„Mit der Luca-App haben wir ein scharfes Schwert im Kampf gegen die Pandemie“ – das hatte Thomas Strobl, Minister des Inneren, für Digitalisierung und Kommunen, im Sommer gesagt. Baden-Württemberg hatte schon im April eine Luca-Lizenz gekauft.
Die App funktioniert so: Als Nutzer lädt man sich die App aufs Handy. In der App hinterlässt man seine Kontaktdaten. Besucht man etwa ein Restaurant, kann man mithilfe eines QR-Codes einchecken. Sollte es in der Zeit des Restaurantbesuchs einen Infektionsfall geben, hat das Restaurant die Besucherdaten und kann diese an das entsprechende Gesundheitsamt weitergeben. Das Amt ruft dann den Restaurantbesucher an und warnt ihn. Zettelwirtschaft adé.
Praktisch? Nur bedingt. Der Chaos Computer Club Freiburg (CCCF) etwa hatte schon früh Kritik an der App geäußert. Neben zahlreichen Datenschutzlücken monierte der CCCF die Trägheit dieses Systems, da eine Warnung erst übers Gesundheitsamt erfolgt, aber nicht über den Nutzer. Die zwei, drei Tage, die von der Infektion bis zur Warnung vergehen, machten das System unbrauchbar zur Pandemie-Bekämpfung.
Und die Kritik scheint nicht unberechtigt zu sein. Bereits Ende Juli hatte der SÜDKURIER beim Gesundheitsamt Schwarzwald-Baar nachgefragt, wie häufig die Luca-App schon zum Einsatz kam. Die Antwort damals: noch nie. „Aufgrund der aktuell niedrigen Fallzahlen und den vorangegangenen Beschränkungen, konnte die Luca-App bisher noch nicht zur Kontaktpersonennachverfolgung genutzt werden. Bei steigender Inzidenz ist eine vermehrte Nutzung zu erwarten“, hieß es damals.
Und jetzt? „Wie häufig die App jetzt zum Einsatz kommt, können wir nicht sagen, da die Kontaktnachverfolgung eingestellt wurde. Bis dahin wurde viermal über die App gewarnt“, heißt es vom Gesundheitsamt im Kreis auf Anfrage. Die erwartete häufigere Nutzung der App ist also ausgeblieben. Laut CCCF seien es sogar nur ein bis zwei Anfragen über Luca im Schwarzwald-Baar-Kreis.
Und es ist fraglich, ob zu den laut Kreis vier Luca-Anfragen künftig überhaupt weitere hinzukommen werden. Die Luca-App funktioniert nur mithilfe des Gesundheitsamts. Auch die Pressesprecherin des Landratsamts, Heike Frank, hatte im Sommer gesagt: „Der Sinn und Zweck der Luca-App ist nicht die Warnung über eine mit Corona infizierten Person. Die Luca-App ist dafür vorgesehen, die Daten für eine Kontaktpersonennachverfolgung bereitzustellen und bei einem Risikokontakt zu benachrichtigen.“ Die Ämter haben die Kontaktnachverfolgung aber eingestellt.
Das baden-württembergische Gesundheitsamt hält an Luca aber fest. Gegenüber dem SÜDKURIER heißt es, dass sich die Gesundheitsämter „angesichts des sehr dynamischen Infektionsgeschehens bei der Kontaktpersonennachverfolgung noch konzentrierter auf Ausbruchsgeschehen und den Schutz vulnerabler Personengruppen“ etwa in Alten- und Pflegeheimen, medizinischen Einrichtungen oder Einrichtungen der Eingliederungshilfe sowie in Kitas und Schulen konzentrieren. Eine Einzelfallnachverfolgung finde nicht mehr statt.
Und weiter: „Dennoch ist es weiterhin wichtig, sich etwa über die Luca-App beim Besuch von beispielsweise Gaststätten zu registrieren. (...) Nach Infektionsfällen in einem Club im Alb-Donau-Kreis konnten beispielsweise mit der Warnfunktion der Luca-App insgesamt 354 Personen gewarnt werden. Solche Warnungen nach Ausbruchsgeschehen sind auch in Zukunft möglich und sollen weiterhin ausgesprochen werden“, so das Landesgesundheitsamt. Die Luca-App sei deshalb ein Baustein bei der Bekämpfung der Pandemie und beeinflusse auch nur zum geringen Teil die Gesamtlaufzeit einer Kontaktpersonennachverfolgung.
Corona-Warn-App
Eine andere App, die bei der Eindämmung des Infektionsgeschehens mithelfen soll, ist die Corona-Warn-App. Anders als bei Luca beurteilen Datenschutzexperten diese App als sicher, Daten werden nur auf dem jeweiligen Smartphone gespeichert, das Informieren einer Kontaktperson funktioniert direkt und ohne Umweg übers Gesundheitsamt. Der Nachteil: Der Warn-App-Nutzer muss die Bluetooth-Funktion am Handy permanent anschalten. Löst ein Infizierter eine Positivwarnung auf seinem Handy aus, werden alle, die sich in seiner Nähe aufgehalten haben, automatisch informiert.
Beide Apps kompatibel
Seit Anfang November sind beide Apps kompatibel. Luca-Codes können also auch mit der Corona-Warn-App gescannt werden. Wichtig dabei ist, dass die erstellten Luca-Codes vom 25. Mai und jünger sind. Ältere Luca-Codes kann die Corona-Warn-App nicht scannen.
Das Sozialministerium empfiehlt die Nutzung beider Apps, da sie sich ergänzen: „Wir haben ferner versucht beim Bund anzuregen, beide Ansätze zu vereinen, was dort leider kein Gehör gefunden hat. Insbesondere die Tatsache, dass die Gesundheitsämter nicht mehr alle Infektionsfälle nachverfolgen müssen, sondern sich auf spezielle Fälle konzentrieren können, spricht für die parallele Zulassung der Corona-Warn-App neben der Luca-App zur Kontaktdatenerfassung nach der Corona-Verordnung.“
RKI-Chef empfiehlt CWA
Lothar Wieler, Chef des Robert-Koch-Instituts, sagte im Rahmen einer Pressekonferenz jüngst: „Die Corona-Warn-App war noch nie so wichtig wie jetzt. Jeder, die die App installiert hat und nutzt, kann andere über eine Infektion warnen oder vor einer gewarnt werden.“ Und das direkt von Person zu Person.