten Schwindhammer aus der Abteilung für Öffentlichkeitsarbeit von Amazon auf SÜDKURIER-Anfrage.

In Baden-Württemberg betreibt der Versandgigant aktuell drei Verteilzentren in Mannheim, Meßkirch und Freiburg am Netz. Dazu kommt ein Logistikzentrum in Pforzheim. Verteilzentren sind grundsätzlich die kleinsten Gebäudeeinheiten bei Amazon, Logistikzentren sind die großen. Deutschlandweit nennt der Internetriese mehr als 30 Verteilzentrum und 15 Logistikzentren sein Eigen. Wie es gegenüber dem SÜDKURIER heißt, hat Amazon in Deutschland über 16.000 Angestellte. Das Verteilzentrum in Trossingen soll im Sommer 2022 in Betrieb gehen.