Fahrrad-Boom in Deutschland: Vor allem Elektroräder werden immer populärer. Doch mit der wachsenden Zahl der Fahrräder mit elektrischem Motor steigen auch die Unfallzahlen. Fahrradexperten aus der Region liefern Ratschläge für die sichere Fahrt.
Dass Elektrofahrräder immer beliebter werden, bemerkt zum Beispiel Martin Vetter, der Geschäftsführer vom Fahrradgeschäft Tour – Räder für‘s Leben aus Villingen-Schwenningen. „Höchstens 20 Prozent der verkauften Räder sind ohne Motor“, sagt er.

Mehr Unfälle durch Elektroräder
Die wachsende Zahl der Elektroräder spiegelt sich aber auch in den steigenden Unfallzahlen mit Beteiligung von Pedelecs und E-Bikes wider. Immer wieder kommt es zu Verkehrsunglücken in Verbindung mit den motorisierten Zweirädern – auch im Schwarzwald-Baar Kreis.
Zum Beispiel streifte im März 2023 ein 58-jähriger Pedelecfahrer beim Überholmanöver eine vor ihm fahrende Radlerin und brachte sie dadurch zu Fall. Die 69-Jährige Fahrradfahrerin musste anschließend im Klinikum behandelt werden.
Während die Zahl der verunglückten Radfahrer zwischen 2019 und 2021 um 12,2 Prozent abnahm, stieg die Zahl der verunfallten Pedelecnutzer im selben Zeitraum mit 42,8 Prozent deutlich an. Dies geht aus den Zahlen des Statistischen Landesamts Baden-Württemberg hervor.
Unterschied Pedelec, S-Pedelec und E-Bike
Auch im Schwarzwald-Baar-Kreis zeichnet sich ein ähnliches Bild ab, wie aus den Statistiken des Polizeipräsidiums Konstanz zu entnehmen ist.
Während sich 2018 lediglich 21 und im darauffolgenden Jahr 23 Unfälle mit Beteiligung von Pedelecs und E-Bikes ereigneten, stieg die Zahl der Verkehrsunglücke im Jahr 2020 auf 54 an. Für die Jahre 2021 und 2022 wurden jeweils 42 Unfälle erfasst.
Polizei ermahnt: vorausschauend fahren!
Die häufigste Ursache bei Pedelec-Unfällen mit eigener Verschuldung sei eine nicht angepasste Geschwindigkeit, teilt Jörg-Dieter Kluge, Pressesprecher des Polizeipräsidiums Konstanz, mit.
Deshalb rät er: „Vorausschauend fahren! Andere Verkehrsteilnehmer unterschätzen immer noch oft, wie schnell ein Pedelec plötzlich da sein kann.“

Grundsätzlich sollte man nur so schnell fahren, wie man das Zweirad sicher beherrsche, erklärt Kluge. Hierzu gehöre auch, dass man Gefahrenbremsungen abseits gut frequentierter Wege übe, um ein Gefühl für das Rad zu erlangen.
Ansonsten gilt, wie auch beim normalen Rad: Helm auf! „Das Tragen eines Helms hilft meist, schwerere Kopfverletzungen zu verhindern“, erklärt der Polizist.
Neulinge sollen üben
Sich mit den motorisierten Zweirädern vertraut zu machen, das hält Steffen Lehr, der Vorsitzendes des Allgemeinen Deutschen Fahrrad-Clubs, Ortsverband Schwarzwald-Baar, vor allem bei ungeübten Fahrern für wichtig und hilfreich.

Denn an das im Gegensatz zu nicht-motorisierten Fahrrädern höhere Gewicht sowie an die zusätzliche Geschwindigkeit müsse man sich erst einmal gewöhnen, sagt Lehr.
Gerade Aspekte wie Bremsverhalten und Kurvenfahren könnten für Ungeübte etwas gewöhnungsbedürftig sein. Deshalb empfiehlt er Elektrorad-Neulingen, Probefahrten zu machen und beispielsweise auf einem Parkplatz zu üben.
Eigenständig üben? Kein Problem!
Ähnlich sieht es Martin Vetter vom Radgeschäft Tour in Villingen-Schwenningen. Wer vor dem Elektroradkauf länger nicht mehr Rad gefahren sei, der solle am besten Bremsproben mit beiden Bremsen machen. „Um ein Gefühl dafür zu bekommen und um Vertrauen in die Bremsen zu bekommen“, meint Vetter.
Zwar sei Radfahren – auch bei Pedelecs – wie Schwimmen: Das würde man nicht verlernen.
Doch wer sich noch nicht ganz sicher auf dem Zweirad mit elektronischer Unterstützung fühlt, dem empfiehlt Martin Vetter, anfangs erst einmal mit geringer oder ganz ohne elektrischer Unterstützung zu fahren und auf einem Parkplatz Slalomfahren zu üben.
Um Schreckmomente beim Anfahren mit dem Elektrorad zu vermeiden, rät Martin Vetter ungeübten Fahrern dazu, beim Losfahren nicht direkt in die Pedale zu treten, sondern das Rad zunächst anzurollen, aufzusteigen und dann erst in die Pedale zu treten.
Dadurch würde der Motor nicht direkt einsetzten und ein überraschender Schub bliebe aus.
Fahrsicherheitstraining für Pedelecs und E-Bikes
Da Pedelecs und ähnliche Zweiräder häufig auch Zielgruppen ansprechen würden, die schon längere Zeit nicht mehr mit dem Rad gefahren seien, empfiehlt die Polizei den Wiedereinsteigern, an einem Fahrtraining teilzunehmen.
Solche E-Bike- und Pedelec-Kurse werden zum Beispiel von der örtlichen Kreisverkehrswacht angeboten.
Auch der lokale ADFC-Verband arbeite derzeit aktiv daran, ein solches Angebot auf den Weg zu bringen, berichtet Steffen Lehr von ADFC-Ortsverband Schwarzwald-Baar.